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Zwingen

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Bezirk Laufen, Haufendorf in einer Birsschlaufe bei der Einmündung der Lüssel. 1194 zinwigen. 1722/1723 195 Einwohner; 1770 212; 1850 369; 1900 537; 1950 1081; 2000 2017.

In einem mesolithischen Abri wurden Artefakte aus Silex, Knochen und Hirschgeweih sowie zahlreiche Tierknochen gefunden. Nach dem Tod des Freiherren Rudolf von Ramstein erwarb der Bischof von Basel 1459 Zwingen mit Röschenz und Wahlen. Aufgrund von Streitigkeiten um das Ramsteiner Erbe entsandte der Bischof erst 1461 einen Vogt nach Zwingen. Zur Landvogtei Zwingen, die bis 1792 existierte, gehörten auch Liesberg, Stadt und Vorstadt Laufen sowie bis 1527 Bärschwil. 1462 kamen aus rotbergischem Besitz Blauen, Brislach, Dittingen und Nenzlingen dazu. Der Vogteisitz, ein 1312 erstmals erwähntes Wasserschloss, dessen Entstehungszeit sich dendrochronologisch auf Mitte des 13. Jahrhunderts datieren lässt, wurde im 16. und 17. Jahrhundert umgebaut. 1792-1793 gehörte Zwingen zur Raurachischen Republik und war 1793-1814 Teil des französischen Departements Mont-Terrible bzw. des Departements Haut-Rhin. 1815 wurde es dem Kanton Bern zugeschlagen und wechselte 1994, 15 Jahre nach der Bildung des Kantons Jura, mit den übrigen Gemeinden des Laufentals zum Kanton Basel-Landschaft. Das Dorf war nach St. Martin in Laufen kirchgenössig. In der 1359 erwähnten, 1714-1715 neu erbauten Schlosskapelle St. Oswald traf sich die Gemeinde ab ca. 1784 zur Messe. 1906 wurde die Marienkirche geweiht, die 1968-1969 durch einen Neubau ersetzt wurde. Seit 1907 ist Zwingen selbstständige Pfarrei. 1575-1673 existierte in Zwingen ein jüdischer Friedhof, ohne dass sich eine Gemeinde bildete.

Bis ins 19. Jahrhundert war die Landwirtschaft im Dreizelgensystem der primäre Erwerbszweig. Daneben wurde dörfliches Handwerk betrieben. Beschäftigung boten zudem die Flösserei auf der Birs und der Transport auf der Strasse. Zwingens Bedeutung als Brückenort und Zollstelle nahm im 18. Jahrhundert zu, als zur Umgehung des Basler Zolls die Strasse vom Sundgau über den Passwang ausgebaut wurde. 1875 erhielt die Gemeinde Anschluss an die Bahnlinie Basel-Delsberg, profitierte allerdings nur beschränkt und verzögert von der industriellen Entwicklung. Das Projekt einer elektrischen Schmalspurbahn, die Zwingen mit den Industriestandorten im Lüsseltal verbunden hätte, scheiterte 1920 unter anderem an der Intervention des Konkurrenten Laufen. Die 1898 gegründete Laufentaler Portlandzementfabrik musste den Betrieb 1913 einstellen, weil sie sich unter anderem die Errichtung eines Gleisanschlusses nicht leisten konnte. Auf ihrem Areal entstand 1913 eine Holzstoff- und Papierfabrik, die bis zur Schliessung 2004 der wichtigste Arbeitgeber der Gemeinde war. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts überflügelte der 3. Sektor erstmals den 2. Sektor. 2000 wurde auch die Pendlerbilanz, die bis 1980 positiv und 1990 noch praktisch ausgeglichen war, erstmals negativ. Das Industriedorf hatte sich zur Wohngemeinde entwickelt.

Quellen und Literatur

  • A. Nordmann, «Über den Judenfriedhof in Zwingen und Judenniederlassungen im Fürstbistum Basel», in BZGA 6, 1907, 120-151
  • W. Merz, Schloss Zwingen im Birstal, 1923
  • A. Scherrer, Die Herrschaft Zwingen [...], 1963
  • E.H. Nielsen, «Zwingen – eine mesolith. Fundstelle im Birstal», in JbSGUF 69, 1986, 7-38
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anna C. Fridrich: "Zwingen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.11.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000389/2014-11-18/, konsultiert am 29.03.2024.