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AugustinKeller

Antiklerikale Karikatur in der Wochen-Zeitung, gezeichnet von Johann Jakob Ulrich, 1846 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Antiklerikale Karikatur in der Wochen-Zeitung, gezeichnet von Johann Jakob Ulrich, 1846 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern). […]

10.11.1805 Sarmenstorf, 8.1.1883 Lenzburg, katholisch, ab 1874 christkatholisch, von Sarmenstorf, ab 1842 Ehrenbürger von Olsberg, ab 1869 von Aarau und ab 1872 von Epiquerez. Sohn des Joseph Leonz, Kleinbauern, und der Barbara geborene Ruepp.Josefine Pfeiffer, Tochter des Michael Traugott Pfeiffer. Einjähriger Aufenthalt an der Lehranstalt des liberalen Pfarrers Christophor Fuchs in Libingen (Gemeinde Mosnang), 1822 Eintritt in die Kantonsschule Aarau, 1825 Matura. Schon damals Besuch der Vorlesungen des Aarauer Bürgerlichen Lehrvereins. 1826-1830 Studium der Philologie, Pädagogik, Geschichte, Philosophie und Nationalliteratur, zuerst ein Jahr an der Universität München, dann an der Universität Breslau. Prägend für Augustin Kellers späteres Wirken wurde der antiklerikale Aufklärungshistoriker Ludwig Wachler. 1831 wählte der Luzerner Kleine Rat Keller als Lehrer an das Luzerner Gymnasium, 1833 ausserdem zum Mitglied der Schuldirektion. 1834 berief ihn der Kleine Rat des Kantons Aargau zum Direktor des kantonalen Lehrerseminars, das Keller bis 1856 leitete. 1835-1852 gehörte er dem aargauischen Grossen Rat an (1842 Präsident), 1856-1881 dem Regierungsrat. In der eidgenössischen Politik trat er 1841, 1844 sowie 1845 als Tagsatzungsgesandter auf und war von Oktober bis Dezember 1848 Mitglied des ersten Ständerates. 1854-1866 gehörte er dem Nationalrat an (1858 Präsident), 1867-1881 wiederum dem Ständerat (1871 Präsident) sowie 1854-1881 dem eidgenössischen Schulrat.

Als Mitglied des katholischen Kirchenrates des Kantons Aargau 1835-1881 und als dessen Präsident ab 1856 beeinflusste er die Kirchenpolitik der Diözesanstände des Bistums Basel wesentlich. Nach der Unfehlbarkeitserklärung des Ersten Vatikanums stand er an der Spitze des katholischen Widerstandes gegen Rom in der Schweiz. Er gehörte 1871 zu den Mitbegründern des Schweizerischen Vereins freisinniger Katholiken und 1874 der Christkatholischen Kirche der Schweiz. 1875-1879 präsidierte er deren Synodalrat. Die Idee der Volksaufklärung als Grundlage eines fortschrittlichen Gemeinwesens bestimmte sein Wirken als Schul- und Kirchenpolitiker. Der Aufbau der aargauischen Volksschule war weitgehend sein Werk (Schulgesetz von 1835, Ausbau des aargauischen Lehrerseminars). Kirchenpolitisch verfocht Keller eine radikale Linie des liberalen Katholizismus, am spektakulärsten in seinem Kampf um die Aufhebung der aargauischen Klöster 1841 und gegen die Berufung der Jesuiten in die Schweiz. In der neuen christkatholischen Kirche sah er seine Vorstellungen eines erneuerten Katholizismus und eines schweizerischen Nationalbistums verwirklicht. Sein Ideal der Gleichheit bewog ihn – trotz einiger antijüdischer Vorurteile – zum Einsatz für die Emanzipation der Surbtaler Juden und für soziale Gerechtigkeit, was zum Beispiel in den «Briefen des Gätterlimachers über die neue Verfassung» (1852) zum Ausdruck kommt. 1864 Dr. h.c. der Universität Bern.

Quellen und Literatur

  • StAAG, Nachlass
  • A. Keller, Augustin Keller, 1805-1883, 1922
  • K. Schib, «Augustin Keller», in Lebensbilder aus dem Aargau 1803-1953, 1953, 159-180
  • Gruner, Bundesversammlung 1, 657 f.
  • M. Leimgruber, Polit. Liberalismus als Bildungserlebnis bei Augustin Keller, 1973
  • Pädagoge – Politiker – Kirchenreformer, Ausstellungskat. Aarau, 2005
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Fridolin Kurmann: "Keller, Augustin", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003771/2010-09-08/, konsultiert am 29.03.2024.