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Irland

Unter Irland werden heute sowohl die Insel im Westen von Grossbritannien als auch die rund zwei Drittel des Inselgebiets umfassende Republik Irland mit der Hauptstadt Dublin verstanden. Die von Kelten besiedelte Insel wurde im 5. Jahrhundert christianisiert. Mit ihrer Eroberung durch Heinrich II. von England 1171/1172 kam sie zunehmend unter Fremdherrschaft. Ihren Höhepunkt erreichte die Anglisierung Irlands im 18. Jahrhundert (in Ulster schon im 17. Jh.). 1798 wurde die republikanisch ausgerichtete Aufstandbewegung der United Irishmen von London unterdrückt, das Irland 1800 mit der Schaffung der Vereinigten Königreichs noch stärker ins britische Staatswesen integrierte. Nach dem Unabhängigkeitskrieg 1919-1921 gestand Grossbritannien Irland die politische Unabhängigkeit innerhalb des Commonwealth zu. Sechs der neun counties (Grafschaften) der Provinz Ulster verblieben als Nordirland bei der Union. Die Verfassung von 1937 schuf de facto eine Republik. Der Austritt aus dem Commonwealth und die Ausrufung einer Republik erfolgte jedoch erst 1949.

Kulturelle Beziehungen zwischen der Schweiz und Irland bestehen seit den mittelalterlichen Klostergründungen durch iro-schottische Mönche wie Kolumban, Gallus und Fintan. Gallus schuf mit seiner Einsiedelei den Grundstein zur Benediktinerabtei und späteren Handelsstadt St. Gallen. In der dortigen Stiftsbibliothek sind wichtige Schätze der irischen Buchkunst sowie Handschriften erhalten. Durch Reisen insbesondere von Künstlern (z.B. Francis Danby, Barthélemy Du Pan) und Offizieren in britischen Diensten (z.B. Ernst Ludwig Lichtenhahn) ergaben sich Kontakte zwischen Irland und der Schweiz. Im 18. Jahrhundert scheiterte das Projekt einer Genfer Flüchtlingsansiedlung (New Geneva) in der Nähe von Waterford. Die 1759 in Bern gegründete Ökonomische Gesellschaft orientierte sich an der bereits 1731 in Dublin entstandenen Ökonomischen Gesellschaft. Die Berner übernahmen von den Iren die Praxis der Aussetzung von Prämien. Im 20. Jahrhundert arbeitete James Joyce zeitweise in Zürich, wo er auch starb und begraben ist; Elisabeth Schnack schuf mit ihren Übersetzungen angelsächsischer Literatur ins Deutsche seit den 1960er Jahren ein Forum für irische Schriftsteller.

Die politischen Beziehungen waren unter britischer Herrschaft von Grossbritannien bestimmt. Allerdings stiessen im 19. Jahrhundert die irische Oppositionsbewegung gegen die Union von Grossbritannien und Irland, der Aufstand von 1916 sowie der Unabhängigkeitskrieg 1919-1921 in der Schweizer Öffentlichkeit auf Interesse. 1922 anerkannte die Schweiz den Freistaat Irland mit dessen Eintritt in den Völkerbund. Für den neuen Staat, der sich noch nicht gänzlich von Grossbritannien gelöst hatte (militärische Basen), wurde Genf als Sitz des Völkerbunds nach Washington und London zum drittwichtigsten diplomatischen Ort. 1932 wurde der irische Regierungschef Eamon De Valera zum Präsident des Völkerbunds gewählt, 1938 zum Präsident von dessen Versammlung. Trotz des von Winston Churchill ausgeübten Drucks blieb Irland während des Zweiten Weltkriegs neutral. Wie die Schweiz schloss sich Irland 1961 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. 1973 wurde das Land wie auch Grossbritannien Mitglied der Europäischen Gemeinschaft.

Die Schweiz eröffnete 1934 ein Generalkonsulat in Dublin, für das die schweizerische Vertretung in London zuständig blieb. 1939 wurde dann in Dublin eine eigene Gesandtschaft, 1962 eine Botschaft eröffnet. Irland unterhält in der Schweiz seit 1940 eine diplomatische Vertretung, die bis 1954 von einem Geschäftsträger, dann von einem Minister geleitet und 1962 in eine Botschaft umgewandelt wurde. Mit Josephine McNeill war Irland 1956-1960 in der Schweiz durch eine Diplomatin vertreten. Einen Markstein in den irisch-schweizerischen Beziehungen stellte der Höflichkeitsbesuch des irischen Präsidenten Sean T. O'Kelly 1956 dar.

Bis zum Zweiten Weltkrieg importierte die Schweiz aus Irland bis zu 1500 Armeepferde pro Jahr. Ab den 1960er Jahren verlagerte ein Teil der Basler Chemie die Produktion nicht nur wegen der weniger strikten Umweltschutzgesetzgebung nach Irland, sondern auch wegen der vielen gut ausgebildeten jungen Arbeitskräfte in der Umgebung von Cork. In den 1990er Jahren wurden verschiedene Callcenter aus der Schweiz nach Irland ausgelagert. Ende des 20. Jahrhunderts erlebte Irland ein markantes Wirtschaftswachstum (zum Teil über 10% jährlicher BIP-Zuwachs). Die Handelsbilanz ist aus schweizerischer Sicht stark negativ. Aus Irland werden vor allem Konsum- und Investitionsgüter in die Schweiz importiert, die Schweiz exportiert vor allem Maschinen sowie chemische und elektrische Produkte in die Republik. 2005 lebten 1304 Schweizer in Irland, die irische Kolonie in der Schweiz umfasste 1337 Personen.

Quellen und Literatur

  • National Archives, Dublin
  • BAR
  • EDA, Dok.
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Peter Moser: "Irland", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.10.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003357/2017-10-03/, konsultiert am 29.03.2024.