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Dänemark

Die Geschichte des südlichsten der skandinavischen Länder ist während langer Zeit eng verbunden mit jener seiner nördlichen Nachbarn. Seit 1397 war Dänemark mit Norwegen und Schweden in der Kalmarer Union vereinigt. Während Schweden 1523 ausschied, verblieb Norwegen bis 1814 unter Herrschaft des dänischen Königreichs. Das von den Norwegern entdeckte Grönland, bis 1953 dänische Kolonie, erhielt 1979 innere Autonomie.

Zwischenstaatliche Beziehungen

Die ersten offiziellen schweizerisch-dänischen Kontakte fanden im 17. Jahrhundert statt, als sich die Tagsatzung für den Aufenthalt hugenottischer und piemontesischer Emigranten in Dänemark einsetzte. 1850 führte der zunehmende Handelsverkehr zwischen der Schweiz und Dänemark zur Errichtung eines dänischen Konsulats in Bern, dem weitere in St. Gallen (1854), Genf (1866), Zürich, Basel und La Chaux-Fonds folgten. Anlässlich der Internationalen Rot-Kreuz-Konferenz von 1864 äusserte die dänische Seite gegenüber den schweizerischen Behörden den Wunsch nach einem Freundschafts- und Niederlassungsvertrag. 1875 wurde dieser unterzeichnet. 1887 errichtete die Schweiz zur Wahrung ihrer Handelsinteressen ein Honorarkonsulat in Kopenhagen, das 1921 in ein Generalkonsulat umgewandelt wurde. 1918 trat der dänische Geschäftsträger seinen Posten in Bern an; mit der Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen 1920 wurde er als bevollmächtigter Minister akkreditiert. Allerdings liess die Schweiz ihre Interessen noch bis 1945 durch die schweizerische Gesandtschaft in Stockholm vertreten. 1924 folgte der dänisch-schweizerische Vergleichsvertrag zur Schlichtung zwischenstaatlicher Streitigkeiten. 1945 wurde das Generalkonsulat in Kopenhagen in eine Gesandtschaft umgewandelt, 1957 zur Botschaft aufgewertet.

Kulturelle Beziehungen und Wanderungsbewegungen

Titelseite eines der Werke des Genfers Paul-Henri Mallet, veröffentlicht in Kopenhagen 1755 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Titelseite eines der Werke des Genfers Paul-Henri Mallet, veröffentlicht in Kopenhagen 1755 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

Kulturelle Kontakte zwischen der Schweiz und Dänemark sind erstmals für das 16. Jahrhundert belegt. Der Arzt Paracelsus nahm als Feldarzt von Christian II. am dänischen Krieg gegen Schweden teil. Heinrich Bullinger führte mit König Christian III. einen Briefwechsel über religiöse Fragen. Unter Christian V. erbaute der Tessiner Architekt Domenico Pelli die Festungen Oldesloe und Rendsburg. Er wurde geadelt und seine Nachkommen wurden in den königlichen Dienst aufgenommen. Im 18. Jahrhundert amtierte Armand François Louis de Mestral als Gesandter des dänischen Hofes in Spanien, Polen, Holland und Russland. Carlo Enrico Brenni wurde 1721 königlicher Hofstuckateur. Im Bereich der Pädagogik herrschte reger Austausch, insbesondere mit der Westschweiz: Paul-Henri Mallet, Dozent für Französisch in Kopenhagen, wirkte als Erzieher des späteren Königs Christian VII. und verfasste diverse Werke zur Kultur und Geschichte von Dänemark. Elie Salomon François Reverdil, sein Nachfolger als Prinzenerzieher, beschreibt in seinen Erinnerungen die Geschichte des dänischen Hofs und der zeitgenössischen dänischen Politik. In Genthod wurden die Prinzen von Augustenburg, Angehörige der königlichen Familie (Oldenburg), erzogen.

Der General François Treytorrens, Grossmeister der Artillerie im Dienste Dänemarks, im Alter von 41 Jahren. Anonymer Stich, 1632 (Musée historique de Lausanne).
Der General François Treytorrens, Grossmeister der Artillerie im Dienste Dänemarks, im Alter von 41 Jahren. Anonymer Stich, 1632 (Musée historique de Lausanne).

Im 16.-18. Jahrhundert standen Schweizer beim dänischen König in Kriegsdiensten: 1627 wurde Hans Ludwig Zollikofer Artilleriemajor, später Divisionsgeneral im dänischen Heer. François Treytorrens erreichte in Dänemark den Rang eines Generals. 1678 liess sich Johann Ludwig von Erlach für die dänische Marine rekrutieren und kämpfte unter König Christian V. gegen Schweden.

Die besonders von Rousseau inspirierte Helvetophilie und die allgemeine Zunahme des Reiseverkehrs Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts liessen Dänen vermehrt in die Schweiz reisen. Die dänische Schriftstellerin Friederike Brun, die Karl Viktor von Bonstetten während seines Exils in Dänemark (1798-1801) Zuflucht gewährte, beschrieb ihre Aufenthalte in der Schweiz im "Tagebuch einer Reise durch die östliche, südliche und italienische Schweiz". Diverse Schweizerreisen unternahmen der Porträtist Jens Juel, der Schriftsteller Jens Baggesen in den 1790er Jahren, der Erbprinz Christian von Dänemark 1819-1821 und der Dichter Hans Christian Andersen 1833-1872. Der Bildhauer Bertel Thorvaldsen entwarf das Luzerner Löwendenkmal.

Im 19. Jahrhundert weckten die dänische Urgeschichte und archäologische Grabungen das Interesse von schweizerischen Wissenschaftlern. Adolf von Morlot unternahm mehrere Studienreisen nach Dänemark. 1912-1913 gelang einer schweizerischen Expedition unter der Leitung von Alfred de Quervain die erste West-Ost-Durchquerung Grönlands. 1964-1992 beteiligte sich das physikalische Institut der Universität Bern unter Hans Oeschger in Grönland an Eiskernbohrungen.

Weder die dänische Kolonie in der Schweiz noch die Schweizer Kolonie in Dänemark waren je besonders gross. Mitte des 19. Jahrhunderts hielten sich ca. 1000 Dänen in der Schweiz auf, vor allem Studenten, Handwerker und Ingenieure. 1999 lebten rund 3000 dänische Staatsbürger in der Schweiz. 1850 wohnten 100 Schweizer in Dänemark, 1999 knapp 2500 (davon sind mehr als die Hälfte Doppelbürger). 1945 und 1946 wurden in Bern bzw. in Kopenhagen Gesellschaften für die Förderung kultureller Kontakte gegründet, die regelmässig Konferenzen, Filmvorführungen oder Konzerte organisieren. Heute existieren in Kopenhagen und Fünen-Jütland regionale Schweizerclubs. Das dänisch-schweizerische Stagiaires-Abkommen von 1948 erlaubt den jährlichen Austausch von je 150 jungen Berufsleuten.

Wirtschaftliche Beziehungen

Werbeplakat für die Spielzeuge von Lego, 1966 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Werbeplakat für die Spielzeuge von Lego, 1966 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Im 18. Jahrhundert waren Kaufleute aus Basel, Genf und St. Gallen im Handels- und Bankgeschäft in Kopenhagen tätig. So leitete Reinhard Iselin die 1732 gegründete dänisch-asiatische Kompanie. Schweizer Kaufleute beteiligten sich 1737 an der Gründung und Finanzierung der Bank in Kopenhagen. Dänische Unternehmer bewarben sich Mitte des 18. Jahrhunderts um schweizerisches Kapital, zum Beispiel zur Finanzierung von Salzwerken in Norwegen. Schweizer Käser fanden in der dänischen Landwirtschaft ein Auskommen. Konrad Kaspar Hauser war der erste Administrator der 1778 in Kopenhagen gegründeten königlichen dänischen Westindischen Handelsgesellschaft. Bündner Zuckerbäcker eröffneten in Dänemark Konditoreien und Kaffeehäuser. 1879 gründeten sie den schweizerischen Hilfs- und Unterstützungsverein, die spätere Schweizerkolonie. Einer der Mitbegründer, der Schokoladen-Hoffabrikant Christopher Cloëtta, war 1887 erster schweizerischer Honorarkonsul. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden vor allem Zürcher Seide und Ostschweizer Textilwaren sowie Uhren und Schokolade nach Dänemark ausgeführt. 1900 betrug der Import aus Dänemark 0,1 Mio. Franken, der Export 3,07 Mio. Franken. Nach dem Ersten Weltkrieg konnten die bilateralen Handelsbeziehungen stark ausgebaut werden, sodass die Schweiz 1920 Waren im Wert von 97,7 Mio. Franken importierte und für 43,9 Mio. Franken nach Dänemark exportierte. Mit der Weltwirtschaftskrise brach der Handelsverkehr jedoch ein und erholte sich erst wieder in der Nachkriegszeit. 1948: Import 99,7 Mio. Franken, Export 72,1 Mio. Franken; 1962: Import 156,6 Mio. Franken, Export 178,2 Mio. Franken; 1980: Import 549,4 Mio. Franken, Export 542,2 Mio. Franken; 2000: Import 1048 Mio. Franken, Export 1140 Mio. Franken. 1940 und 1951 schlossen die beiden Staaten Abkommen über den Waren- und Zahlungsverkehr. Dänemark gehörte mit der Schweiz zu den Gründerstaaten der Efta. Aufgrund des Freihandelsabkommens der Schweiz mit der EG von 1972 zeitigte der EG-Beitritt Dänemarks keine Folgen auf den bilateralen Warenverkehr zwischen der Schweiz und Dänemark. Die heutige Zusammenarbeit zwischen Dänemark und der Schweiz ist stark von Wirtschaftsinteressen und Wirtschaftsbeziehungen innerhalb des europäischen Rahmens geprägt. Die Schweiz exportiert vor allem Maschinen, Metallwaren sowie chemische Produkte nach Dänemark. Importiert werden Maschinen, landwirtschaftliche Produkte sowie Möbel. Ende der 1990er Jahre waren rund 45 Tochtergesellschaften von dänischen Firmen in der Schweiz tätig, unter anderen Bang & Olufsen, Bodum, Danisko, Lego, Grundfoss und Danfoss.

Quellen und Literatur

  • C.J. Benziger, Die wirtschaftl. Beziehungen zwischen Dänemark und der Schweiz, 1916
  • C.J. Benziger, «Die Schweiz in ihren Beziehungen zu Dänemark», in Beil. Nr. 4 zum Schweiz. Konsular-Bull. 1, 1923
  • E. Rothpletz, Ber. eines schweiz. Offiziers über seine Mission nach Dänemark 1864, 1924
  • Mächt'ge Schweiz, 1973
  • F. Friis, Les Suisses au Danemark à travers les âges, 1975
  • Der Bund, 14.1.1976
  • H. Tschan, Schweizerverein in Dänemark 1880-1980, 1979
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Therese Steffen Gerber: "Dänemark", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.11.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/003351/2007-11-21/, konsultiert am 28.03.2024.