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Absinth

Etikette für einen Absinthextrakt der Brennerei Berger in Couvet, aus Schweizerische Fabrik- und Handels-Marken 1880-1882, Bern, 1883 (Privatsammlung).
Etikette für einen Absinthextrakt der Brennerei Berger in Couvet, aus Schweizerische Fabrik- und Handels-Marken 1880-1882, Bern, 1883 (Privatsammlung).

Der Absinth, ein aus Wermut (französisch absinthe) hergestellter Likör, wurde im neuenburgischen Val-de-Travers vom ausgehenden 18. Jahrhundert an industriell produziert (die Pflanze wurde ursprünglich medizinisch verwendet). Auf Neuenburger Gebiet ist der Konsum von mit Wermut versetztem Wein ab 1737 belegt, jener eines Wermut-Extrakts ab 1769 (Branntwein). Die Ursprünge des Absinths sind nicht gesichert: Fälschlicherweise werden sie auf Dr. Ordinaire zurückgeführt, einen 1768 nach Couvet geflüchteten französischen Arzt. Dagegen könnte das Rezept ebenfalls in Couvet von Henriette Henriod erfunden oder entwickelt worden sein, die es kommerziell umsetzte. 1797 gründeten Daniel-Henri Dubied, sein Sohn Marcelin Dubied und sein Schwiegersohn Henri-Louis Pernod eine Absinth-Brennerei in Couvet und begannen den Schnaps auf breiter Grundlage zu vermarkten. Aufgrund des grossen Erfolgs machte sich Pernod bald selbstständig und eröffnete 1805 in Pontarlier (Freigrafschaft) eine Fabrik, die sich rasch zum Grossbetrieb entwickelte. Absinth wurde ― auch wegen des Wermut-Anbaus ― zur wichtigen Erwerbsquelle im Val-de-Travers (ca. 20 Brennereien). Ein grosser Teil der Produktion wurde in Frankreich konsumiert, wo die fée verte im 19. Jahrhundert zum Kultgetränk avancierte. Gleichzeitig begann sich die Medizin systematisch mit den Wirkungen des Absinths zu befassen und warnte insbesondere vor der Schädigung des Nervensystems.

Karikatur zur Abstimmung von 1908, die in der satirischen Zeitschrift Guguss' in Genf erschien (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Karikatur zur Abstimmung von 1908, die in der satirischen Zeitschrift Guguss' in Genf erschien (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

1908 nahmen die Schweizer Stimmberechtigten eine Initiative für ein Verbot des Absinths mit deutlicher Mehrheit an. Anstoss zum Verbot hatte das Verbrechen eines jungen Weinbergarbeiters in Commugny gegeben, der wenige Jahre zuvor Frau und Kinder im Alkoholrausch erschossen hatte (Alkoholismus). Kantonale Massen-Petitionen führten 1906 bzw. 1907 zu Verbotsgesetzen in den Kantonen Waadt und Genf. Eine von Vertreterinnen und Vertretern der Abstinenzbewegung lancierte schweizerische Volksinitiative vereinigte die Rekordzahl von 167'814 Unterschriften. Die Mehrheit des Parlaments wie auch der Parteien stellte sich hinter die Initiative. Mit 241'078 (63,5%) zu 138'669 Stimmen wurde die Vorlage am 5. Juli 1908 vom Volk gutgeheissen (Artikel 32ter der Bundesverfassung). Mit dem Absinth-Verbot vorangegangen war 1906 Belgien; Frankreich folgte im Kriegsjahr 1915. 1936 liess der Bundesrat Anis-Liköre mit geringerem Alkoholgehalt zu, unter anderem unter Berufung auf die schlechte finanzielle Lage der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. 2005 wurde das Absinth-Verbot aufgehoben.

Quellen und Literatur

  • M.-C. Delahaye, L'absinthe, 1983
  • H. Fahrenkrug, «La fin merveilleuse de la "fée verte"», in Traverse, 1994, H. 1, 40-49
  • P.-A. Delachaux, «L'absinthe au Val-de-Travers», in Revue historique neuchâteloise, 1997, 3-22
Weblinks

Zitiervorschlag

Rolf Trechsel: "Absinth", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.02.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/028682/2020-02-14/, konsultiert am 19.03.2024.