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Cressier (NE)

Dorfansicht von Westen, um 1808. Aquarell und Gouache von Joseph Landerset (Musée d'art et d'histoire Neuchâtel; Depot im Musée de la vigne et du vin, Boudry, Fotografie Jean-Marc Breguet).
Dorfansicht von Westen, um 1808. Aquarell und Gouache von Joseph Landerset (Musée d'art et d'histoire Neuchâtel; Depot im Musée de la vigne et du vin, Boudry, Fotografie Jean-Marc Breguet). […]

Politische Gemeinde des Kantons Neuenburg, Bezirk Neuenburg. Dorf am Jurafuss, am Rand der von Hochwasser bedrohten Zihlebene gelegen. Zur Gemeinde gehört der Weiler Frochaux. 1180 Crisciaco. 1750 432 Einwohner; 1850 607; 1900 794; 1950 957; 1970 1530; 2000 1923.

Urgeschichte

In den Jahren 1936 und 1937 legten Paul Vouga und Samuel Perret in La Baraque im Wald von Eter auf einer Höhe von 730 m einen Grabhügel aus der mittleren Bronzezeit (C) frei, der aus alpinem Kieselgestein und Jurakalk bestand. Er wies einen Durchmesser von 12 m und eine Höhe von 2 m auf. In einem Grab mit einer Einfassung aus behauenen Steinen lag ein Mann, dem der Schädel angebohrt worden war. Aus seinen Grabbeigaben – Fibel, Beil, Dolch und einem Ring aus verziertem Gold – geht hervor, dass es sich um eine hochrangige Persönlichkeit gehandelt haben muss.

Im gleichen Grabhügel wurden am Ende der Eisenzeit (Hallstatt D) ein Mann, dem eine bikonische Vase beigegeben worden war, sowie zwei Frauen bestattet. Eine der Frauen trug eine Gürtelschnalle und zwei ziselierte Armbänder mit Stempelenden aus Bronze, die andere zwei Armbänder aus Bronze sowie an jedem Arm eines aus Lignit, ausserdem eine Gürtelschnalle und Bronzeringe. Zwei 1940 in unmittelbarer Umgebung des Hügels durchgeführte Sondiergrabungen brachten Steinpflaster und Spuren von Feuerstätten aus der Bronze- und der Hallstattzeit zutage, die auf die damalige Besiedlung verweisen. Zudem zeugen ausgedehnte Hügel und Terrassierungen von einer Besiedlung von der Bronze- bis zur Römerzeit. 1892 wurden in einer Kiesgrube zwischen Cornaux und Cressier sechs in der Erde bestattete Skelette gefunden: Eines trug drei Bronzearmreifen mit Stempelenden, das andere einen Armreif aus Lignit, der aus der Hallstattzeit stammt. 1908 wurde am gleichen Ort ein mit Bronze überzogenes und mit Streifen verziertes Armband ausgegraben, das der frühen Latènezeit zugeschrieben werden kann. Als letztes fand man vor 1870 in den Weinbergen von Cressier eine Silbermünze aus der jüngeren Latènezeit, einen Quinarius. Die Münze wird den pictones zugeschrieben, einem keltischen Volk, das im heutigen Poitou (F) lebte.

Gemeinde

Zwischen 1212 und 1220 umzäunten die Einwohner von Cressier ihre Allmend. Ab dem 14. Jahrhundert waren die meisten Familien Bürger von Le Landeron. Gleichzeitig entwickelte sich die Gemeinde Cressier, die zur Kastlanei Le Landeron gehörte. Die Einwohner von Cressier gehörten auch zum Burgrecht, das Gräfin Isabelle von Neuenburg und Solothurn 1373 abgeschlossen hatten. Cressier bildete mit Enges eine Pfarrei. Der Bischof von Lausanne schenkte 1180 die oberhalb des Dorfes stehende Kirche von Cressier der Abtei Fontaine-André. Ab 1329 konnte diese den Pfarrer unter ihren Mönchen auswählen. In der Reformationszeit verhinderten Solothurn und die mächtige Familie Vallier die Einführung des neuen Glaubens. Damit blieben die Region Cressier und Le Landeron als einzige in der Grafschaft Neuenburg katholisch. Ein neues Gotteshaus, welches wie das alte dem heiligen Martin geweiht war, wurde 1872 an der Stelle einer Rosenkranzkapelle errichtet. Ab 1630 befand sich am Ufer der Zihl eine Gerberei, in deren Gebäude später eine Indienne-Fabrik eingerichtet wurde (1728-1763). Nach ihrer Schliessung wurde Cressier wieder zum Bauern- und Winzerdorf. Kleine Uhrenunternehmen waren ebenfalls angesiedelt. Am ländlichen Charakter änderte vorerst auch der Bau eines an der Linie Neuenburg-Biel gelegenen Bahnhofs (1859) nicht viel. Nach 1945 entstanden eine kartoffelverarbeitende Fabrik und eine Pumpenfabrik. 1966 wurde eine Ölraffinerie von Shell (seit 2000 wird sie Le Hollandais Petroplus genannt) errichtet, die direkt mit Fos-sur-Mer bei Marseille verbunden ist (Pipelines Süd Européen und Neuenburger Jura). Das Unternehmen beschäftigte 1984 240 Personen, im Jahr 2000 197.

Quellen und Literatur

Urgeschichte
  • S. Perret, «Un site archéologique neuchâtelois "La Baraque"», in Mélanges d'archéologie, d'histoire et d'histoire de l'art offerts à Monsieur Louis Bosset, 1950, 107-112
  • V. Rychner, «L'âge du Bronze et le 1er âge du Fer dans le canton de Neuchâtel», in HA 43/44, 1980, 117-138
  • G. Kaenel, Recherches sur la période de La Tène en Suisse occidentale, 1990, 28
Gemeinde
  • Kdm NE 2, 1963, 105-142
  • A. Ruedin, Cressier, 1991
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Hervé Miéville; Germain Hausmann: "Cressier (NE)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.12.2017, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002848/2017-12-18/, konsultiert am 12.04.2024.