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Telefon

Die Technik der elektrischen Fernübertragung von Tönen, die bereits Philipp Reis 1861 als Telefon bezeichnete, verbreitete sich nach dem amerikanischen Patent von Alexander Graham Bell von 1876 auch in Europa. In der Schweiz wurden Ende 1877 erste Telefonversuche durchgeführt, und 1878 wurde die Telefonie dem staatlichen Telegrafenmonopol unterstellt. Ein Gegner des Monopols, der Unternehmer Wilhelm Heinrich von Ehrenberg, erwarb in der Folge eine Konzession zum Bau eines Telefonnetzes in Zürich und trat sie an die Zürcher Telephongesellschaft ab; diese erstellte 1880 privatwirtschaftlich das erste Telefonnetz der Schweiz. Ab 1881 übernahm der Bund den Bau und Betrieb weiterer Telefonnetze, so zuerst 1881 in Basel und Bern sowie 1882 in Genf. 1885 kaufte er zudem das Zürcher Netz zurück. Bis 1891 entstanden rund 100 Ortsnetze, die zu einem nationalen Netz zusammenwuchsen. 1900 ermöglichten Leitungen durch den Gotthardtunnel den Anschluss des Tessins.

Das zunächst als Konkurrenz zum Telegrafen betrachtete Telefon stellte diesem gegenüber erhöhte technische Anforderungen; das frühe Telefonsystem war störanfällig und seine Kapazität begrenzt. Abhilfe schafften unter anderem ab 1911 der Duplexbetrieb und ab 1917 das Legen von Telefonkabeln zwischen Städten. Die Vermittlung, die bei interurbanen Gesprächen jeweils mehrere Zentralen beanspruchte, erfolgte bis weit ins 20. Jahrhundert hinein manuell; das «Fräulein vom Amt» – so die übliche Bezeichnung dieser Tätigkeit, für die in der Schweiz von Anfang an ausschliesslich ledige Frauen eingestellt wurden – prägte jahrzehntelang die Praxis des Telefonierens.

1923 begann schrittweise die Automatisierung der Zentralen, welche die Selbstwahl der Nummer des Gesprächspartners durch die Abonnenten ermöglichte; abgeschlossen war sie 1959. Die Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe (PTT) teilten hierzu die Schweiz in 52 Netzgruppen ein. Zugleich wurde das Telefon durch Werbung sowie durch Telefonunterricht in Schulen gefördert. 1931 führten die PTT den Telefonrundspruch ein, die Verbreitung von Rundfunkprogrammen über das Telefonnetz (Radio). Im Lauf des 20. Jahrhunderts verbreitete sich das Medium kontinuierlich; kamen 1920 in der Schweiz 3,3 Telefonapparate auf 100 Einwohner, so waren es 1940 11, 1950 19, 1960 31, 1970 48 und 1980 über 70.

Internationale Telefonverbindungen mit den Nachbarstaaten bestanden ab den 1880er Jahren; im frühen 20. Jahrhundert dehnten sie sich auf die übrigen Länder Europas aus. Der interkontinentale Telefonverkehr, der bis zur Legung des ersten submarinen Telefonkabels im Atlantik 1956 auf die drahtlose Übermittlung angewiesen war, wurde erstmals 1928 mit einer Verbindung über London in die USA möglich. 1940 richtete die Schweiz eigene drahtlose Stationen für den internationalen Telefonverkehr ein, womit sie in den Kriegsjahren die Unabhängigkeit von den Nachbarländern erlangte. Ab 1965 kamen Telefonverbindungen per Satellit hinzu, die seit 1974 über die schweizerische Bodenstation in Leuk vermittelt werden.

Lokal wurde drahtlose Telefontechnik ab 1939 zur Erschliessung von Berghütten eingesetzt sowie von 1949 an zur Nutzung im Automobil. 1978 lancierten die PTT mit dem sogenannten Natel, dem Nationalen Autotelefon, das erste schweizerische Mobiltelefonsystem. 1986 folgte das zelluläre Natel C, das wiederum 1992 vom digitalen Natel D nach dem europäischen System GSM abgelöst wurde. 2002 übertraf in der Schweiz die Anzahl der Mobil- erstmals diejenige der Festnetzanschlüsse.

Nutzer eines Mobiltelefons vom Typ Natel C im Jahr 1987 © KEYSTONE.
Nutzer eines Mobiltelefons vom Typ Natel C im Jahr 1987 © KEYSTONE. […]

Der Wandel der Telefonie seit den 1980er Jahren steht neben ihrer Mobilisierung vor allem im Zeichen der Digitalisierung und der Marktliberalisierung. Die Digitalisierung der Netzinfrastruktur ging dabei mit einer wachsenden Palette von Diensten und Endgeräten einher, für die 1992 der Markt geöffnet wurde. Mit der Aufhebung der PTT und der vollständigen Liberalisierung 1998 trat der Wettbewerb an die Stelle des einstigen Monopols. Zugleich gewannen ab den 1990er Jahren die neuen Medien des Internets an Gewicht, wobei insbesondere die Internettelefonie die herkömmlichen Vorstellungen vom Telefon zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Frage stellte.

Quellen und Literatur

  • Hundert Jahre elektr. Nachrichtenwesen in der Schweiz, 1852-1952, 2-3, 1959-62
  • C. Kobelt, «Ein Jahrhundert Telefon in der Schweiz», in Archiv für dt. Postgesch., 1977, H. 1, 104-137
  • «100 ans de téléphone en Suisse », in PTT-Zs., 1980, Nr. 10, 337-399
  • Y. Bühlmann, K. Zatti, Frauen im schweiz. Telegrafen- und Telefonwesen 1870-1914, 1992
  • K. Stadelmann, T. Hengartner, Ganz Ohr, 1994
  • Telemagie, 2002
Weblinks

Zitiervorschlag

Regine Buschauer: "Telefon", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.08.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/027832/2012-08-15/, konsultiert am 19.03.2024.