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Niedergesteln

Politische Gemeinde VS, Bezirk Westlich Raron. Am nördl. Rand des Rhonetals an einen Felsen angelehntes Dorf. 1179-1184 Chastellon, 1224 Castellion, 1420 Castellio Inferior, franz. früher Châtillon-le-Bas. 1850 176 Einw.; 1900 240; 1950 344; 2000 573. Die an der alten rechtsufrigen Landstrasse gelegene Siedlung mit dem castrum oberhalb des Dorfs wurde vielleicht von Kaufleuten aus Savoyen errichtet. Ab Ende des 12. Jh. besassen die Frh. von Turn-Gestelnburg N. als bischöfl. Lehen und Kastlanei. Im 2. Viertel des 13. Jh. erbauten sie auf dem nahen Felsen eine Burg mit Rundturm, die mit Hilfe der Stiftung Pro Castellione 1984-93 erforscht und teilweise restauriert wurde. 1375 besetzten die fünf Oberen Zenden des Wallis das Lötschental und vertrieben die Herren von Turn, die ihre Güter und Rechte in N. den Gf. von Savoyen veräusserten. 1384 zerstörten die Zenden die Burg, die der Bf. von Sitten mittlerweile den Gf. von Savoyen abgekauft hatte, und richteten 1430 gegen den Willen des Bischofs in N. eine Kastlanei ein. 1790 kauften sich die Untertanen frei. N. bildete vor 1798 mit Lötschen und Benken (heute Gemeinde Steg-Hohtenn) den unteren Drittel des Zenden Raron. Die Gemeindestatuten datieren von 1564. Das Rathaus wird 1606 erwähnt. Die Pfarrkirche hl. Maria (ab ca. 1704 hl. Maria vom Berge Karmel) wird 1310 erstmals erwähnt. Die Pfarrei bildete von ca. 1248 bis 1607 ein - wohl von Gyrold von Turn gestiftetes - Priorat der Chorherren-Abtei Abondance (Savoyen). Der Prior besass vom 14. Jh. bis 1798 die kleine Kastlanei Giesch. 1766 löste sich Eischoll von der Pfarrei, 1913 trennten sich auch Steg und Hohtenn ab. Erst 1852 und 1860 teilten N., Steg und Hohtenn ihre Allmenden und gemeinsamen Wälder endgültig unter sich auf. Nach der Entsumpfung der Rhoneebene in der Mitte des 19. Jh. zogen die Leute der am Berghang liegenden Weiler wie Ladu, Brägji und Tatz allmählich ins Dorf hinunter. Im 20. Jh. boten neben der Landwirtschaft die Fabriken der Umgebung wie das 1963 gegr. Aluminiumwerk Steg Arbeitsplätze. Das oberhalb der BLS-Linie gelegene Territorium von N. gehört seit 2001 zum Unesco-Welterbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn.

Quellen und Literatur

  • L. Blondel, «Le château des de la Tour-Châtillon à Bas-Châtillon, N.», in Vallesia 6, 1950, 43-58
  • J. Siegen, «Gem. und Priorat N.», in BWG 13, 1964, 439-493
  • W. Stöckli, «Vier mittelalter-archäolog. Unters. im Oberwallis», in Vallesia 52, 1997, 340-354
  • P. Jossen, Freiherren, Grafen, Prioren, Volk, 2007
  • P. Kalbermatter, Pfarrei und Priorat N., 2010
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Philipp Kalbermatter: "Niedergesteln", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.05.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002763/2017-05-04/, konsultiert am 19.03.2024.