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Weihnachten

Kinder der Familie Pezzati vor dem Weihnachtsbaum und der Krippe, Bleniotal. Fotografie auf Glasplatte von Roberto Donetta, um 1920 (Archivio Roberto Donetta, Corzoneso).
Kinder der Familie Pezzati vor dem Weihnachtsbaum und der Krippe, Bleniotal. Fotografie auf Glasplatte von Roberto Donetta, um 1920 (Archivio Roberto Donetta, Corzoneso).

Weihnachten hat seine Bedeutung als intimstes Familienfest des Jahres erst in neuerer Zeit erlangt (Kirchenjahr). Seine Wurzeln liegen in der kirchlichen Feier der Geburt Christi, die auch im Gegensatz zum heidnischen Fest der Wintersonnenwende (Sol invictus) im frühen 4. Jahrhundert in Rom eingeführt wurde und sich rasch über das römische Staatsgebiet ausbreitete. Manche Elemente des Glaubens aus dem römischen und germanischen Kulturkreis bestanden weiter, bis sich vor allem ab dem Spätmittelalter spezifisch christliche Formen entwickelten. Dazu gehörten die Weihnachtsspiele (Geistliche Spiele), die sich zunächst im klösterlichen Umfeld herausbildeten und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein von Pfarreien, Schulen und Vereinen gepflegt wurden (Bekanntheit erlangte z.B. 1960 «D'Zäller Wiehnacht» von Paul Burkhard). Weihnachtskrippen entwickelten sich zum Ausdruck katholischer Frömmigkeit, wobei das sogenannte Sarnerkind aus der Mitte des 14. Jahrhunderts als ältestes Krippenchristkind gilt. Während die Bündner Krippen stark von italienischen Vorbildern beeinflusst waren, lehnten sich jene der Innerschweiz an die süddeutsche Formenwelt an. Im Freiburgischen bewahrten die Krippen in den Kirchen, deren älteste Beispiele in den Frauenklöstern entstanden, bis heute eine grosse Vielfalt, die teilweise im lokalen Wettstreit steht.

Der Christbaum als Herzstück des besinnlichen Familienfests breitete sich im 19. Jahrhundert von Deutschland her allmählich in der deutschen Schweiz aus, zunächst in den Kirchen, Schul- und Pfarrhäusern der reformierten Städte. Die West-, Südschweiz und das rätoromanische Graubünden mit der Tradition des sogenannten Weihnachtsklotzes (Holzscheit wird im Kamin verbrannt) folgten mit Ausnahme weniger Regionen im Lauf des 20. Jahrhunderts. Zum Fest der Bescherung wurde Weihnachten erst ab dem späten 19. Jahrhundert. Vorher fand die Bescherung in katholischen Gebieten vornehmlich am Nikolaustag, im Tessin am Dreikönigstag (Re Magi) und in den reformierten Gebieten mehrheitlich an Neujahr statt. In katholischen Gebieten lange als reformierte Vorstellung empfunden, verdrängte das Christkind als Gabenbringer in der französischen Schweiz Gestalten wie Chalande (Genf), Chauche-vieille (Waadt) oder Père Noël (Jura). Allerdings gewann der Weihnachtsmann als Gabenbringer im Dienst des Kommerzes nach amerikanischem Vorbild gegen Ende des 20. Jahrhunderts wieder an Terrain. Von den ursprünglich drei Gottesdiensten ist die Mitternachtsmesse die beliebteste und meist besuchte kirchliche Feier des Jahres geblieben (auch im ökumenischen Sinn). Die moderne Entwicklung von Weihnachten ist einerseits durch die extreme Kommerzialisierung geprägt, andererseits durch ein erneutes Suchen nach Schlichtheit und Authentizität, wie etwa die Beschränkung der Feier auf die Kernfamilie oder die Verlegung des Festes in den Wald. Im Übrigen dehnte sich Weihnachten mit seiner Bildhaftigkeit und dem Austausch von Geschenken auf den gesamten Advent aus.

Quellen und Literatur

  • ASV, Karten 154-161
  • O. Lurati, «Natale nella tradizione della Svizzera italiana», in SAVk 62, 1966, 151-169
  • J. Christe et al., Noël dans les cantons romands, 1980
  • J. Duft, Weihnachten im Gallus-Kloster, 31986
Weblinks

Zitiervorschlag

Paul Hugger: "Weihnachten", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.01.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/027289/2015-01-11/, konsultiert am 19.03.2024.