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Jahrzeitbücher

Verzeichnung von Jahrzeiten und Zinsen des 14. und 15. Jahrhunderts im Kapiteloffiziumsbuch des Klosters Hermetschwil (Staatsarchiv Aargau, Aarau, AA/4530, S. 25–46, hier S. 28-29).
Verzeichnung von Jahrzeiten und Zinsen des 14. und 15. Jahrhunderts im Kapiteloffiziumsbuch des Klosters Hermetschwil (Staatsarchiv Aargau, Aarau, AA/4530, S. 25–46, hier S. 28-29). […]

Jahrzeitbücher sind von katholischen Pfarreien und Klöstern geführte Verzeichnisse der alljährlich an bestimmten Daten für die Seelenruhe von Verstorbenen zu feiernden Gedächtnisse. Ihre Einteilung lehnte sich ab dem 10. Jahrhundert an den römischen und an den Festkalender an, später auch an die Jahreseinteilung mit Sonntagsbuchstaben (Kirchenjahr). Die Jahrzeitbücher bildeten sich im Mittelalter aus frühchristlichen und frühmittelalterlichen Formen des Totengedenkens (z.B. Libri confraternitatum) heraus. Zu unterscheiden sind die hoch- und spätmittelalterlichen necrologia der Stifte, Kapitel und Klöster, in denen reine Listen der an einem bestimmten Datum verstorbenen Konventsmitglieder, Wohltäter und Verbrüderten eingetragen wurden, um ihrer im gemeinsamen Gebet zu gedenken. Diese Nekrologien entwickelten sich ab dem 14. Jahrhundert zu eigentlichen Jahrzeitbüchern (obituaria, auch libri vitae, libri anniversariorum), die in Klöstern, Stiften, Spitälern und Pfarrkirchen bis ins 20. Jahrhundert geführt wurden. Vermögende Personen stifteten Jahrzeiten, damit ihrer nach dem Tod jährlich im Gebet, in der Messe und durch gute Werke gedacht werde. Den Gedenktag legte man auf den Todestag oder auf ein anderes Datum. Ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert wurden mit dem Anwachsen des Kapitaleinsatzes die Einträge ausführlicher. Verstorbene Verwandte wurden miteinbezogen und die einzuhaltenden liturgische Handlungen immer detaillierter festgelegt. Auch versah man die Stiftungen zunehmend mit Jahrzahlen, die bislang gefehlt hatten. Die Jahrzeitbücher waren auf Dauer angelegt (Pergament, Ledereinband) und grossformatig. Sie dienten der Einhaltung der Termine, der Verwaltung der Kapitalien, die meist auf genanntem Grund und Boden sichergestellt waren, und der Ausrichtung der mit den Jahrzeiten verbundenen, in den Stiftungen vorgeschriebenen Almosen an die Messe lesenden Priester, die Konventualen und die Armen. In den Pfarrkirchen verkündete man am Sonntag den Wochenzettel mit den in die folgende Woche fallenden Jahrzeiten. Die teilweise edierten Jahrzeitbücher vermitteln Informationen zu allen historischen Bereichen.

Quellen und Literatur

  • Das Schlachtenjahrzeit der Eidgenossen nach den innerschweiz. Jahrzeitbüchern, hg. von R. Henggeler, 1940
  • N. Huyghebaert, Les documents nécrologiques, 1972
  • LexMA 6, 1078 f.
  • M. Othenin-Girard, Ländl. Lebensweise und Lebensformen im SpätMA, 1994
Von der Redaktion ergänzt
  • Hugener, Rainer: Buchführung für die Ewigkeit. Totengedenken, Verschriftlichung und Traditionsbildung im Spätmittelalter, 2014.
Weblinks

Zitiervorschlag

Fritz Glauser: "Jahrzeitbücher", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.01.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026995/2008-01-28/, konsultiert am 28.03.2024.