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Urschweiz

Die Urschweiz umfasst als Teil der Innerschweiz Uri und Schwyz sowie Ob- und Nidwalden. Vom 13. bis ins 19. Jahrhundert wurden diese Waldstätte genannt. Die anfänglich unscharfen Begriffe Urschweiz und Urkantone tauchten erst im 19. Jahrhundert auf. Im Artikel "Der Schweizer Bürgerkrieg" (1847) bezeichnete Friedrich Engels mit Urschweiz die Sonderbundskantone. Ab 1858 erschien in Schwyz der "Bote der Urschweiz". In den Reiseführern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schloss die Urschweiz häufig die Kantone Luzern und Zug ein. Für die Verbreitung des Begriffs sorgte vor allem der Historiker Karl Meyer mit seinem Werk "Die Urschweizer Befreiungstradition [...]" (1927) sowie in dessen Gefolge das touristisch ausgerichtete Werk "Urschweiz" (1928) von Hans Schmid. Private und öffentliche Institutionen der Region verwenden die Bezeichnung Urschweiz oder Urkantone, so das 1909 eingerichtete Laboratorium der Urkantone (seit 1911 in Brunnen) oder das Generalvikariat Urschweiz (seit 1970).

Der Begriff Urschweiz fusst auf der historischen Vorstellung, dass die Eidgenossenschaft 1291 von den Waldstätten "gegründet" wurde (Befreiungstradition). Mit der offiziellen Festlegung des Bundesfeiertags auf den 1. August und den 600-Jahrfeiern 1891 verfestigte sich die Idee einer Urzelle der Schweiz rund um den Vierwaldstättersee. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre erfuhr der Begriff eine Erweiterung und wurde im Zug der Geistigen Landesverteidigung zum Inbegriff für eine Schweiz mit grosser historischer Tiefe. Das Bedürfnis nach einer langen Vergangenheit griff weit hinter die Anfänge der schriftlichen Überlieferung bis in die Urgeschichte zurück. Zur Erforschung des "seit Jahrtausenden erwachsenen Volkstums" (Rudolf Laur) wurde 1934 der Archäologische Arbeitsdienst aufgebaut, der 1937-1969 die Zeitschrift "Ur-Schweiz" herausgab. Für Bundesrat Philipp Etter diente die Beschäftigung mit der Urgeschichte der Schweiz auch dem Abwehrkampf gegen "Rassenwahn und irregeleiteter Urgeschichtsforschung in unseren Nachbarländern". Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Begriff seine ideologische Prägung und wurde wieder zur geografischen Bezeichnung.

Quellen und Literatur

  • L. Birchler, Vielfalt der Urschweiz, 1969 (Nachdr. 2000)
  • G. Kreis, «Gesch. zwischen Wiss. und Politik», in Vorgeschichten zur Gegenwart 2, 2004, 42-56
Weblinks

Zitiervorschlag

Georg Kreis: "Urschweiz", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.11.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026418/2013-11-13/, konsultiert am 28.03.2024.