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Markgenossenschaft

Markgenossenschaft ist eine wissenschaftliche Wortbildung des 19. Jahrhunderts, abgeleitet vom Begriff marchenoten, der um 1200 in westfälischen Quellen erscheint. Inspiriert durch romantisierende Vorstellungen, ging die rechtshistorische Forschung von der These der "altfreien Markgenossenschaft" aus, einer urgermanischen Gemeinschaft von freien, den Boden gemeinsam nutzenden Bauern (Freie, Genossenschaft). Im Laufe des Mittelalters, so die Annahme, ging man zur privaten Bewirtschaftung der nahen, guten Böden über, weshalb sich der gemeinsame Besitz (Allmend) schliesslich auf die Randzonen der Dorfmark beschränkte. In den ab dem 13. Jahrhundert belegten Markregelungen (Nutzungsrechte, Alprechte) sieht dieser Ansatz Auseinandersetzungen, in welchen Relikte der Markgenossenschaft gegen Konkurrenten (auch klösterlich oder adlige Herrschaftsträger) verteidigt wurden (Nutzungskonflikte). Insbesondere in der Geschichtsschreibung zur Innerschweiz ist bis weit in das 20. Jahrhundert mit dem Modell der Markgenossenschaft operiert worden. Nach 1950 setzte sich in der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte die These durch, die alleinige Bodennutzung durch einzelne Bauern sei älter als die genossenschaftliche Bewirtschaftung. Erst im Hochmittelalter machten Bevölkerungsanstieg, Dreizelgenwirtschaft (Zelgensysteme) und Landesausbau Regelungen zu Grenzen und Wegen sowie Vereinbarungen über Nutzungen und gemeinsam zu bewältigende Arbeiten (z.B. Alphütten, Verbauungen usw.) in peripheren Gebieten nötig. Die Entstehung von Markgenossenschaften wird damit als heterogenes Phänomen des Hoch- und Spätmittelalters betrachtet.

Ein Gesamtbild zur Entstehung der Markgenossenschaft existiert noch nicht. Begrifflich ist offen, ob unter Markgenossenschaft im engeren Sinn eine Genossenschaft verschiedener Dorfgenossenschaften (Talschaften) oder allgemeiner jede Gruppe von berechtigten Benutzern an Gemeingut zu verstehen ist (Korporationen). Die Einseitigkeit der benutzten primär normativen Quellen und die Bedeutung der spätmittelalterlichen Verschriftlichung für die heutige Wahrnehmung der Markgenossenschaft sind noch nicht grundsätzlich diskutiert, ebenso die Frage, wie weit spätmittelalterliche Genossenschaftsvereinbarungen gar nicht den gemeinen Nutzen, sondern die Wahrung der Interessen von privilegierten Genossenschaftern zum Ziel hatten.

Quellen und Literatur

  • K.S. Bader, Dorfgenossenschaft und Dorfgem., 1962
  • HRG 3, 302-330
  • LexMA 6, 298-330
Weblinks

Zitiervorschlag

Erwin Eugster: "Markgenossenschaft", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.10.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026242/2007-10-22/, konsultiert am 28.03.2024.