de fr it

Maultier

Das Maultier, auch Muli genannt, ist die Gebrauchskreuzung zwischen Eselhengst (Esel) und Pferdestute (Pferd). Die männlichen Tiere sind immer, die weiblichen meistens unfruchtbar. Die umgekehrte Kreuzung zwischen Pferdehengst und Eselstute wird als Maulesel bezeichnet und kommt in der Schweiz praktisch nicht vor.

Maultiere gelten als genügsam, sind trittsicher und eignen sich besonders für die Säumerei im unwegsamen Gelände. Sie werden im Train, einer Truppengattung der Schweizer Armee, als Zug- und Tragtiere eingesetzt. Seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts erfährt ihre Verwendung im Freizeitbereich als Reit- und Saumtiere einen Aufschwung (Haustiere). Während die Armee bis in die frühen 1990er Jahre die Maultierzucht gezielt gefördert hatte, besass das Nationalgestüt in Avenches 2008 nur noch einen Eselhengst. Wegen ihres ruhigen Charakters kommen in der Zucht oft Freiberger Stuten zum Einsatz. Die Maultierfohlen werden durch den Freibergerzuchtverband registriert.

Während aus den Schriften antiker Autoren wie Varro, Columella oder Plinius dem Älteren die Bedeutung der Maultiere für das römische Transport- und Postwesen hervorgeht, sind archäozoologische Nachweise aus nordalpinen römischen Fundstellen selten. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich das Skelett des Maultiers kaum von dem des Pferdes unterscheidet. Aus dem römischen Solothurn liegt ein archäologischer Befund mit Pferde-, hauptsächlich aber Maultierkadavern vor, der mit einer Pferde- und Maultierwechselstation in Verbindung gebracht wird. Weitere Maultierfunde sind aus den römischen Siedlungen Tenedo (Zurzach) und Vitudurum (Oberwinterthur) bekannt.

Im Mittelalter spielten Maultiere als Handelsware im alpenquerenden Verkehr – im Vergleich zu den Ochsen und wertvolleren Pferden – eine untergeordnete Rolle (Viehhandel). Vielmehr kamen sie, vermehrt im 16. bis 19. Jahrhundert, als Zug-, Trag- und Reittiere zum Einsatz. Archäologische Funde aus dem Mittelalter wie diejenigen auf der Burg Scheidegg in der Gemeinde Gelterkinden, der Frohburg oder in der Burgruine Alt-Wartburg sind rar. Ein auf einem Wasenplatz in Zürich-Albisrieden gefundenes Maultierskelett aus dem 18. Jahrhundert dürfte von einem für den Transport im Gebirge eingesetzten Tier stammen.

Der durchschnittliche Maultierbestand in der Schweiz betrug 1866-1942 ca. 3200 Tiere. Davon entfielen 60-70% auf den Kanton Wallis, wo die 1835-1872 betriebenen kantonalen Eseldeckstationen die Zucht schon früh förderten. 2005 gab es in der Schweiz noch ca. 700-800 Maultiere.

Quellen und Literatur

  • F.X. Weissenrieder, Vom Maultier und der Maultierzucht, 1941
  • P. Armitage, H. Chapman, «Roman Mules», in The London Archaeologist 3, 1979, H. 13, 339-346, 359
  • G. Breuer et al., Die Vigier Häuser in Solothurn, Ms., 1992, (Seminar für Ur- und Frühgesch., Basel)
  • P. Morel, «Die Tierknochenfunde aus dem Vicus und den Kastellen», in R. Hänggi et al., Die frühen röm. Kastelle und der Kastell-Vicus von Tenedo-Zurzach (Textbd.), 1994, 404
Weblinks

Zitiervorschlag

Peter Lehmann: "Maultier", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.08.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/026237/2008-08-22/, konsultiert am 19.03.2024.