Die Einkommenssteuer ist wie die Vermögenssteuer eine direkte Steuer, die im Unterschied zu den indirekten Steuern nach Massgabe der jeweiligen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen erhoben wird. Eine progressive Ausgestaltung des Steuersatzes und spezifische Abzugsmöglichkeiten tragen der individuellen Leistungsfähigkeit Rechnung. Die Erhebung einer Einkommenssteuer dient nicht nur steuerpolitischen, sondern auch sozialpolitischen Zielen.
Problematisch bleibt der Begriff des Einkommens, der in der Schweiz nicht abschliessend definiert ist, sondern nach der Reinvermögenszugangstheorie bestimmt wird. Zu besteuern ist demnach die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter, die einem Individuum in der Steuerperiode zufliessen und die es ohne Schmälerung des Vermögens für die laufenden Bedürfnisse verwendet. Freilich wird auch dieses Prinzip nicht lückenlos angewendet. So werden Kapitalgewinne nicht besteuert. Eine Volksinitiative für eine Kapitalgewinnsteuer, über die im Dezember 2001 abgestimmt wurde, scheiterte an der Urne.
1799 erstmals in England praktiziert, setzte sich die Einkommenssteuer in der Schweiz nur langsam durch. 1840 ging Basel-Stadt als erster Kanton zu einer allgemeinen Einkommenssteuer über, welcher über die Schweiz hinaus eine Pionierfunktion zukam. Die andern Kantone, denen die Bundesverfassung (BV) von 1848 die direkten Steuern überliess, setzten vor allem auf die Besteuerung des Vermögens, die zum Teil durch eine moderate Erwerbssteuer ohne Progression ergänzt wurde. 1890 und 1895 stellten die Kantone Basel-Landschaft und Solothurn auf eine Einkommenssteuer als Haupteinnahmequelle um. Im Ersten Weltkrieg folgten Uri, Zürich, Luzern und Thurgau, während andere Kantone den Anteil der Erwerbssteuer an der Gesamtsteuer und deren Progression erhöhten.
Der Bund erhebt seit 1878 für nicht Militärdienst leistende Männer den Militärpflichtersatz proportional zu Einkommen und Vermögen. Die Bundesfinanzen speisten sich aber weiterhin vor allem aus den Zolleinnahmen. Erst im Ersten Weltkrieg erhob der Bund 1915 mit der Kriegssteuer eine direkte Steuer, vorerst noch als Vermögenssteuer mit ergänzender Erwerbssteuer. Eine sozialdemokratische Initiative für eine direkte allgemeine Einkommenssteuer des Bundes wurde 1918 abgelehnt. Unter wechselnden Bezeichnungen (Krisenabgabe, Wehrsteuer, Direkte Bundessteuer) wurde die Kriegssteuer als Dauerprovisorium weitergeführt, wobei 1934 mit der Krisenabgabe der Wechsel zur allgemeinen Einkommenssteuer vollzogen wurde. Auch in der Bundesverfassung 1999 war die Direkte Bundessteuer zunächst bis 2006 und seit 2004 bis ins Jahr 2020 befristet (Artikel 13 der Übergangsbestimmungen). Die Einkommenssteuer stand nicht nur in Konkurrenz zur indirekten Besteuerung, sondern blieb stets auch föderalistischen Vorbehalten ausgesetzt, und noch heute sind starke Bestrebungen für ihre Abschaffung im Gang.
Angesichts des gestiegenen Finanzbedarfs stellten vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg auch die übrigen Kantone auf die Einkommenssteuer mit ergänzender Vermögenssteuer als wichtigste Einnahmequelle um, zuletzt der Kanton Glarus 1970. Die Vermögenssteuern wurden ermässigt, während die Progression der Einkommenssteuer zunahm. 1960-1990 stieg der Anteil der Einkommenssteuer an den gesamten Steuereinnahmen der Kantone von etwa 50 auf 60%, in den Gemeinden von 60 auf 70%, mit seither wieder leicht sinkender Tendenz. Die gesamte Steuerbelastung eines verheirateten Paars ohne Kinder variierte 1999 je nach Kanton und Gemeinde für ein Einkommen von Fr. 50'000 zwischen 3,4 und 9,1%, für eines von Fr. 100'000 zwischen 4,4 und 15% und für ein Einkommen von Fr. 200'000 zwischen 9,4 und 21,1%. Der 1977 eingeführte Verfassungsartikel 42quinquies (Artikel 129 BV 1999) und das auf diesem Artikel basierende Bundesgesetz vereinheitlichen zwar das Erhebungsverfahren und das Steuerstrafrecht, die Festlegung der Steuersätze, der Sozialbezüge und der Freibeträge blieben in der Kompetenz der Kantone. Gegenüber der linken Minderheit, die auch eine materielle Steuerharmonisierung fordert, verweist die bürgerliche Mehrheit auf den horizontalen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden und Kantonen bzw. unter den Kantonen beim Bund sowie auf die positiven Auswirkungen des Steuerwettbewerbs.