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Oberburg

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Burgdorf. Die Gemeinde erstreckt sich links der Emme (ohne Schachen- und Uferanteil) in den Luterbachgraben und umfasst das Dorf Oberburg, Weiler, verschiedene Einzelhöfe sowie die Exklaven Rohrmoos und Tannen. 1240 Obrunburc. 1764 799 Einwohner; 1850 2200; 1900 2745; 1950 2990; 2000 2740.

Kirche und Pfarrhaus im Jahr 1826. Kolorierte Aquatinta von Samuel Weibel (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).
Kirche und Pfarrhaus im Jahr 1826. Kolorierte Aquatinta von Samuel Weibel (Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann).

Römischer Münzfund bei Pfaugarten, unbestimmte Wehranlage bei Bachholen am Weg im Luterbachtal, einem Übergang vom Aare- ins Emmental, Erdwerk im Waldbrueder. Die namengebende hochmittelalterliche Burg auf der Rothöchi, die «obere Burg» – im Gegensatz zur unteren in Burgdorf –, war vermutlich die Stammburg eines kyburgischen Ministerialengeschlechts; in Frage kämen die im 13. Jahrhundert bezeugten Herren von Oberburg oder die 1241-1402 erwähnten Herren von Rohrmoos. Im 14. Jahrhundert waren die Grafen von Kyburg Besitzer von Oberburg, das im Burgdorferkrieg (1383-1384) an Bern fiel. Hochgerichtlich unterstand Oberburg dem kyburgischen bzw. ab 1408 bernischen Landgericht Ranflüh. 1431 gelangte Oberburg an den Ausburgerbezirk der Stadt Burgdorf, was Bern vor 1525 bewog, es nieder- wie hochgerichtlich vom Emmental ans Schultheissenamt Burgdorf umzuteilen. 1803 kam Oberburg zum bernischen Oberamt bzw. Amtsbezirk Burgdorf.

Die Kirche (Georgspatrozinium, Bau des Schiffs ab 1497, des Chors ab 1510) ist 1242 erstmals erwähnt. Der Kirchensatz gehörte spätestens ab 1324 den Grafen von Kyburg, ab 1401 dem Kloster Trub, das von 1247 an eine Nebenpfründe der Kirche besass. Mit der Reformation 1528 gingen alle Rechte an Bern über. Das grosse Kirchspiel, das ehemals auch Burgdorf, Heimiswil und Teile von Hasle umfasst hatte, schmolz schrittweise auf den heutigen Umfang: Der östliche Teil («sieben alte Höfe») von Heimiswil fiel vor 1275 an die dortige zähringische oder kyburgische Eigenkirche, 1704 kam auch der Rest (Niederdorf, Busswil) an die nunmehrige Kirchgemeinde Heimiswil. Die Stadtkirche Burgdorf, Filiale von Oberburg, löste sich 1401 ab und wurde Pfarrkirche. Gomerkinden wurde 1539 Teil der Kirchgemeinde Hasle. Der Standort der mittelalterlichen Kapelle St. Maria im Weiler Tschamerii ist unbekannt.

Während im Hügelland um Oberburg Einzelhofwirtschaft (im 18. Jh. unter anderem Pferdezucht) vorherrschte, betrieb das Dorf Oberburg Ackerbau in Zelgen. Die Allmend im Schachen beidseits der Emme wurde gemeinsam mit Burgdorf und Hasle bestossen. Ab dem 16. Jahrhundert verschärften sich die Konflikte um die Nutzung mit Hasle (1534/1555, 1545 unterhalb Oschwand) und vor allem mit Burgdorf, das Teile dieser Allmend als Wiesen für sich einschlug (1520-1521, 1546, 1608), aufforstete (1635) oder übernutzte (1619) und sich auf Vorrechte in Reisgrund, Schachen und Allmend innerhalb der Burgernziele berief. Nach teilweisem Weideabtausch (1635) wurde 1700-1704 die gemeinsame Weide aufgehoben und Allmenden sowie Emmenwehr auf die drei Gemeinde aufgeteilt.

Dank guter Verkehrslage an der Emmentalstrasse und Stadtnähe siedelte sich am Gewerbekanal schon früh Grossgewerbe an, im 17. Jahrhundert Hammerwerke, 1672 und 1761 Drahtzugbetriebe, 1771 eine Sensenfabrikation und 1787 eine Walkerei. Von Burgdorf nicht akzeptierte Fremde gründeten im 18. Jahrhundert in Oberburg Unternehmen (u.a. Engroshandel Hagenbach). Burgdorf suchte die gewerbliche Entwicklung Oberburgs zu behindern; so erhob es zum Beispiel 1698 Einsprache gegen die Hammerschmiede und liess 1736 und 1752 eine Metzgerei und einen Krämerladen verbieten. Nach 1800 entstanden in Oberburg neue Industrien (frühes 19. Jh. Weberei und Giessereien, ab 1822 Lackfarbenfabrik, spätes 19. Jh. Maschinen- sowie Möbelfabrik, Ziegelei). Die Emmentalbahn mit Station auf Burgdorfer Gemeindegebiet (1881) förderte die weitere Industrialisierung längs der Bahn auf Oberburger wie auf Burgdorfer Boden, so dass dem Dorf Oberburg zu Beginn des 21. Jahrhunderts der Charakter einer Gewerbe- und Industriesiedlung zukam. Das Weiler- und Einzelhofgebiet blieb dagegen auf die Landwirtschaft ausgerichtet. Genossenschaftlicher und privater Wohnbau vor allem seit den 1960er Jahren vergrösserte den Wegpendlerverkehr Richtung Bern und Burgdorf. Die Gemeinde verfügt über drei Schulhäuser; Schulverbände bestehen mit Mötschwil (Rohrmoos) und Lützelflüh (Tannen). Die Sekundarschule wurde 1913 eröffnet, die Behindertenwerkstätte Oberburg 1985 gegründet.

Quellen und Literatur

  • SSRQ BE II/9
  • K. Schweizer, Chronik von Oberburg auf die Einweihung der neuen Orgel, 1902
  • Heimatbuch des Amtes Burgdorf und der Kirchgem. Utzenstorf und Bätterkinden, 2 Bde., 1930-38
  • P. Lachat, Die Kirchensätze zu Oberburg, Burgdorf und Heimiswil bis zur Reformation, 1960
  • Oberburg, 1992
  • U. Boos, Bauinventar der Gem. Oberburg, 2002
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Oberburg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000255/2010-09-14/, konsultiert am 29.03.2024.