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Kasernen

In Frankreich wurden Berufstruppen während ihrer Verschiebungen bis ins Zeitalter Ludwigs XIV. in Privathäusern untergebracht, was immer wieder zu Missbräuchen führte. Um diesen entgegenzuwirken, bauten verschiedene Städte auf eigene Kosten Kasernen, bevor der französische Staat ein entsprechendes, gross angelegtes Programm ins Leben rief. Die Schweiz mit ihren kantonalen Milizen kannte keine solchen Probleme. Um die Soldaten besser unter Kontrolle zu halten, wurden aber ab Ende des 18. Jahrhunderts in Chur, Frauenfeld, Genf, Herisau und Liestal kommunale Kasernen eingerichtet. Als Gebäude dienten etwa ein Speicher, zum Beispiel in Altdorf (UR), Bremgarten (AG), Freiburg, Luzern, Wil an der Aa (Oberdorf NW), ein Schloss (Sitten) oder ein ehemaliges Zeughaus (Schaffhausen). 1841 erwarb die Tagsatzung die Allmend von Thun, um darauf Kasernen zu bauen. Trotz dieser Anstrengungen wurden die Truppen jedoch häufig in unhygienischen und ungeeigneten Räumlichkeiten untergebracht.

Nach der Gründung des Bundesstaats 1848 genügte die alleinige Unterbringung der Wehrmänner nicht mehr. Für die Ausbildung war ein Ausbau der kantonalen Infrastrukturen nötig. Voraussetzung für den Bau von Kasernen war nun die Schaffung bzw. Erweiterung von Waffenplätzen. 1863-1865 errichtete die Gemeinde Frauenfeld eine Kaserne mit 700 Betten. 1835 wurde in Bière die erste waadtländische Kaserne gebaut und zwischen 1865 und 1870 folgten weitere Bauten. Manchmal stiessen solche Projekte auf Widerstand: In Luzern brauchte es eine Petition von Offizieren und die Konkurrenz von Sursee, bis auf dem Kurzweilplatz eine neue Kaserne gebaut werden konnte. Als in Freiburg die Kaserne von La Planche den Anforderungen nicht mehr genügte, gab es Projekte für die Nutzung des Klosters Hauterive oder des Schlosses Greyerz als Truppenunterkünfte. Freiburg, Murten und Colombier (NE) wetteiferten darum, Standort eines eidgenössischen Waffenplatzes zu werden; die Wahl fiel schliesslich auf Colombier mit seiner vom Kanton Neuenburg zur Verfügung gestellten Schlosskaserne. Aarau, nicht Genf, wurde Waffenplatz der Kavallerie. Nach 1874 übernahm der Bund Gebäude und Übungsgelände von den Kantonen oder baute die notwendigen Waffenplätze. Ausserdem richtete er Kasernen in Festungen ein, zum Beispiel in Airolo, Andermatt, St. Luzisteig und Savatan. 1995 waren nur noch zehn Kasernen in kantonalem Besitz, unter anderem jene von Bern, Freiburg (La Poya) und Luzern (auf der Allmend, ein Werk von Armin Meili, das 1935 eingeweiht und inzwischen unter Denkmalschutz gestellt wurde).

Ab 1960 führte die Modernisierung der Armee zu neuen Bedürfnissen im Ausbildungsbereich. Zahlreiche neue Kasernen wurden errichtet: für die mechanisierten und leichten Truppen in Bure, Drognens (Gemeinde Siviriez), Hinterrhein, Petit Hongrin (Gemeinde Corbeyrier) und Wichlen (Elm, heute Gemeinde Glarus Süd), für die Luftwaffe in Dübendorf, Emmen und Payerne und für die Genietruppen in Brugg und Bremgarten. Einige Kasernen, die im 19. Jahrhundert in Vorstädten erbaut worden waren, lagen im 20. Jahrhundert schliesslich mitten in der Stadt, so dass sie verschoben werden mussten. Der Waffenplatz Kloten wurde wegen der Vergrösserung des Flugplatzes nach Bülach verlagert, jener von Yverdon nach Chamblon, derjenige von Zürich nach Reppischtal und der von St. Gallen nach Neuchlen-Anschwilen. Der Waffenplatz Basel wechselte den Kanton und wurde zunächst nach Lausanne (Pontaise), später nach Moudon umgesiedelt. In Genf ersetzte die Kaserne von Vernets jene von Plainpalais. Die ehemaligen Kasernengebäude wurden oft administrativen, sozialen oder kulturellen Zwecken zugeführt. Je grösser der militärische Bedarf wurde, desto schwieriger erwies es sich, Waffenplätze zu errichten oder zu erweitern. Solche Vorhaben wurden von der Zivilbevölkerung mit Zurückhaltung aufgenommen oder führten sogar zu Protesten, Anschlägen und zunehmendem Antimilitarismus. Das Militärdepartement plante den Bau einer Kaserne für die mechanisierten Truppen zunächst in Aigle, dann in den Freibergen, bis sie schliesslich in Bure gebaut werden konnte. Das Waffenplatzprojekt von Rothenturm führte zur Lancierung einer Volksinitiative zum Schutz der Moore. Diese wurde 1987 angenommen, worauf das Vorhaben aufgegeben werden musste. Dagegen wurde 1994 eine Verfassungsänderung zur Beschränkung der Zahl der Waffenplätze von Volk und Ständen abgelehnt. Ab den 1980er Jahren begann man auf den Waffenplätzen, ökologischen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Der Petit Hongrin wird beispielsweise sowohl militärisch als auch landwirtschaftlich (Viehweiden) genutzt. Truppenreduktion und Restrukturierung im Rahmen der Armee XXI hatten nach 2004 die Umnutzung zahlreicher Kasernen und Waffenplätze zur Folge. So beherbergte beispielsweise die Festung Savatan (Gemeinde Saint-Maurice, VS) neu die Westschweizer Polizeiakademie, während in der ehemaligen Kaserne Reppischtal (Gemeinde Birmensdorf) die Militärakademie der ETH Zürich eingerichtet wurde.

Quellen und Literatur

  • INSA
  • U. Lehrer, Wandel und Handel der Kaserne Zürich, 1989
  • M. Charrière, La Poya, 1991
  • J. Meyer, «Les obligations des communes en matière militaire», in RMS, 1991, Nr. 7-8, 23-29
Weblinks

Zitiervorschlag

Hervé de Weck: "Kasernen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 25.11.2016, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024642/2016-11-25/, konsultiert am 29.03.2024.