de fr it

Militärische Schulen

Seit dem 19. Jahrhundert stellen militärische Schulen eine spezialisierte, den Anforderungen des modernen Bundesstaats angemessene militärische Ausbildung der Angehörigen der Armee sicher. Man unterscheidet drei Arten: Rekruten-, Unteroffiziers- und Offiziersschulen. Diese unterteilen sich in Zentralschulen, Generalstabskurse (seit 1995 Führungs- bzw. Stabslehrgänge) und Ausbildung der Instruktoren.

Rekruten-, Unteroffiziers- und Offiziersschulen

Ausbildung durch die Kantone

Bis 1850 oblag die Ausbildung der kantonalen Kontingente gänzlich den Kantonen. Das Militärreglement von 1817 liess ihnen weitgehend freie Hand. Die Organisation des Militärwesens richtete sich nach den innenpolitischen, finanziellen und geografischen Gegebenheiten eines jeden Standes. Daraus ergab sich eine Vielzahl von Systemen. Als Exekutivorgan waltete entweder der Kriegsrat selbst oder ein von ihm ernannter Oberinstruktor. Eine Mehrzahl der Kantone liess die Rekruten auf Plätzen der Gemeinden oder Bezirke durch Exerziermeister unter der Aufsicht von Instruktoren drillen. Die Thurgauer Rekruten erhielten im 20. Altersjahr an zehn Tagen eine Grundausbildung. Im 21. Altersjahr erfolgte während 11 bis 18 Tagen die Spezialisierung zum Füsilier, Jäger, Scharfschützen, Kavalleristen oder Trainsoldaten. In Luzern wurde die Ausbildung der Rekruten mit dem Unterricht des Kontingentes zusammengelegt, der an zwölf Sonntagnachmittagen stattfand. Appenzell Innerrhoden ordnete eine Ausbildung des kantonalen Kontingents nur vor eidgenössischen Inspektionen an. Andere Kantone führten zentrale Rekrutenschulen ein, deren Dauer von einer bis fünf Wochen variierte: Freiburg 1815, Aargau 1833, Graubünden 1839, Solothurn 1841.

1850-1874 waren die Kantone nur noch für die Ausbildung der Infanterie zuständig, während sich der Bund um die Spezialtruppen kümmerte. Dabei schrieb die Militärorganisation (MO) von 1850 den Kantonen nur die minimale Dauer der Ausbildung der Infanterierekruten sowie eine abschliessende Bataillonsübung vor. Selbst diese beiden Vorgaben wurden nicht durchgehend eingehalten. Immer mehr Kantone zentralisierten den Unterricht im Hauptort. Einige wenige begnügten sich aber weiterhin mit bezirks- oder gemeindeweisen Übungen. Der Ausbildungsstand der Infanteristen war dementsprechend unterschiedlich.

Die wenigsten Kantone führten Kaderschulen durch. Viele Offiziere mussten sich die notwendigen Kenntnisse in fremden Diensten oder durch das Studium der Reglemente erwerben. Ihre Beförderung erfolgte nicht auf Grund ausgewiesener Fähigkeiten, sondern nach Dienstalter. In Zürich besuchten die Offiziersanwärter zwei kantonale militärische Schulen. Zum Unterleutnant ernannt, verdienten sie ihren Grad als Vorgesetzte der Übungstruppe ab. Ähnlich gestaltete sich die Offiziersausbildung in den Kantonen Bern, Luzern und Thurgau. 1866 eröffnete der Bund Offiziersschulen für die Infanterie. Die Unteroffiziere mussten bis 1874 mit einem On-the-job-Training vorliebnehmen.

Ausbildung durch den Bund

Die Bundesverfassung von 1848 übertrug die Ausbildung der Spezialtruppen dem Bund. 1849 fanden versuchshalber eidgenössische Rekrutenschulen statt. 1850 erfolgte die Organisation des eidgenössischen Instruktionskorps. Unteroffiziers- und Offiziersanwärter der Spezialtruppen absolvierten zunächst eine ganze Rekrutenschule. Anschliessend wurden sie bei der Kavallerie zu getrennten Unteroffiziers- und Offiziersschulen und bei der Artillerie zu gemeinsamen Kaderschulen aufgeboten. Die Rekruten wurden durch die Instruktionsoffiziere direkt ausgebildet. Die Milizkader waren zu Zuschauern degradiert oder mussten die ihnen zugeflüsterten Befehle an die Mannschaft weiterleiten.

Das 13. eidgenössische Übungslager 1846 auf dem Gelände der Central-Militärschule in Thun. Aquarellierte Radierung von Jean Bryner (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).
Das 13. eidgenössische Übungslager 1846 auf dem Gelände der Central-Militärschule in Thun. Aquarellierte Radierung von Jean Bryner (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).

Gegen Ende der 1850er Jahre setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass die Ausbildung der Rekruten den Milizkadern unter Anleitung der Instruktionsoffiziere übertragen werden müsse. Aber erst die MO von 1874 erhob dies zur Vorschrift. Auch der Infanterieunterricht war nun Sache des Bundes. Er erfolgte in acht Divisionskreisen, an deren Spitze Kreisinstruktoren standen. Pro Divisionskreis fanden jährlich eine Offiziers- und drei bis vier Rekrutenschulen statt. In diesen erhielten rund 15'000 Rekruten ihre Grundausbildung. 1884 wurden die vorerst zentral geführten Unteroffiziersschulen der Infanterie, die nur einen kleinen Teil der Bewerber aufnehmen konnten, in die Divisionskreise verlegt. Fähigkeitszeugnisse bildeten nun die Voraussetzung der Beförderung zum Offizier oder Unteroffizier. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg übernahm der Waffenchef der Infanterie die direkte Verantwortung für alle Schulen seiner Truppengattung. 1980 absolvierten 37'000 Männer 100 Rekrutenschulen auf 50 Waffenplätzen, 2009 waren es noch 19'000 Rekruten, davon 90 Frauen.

Zentralschulen und Generalstabskurse

1819 eröffnete Oberst Rudolf von Luternau die erste militärische Zentralschule, die Eidgenössische Central-Militärschule im Freyenhof zu Thun. Ihr Besuch war für die Kader der Spezialtruppen obligatorisch. Auf Rekognoszierungsreisen und in Übungslagern wurde das schulmässig Erlernte angewendet. Ab 1827 nahmen auf freiwilliger Basis Offiziere des Generalstabs, der Infanterie, der Kavallerie und der Scharfschützen teil. Die Schule litt zu Beginn der Regenerationszeit unter den Auswirkungen der politischen Unruhen.

Die MO von 1850 gab den Anstoss zum Ausbau der Zentralschule. Sie wurde neu in vier Abteilungen gegliedert: Offiziere des eidgenössischen Stabs, Truppenoffiziere Genie, Truppenoffiziere Artillerie, Stabsoffiziere Infanterie. Ihre Absolvierung bildete aber keine zwingende Beförderungsbedingung. In der aus kantonalen Kontingenten gebildeten Bundesarmee gaben politische und gesellschaftliche Kriterien den Ausschlag für die Besetzung der Kommandostellen.

Artillerieübung in der Kaserne von Thun, 1864 (Staatsarchiv Bern, St.A.B. T 84).
Artillerieübung in der Kaserne von Thun, 1864 (Staatsarchiv Bern, St.A.B. T 84).

Die MO von 1874 unterstellte die Generalstabskurse dem eidgenössischen Stabsbüro und die Zentralschulen der Abteilung für Infanterie. Die Zentralschulen dauerten zwischen zwei und sechs Wochen. In der Zentralschule I von 1892 entfielen von 289 Unterrichtsstunden 110 auf Taktik, 78 auf Reiten, Fechten und Übungsmärsche, der Rest auf Spezialgebiete. Die MO von 1907 sah nur noch zwei Zentralschulen vor. Auf die Ausbildung der zukünftigen Regimentskommandanten glaubte man verzichten zu können.

Während des Aktivdienstes 1939-1945 ging die Leitung der Zentralschulen von der Abteilung für Infanterie auf die Hauptabteilung III des Armeestabs über. Diese organisierte auch die 1934 eingeführten Kurse für höhere taktische Ausbildung sowie kombinierte Schiesskurse für angehende Regimentskommandanten. Die Kurskommandanten wurden von Fall zu Fall bestimmt. 1945 wurde in der Person von Oberst Edgar Schumacher der erste ständige Kommandant der Zentralschulen ernannt. Er unterstand der Gruppe für Ausbildung. Ihm wurden auch die während des Aktivdienstes durch die Abteilung für Infanterie eingeführten technischen Kurse für Nachrichtenoffiziere und Adjutanten zugewiesen.

Mitte der 1960er Jahre traten die bisher von der Schiessschule Walenstadt durchgeführten kombinierten Schiessschulen unter das Kommando der Zentralschulen. 1987 wurden die Einführungskurse für neu ernannte höhere Stabsoffiziere und Direktoren der Bundesämter im EMD (heute VBS) als Zentralschulen IV institutionalisiert.

Die Bestrebungen, eine gemeinsame Infrastruktur zu schaffen, wurden 1995 mit dem Armee-Ausbildungszentrum Luzern (AAL) realisiert. Der Name Zentralschulen wurde geändert in Kommando der Stabs- und Kommandantenschulen. In dieser dem Heer unterstellten Kaderschule mit rund 120 Instruktoren und Fachlehrern sind die strategisch-operative Schule, die Generalstabsschule, Lehrgänge auf der Stufe der Truppenkörper sowie das taktische Training mit Führungssimulatoren für grosse Verbände und Kampfgruppen vereinigt. Es werden auch die Grundlagen für die Entwicklung der Doktrin erarbeitet. In der Armee XXI leitet das Kommando der Höheren Kaderausbildung sowohl das Armee-Ausbildungszentrum Luzern als auch die Führungsschulen für Instruktoren.

Ausbildung der Instruktoren

Im 19. Jahrhundert brachten viele Instruktoren Erfahrungen aus fremden Diensten mit oder besuchten ausländische militärische Schulen. Für ihre berufliche, zu Beginn auch nebenberufliche Tätigkeit in der Schweiz wurden sie praktisch angelernt. Im Übrigen waren sie auf ein intensives Selbststudium angewiesen. Nach Durchführung eines ersten Kurses für Instruktionsoffiziere im Jahre 1849 wurde 1851 eine Instruktorenschule ins Leben gerufen. Fakultative Möglichkeiten zur Weiterbildung bot ab 1875 die Militärschule der militärwissenschaftlichen Abteilung am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich. 1911 übertrug der Bundesrat der Militärschule die Aufgabe, Instruktionsoffiziere der Kampftruppen während drei Semestern auf ihren Beruf vorzubereiten. 1954 legte er ihre Dauer auf ein volles Kalenderjahr fest.

1960 wurde die Ausbildung der Instruktoren vermehrt auf ihre verschiedenen Tätigkeiten ausgerichtet und auf zwei Jahre verlängert. Unter dem Namen Militärische Führungsschule (MFS) wurden 1993 die Lehrgänge für Instruktionsoffiziere an der ETH neu geordnet. Kandidaten, die den Beruf als Erstberuf ergreifen wollen, wird ein dreijähriges Diplomstudium angeboten (für Kandidaten mit Hochschulabschluss: ein Jahr). 2002 wurde die MFS in eine Militärakademie (Milak) umgewandelt. Seit 1975 besteht in Herisau die Zentrale Schule für Instruktionsunteroffiziere (ZIS), 1997 umbenannt in Berufsunteroffiziersschule (Busa). Der Grundausbildungslehrgang dauert zwei Jahre. Nach erfolgreicher Abschlussprüfung erhalten die Teilnehmer ein eidgenössisches Diplom als Berufsunteroffizier. Zusatzausbildungslehrgänge bereiten auf die Übernahme höherer Funktionen vor. Seit 2010 ist die Busa auch für die internationale Grundausbildung für Berufsunteroffiziere verantwortlich.

Quellen und Literatur

  • J. Feiss, Das Wehrwesen der Schweiz, 2 Bde., bearb. von J. Isler, 41914-15
  • P. Marti, J. Inauen, Schweizer Armee 80-95, 1980-94
  • Kaderschmiede – Kaderschule, 1994
  • D. Lätsch, Militär. Ausbildung und Ausbildner in der Schweiz, Diss. Zürich, Ms., 1995
Weblinks
Kurzinformationen
Kontext Offiziersschulen, Rekrutenschulen, Zentralschulen

Zitiervorschlag

Hans Senn: "Militärische Schulen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.11.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024638/2012-11-13/, konsultiert am 29.03.2024.