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Sainte-CroixGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Waadt, Bezirk Jura-Nord vaudois, die am Fuss des Chasseron liegt, sich über die zwei Haupttäler von Sainte-Croix und Les Granges erstreckt und 27 Ortschaften umfasst, unter anderem als wichtigste Siedlungen das Dorf Sainte-Croix (1086 m), L'Auberson, La Chaux, La Vraconne, La Sagne sowie Le Château. 1177 Sancta Crux, 1317 Saint Crueyz, deutsch früher Heilig Kreuz. 1764 1834 Einwohner; 1798 2833; 1850 3541; 1900 5914; 1950 6575; 1960 6925; 1970 6240; 1980 4543; 2000 4333.

Auf dem Gemeindegebiet von Sainte-Croix stiess man auf Spuren aus dem Neolithikum und der Bronzezeit. Ferner wurden römische Münzen entdeckt, während sich die gallorömische Kultstätte (fanum) von Le Chasseron auf dem Boden der Gemeinde Bullet befindet. Von zwei mittelalterlichen Burgen bestehen Reste. Sainte-Croix wird 1177 mit zwei Mühlen in einer Urkunde im Zusammenhang mit der Abtei Lac de Joux erwähnt. Die Gegend wurde ab dem 12. Jahrhundert unter den von Grandson kolonisiert und gehörte zur Herrschaft Champvent. Als Peter II. von Grandson 1317 die Herrschaft Sainte-Croix bildete, liess er am Ausgang der Schlucht von Covatanne eine Burg zum Schutz gegen seinen Nachbarn, Graf Hugo I. von Chalon-Arlay, bauen, der seinerseits 1319 die Burg Franc Castel am Col des Etroits errichtete. Erstere wurde 1476 während der Burgunderkriege in Brand gesteckt, Franc Castel 1536 von den Bernern geschleift. Nach dem Tod Ottos III. von Grandson 1397 kam die Herrschaft Sainte-Croix an das Haus Savoyen. Wahrscheinlich hatten schon die von Grandson Sainte-Croix Freiheiten gewährt, das als bonne ville Abgeordnete an die Waadtländer Landstände entsandte, als es Savoyen unterstand. Nach der Eroberung der Waadt durch die Berner gehörte Sainte-Croix 1536-1798 zur Landvogtei Yverdon. Die Gemeinde war in zwölf sogenannte Dizaines unterteilt und wurde von einem Zwölfer- und einem Vierundzwanzigerrat verwaltet. Die Kastlanei Sainte-Croix verfügte über zwei Gerichte; das eine für Sainte-Croix und Bullet, das andere für Vuitebœuf und Peney. 1798 widersetzte sich Sainte-Croix mit anderen Gemeinden des Waadtländer Jura dem neuen Regime, kämpfte aber erfolglos für den Verbleib bei Bern. 1798-2006 gehörte die Gemeinde Sainte-Croix zum Bezirk Grandson, der ausnahmsweise zwei Präfekturen zählte, wobei diejenige von Sainte-Croix 1949 aufgehoben wurde.

Die Kapelle Sainte-Croix (1375) bei La Villette hing von der Pfarrei Peney (Gemeinde Vuitebœuf) ab. Nach der Reformation wurde Sainte-Croix 1540 eine eigene Kirchgemeinde (bis 1663 mit Bullet). Die 1569 gebaute Kirche wurde 1642 durch einen Neubau im Dorfzentrum ersetzt, der seinerseits einem 1745-1748 errichteten Gotteshaus wich. Das Pfarrhaus von 1661 brannte 1702 und 1744 mit einem Teil des Dorfs und der Kirche ab. Die von 1824 an selbstständige Kirchgemeinde Les Granges de Sainte-Croix besass eine Kirche in La Chaux und eine in L'Auberson. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden Sainte-Croix, Les Granges und Bullet zur Kirchgemeinde Le Balcon du Jura vereint. 1847-1966 bestand eine Gemeinschaft der Freikirche des Kantons Waadt. Die 1895 eingeweihte katholische Kirche Saint-François-de-Sales wurde 1935 Pfarrkirche.

Bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts lebte Sainte-Croix vor allem von der Viehzucht und dem Ackerbau. Dank der weitläufigen Wälder existierten auch Eisenhütten und ab Ende des 16. Jahrhunderts Hochöfen in Mouille-Mougnon und Dénériaz-Noirvaux. Die Eisenminen waren zum grössten Teil im Besitz von Bürgern aus Vallorbe, Yverdon und Neuenburg. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts lösten Uhrmacherei sowie Spitzenklöppelei, die oft als Heimarbeit im Verlagssystem von Neuenburger Händlern in Auftrag gegeben wurden, die Metallgewinnung ab. Um 1850 siedelten sich Industriebetriebe an. Die sogenannte Côte de Vuitebœuf, gemäss der Überlieferung eine Römerstrasse, war ein Saumpfad, der die Freigrafschaft Burgund mit der Waadt verband. 1711 und 1760 wurde die Strasse neu gebaut. Auf dieser Strecke liess sich der Zoll von Jougne umgehen, wodurch Sainte-Croix bis Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer wichtigen Etappe zwischen Yverdon und Pontarlier wurde. Der Wirtschaftsaufschwung führte zu einem Anwachsen der Bevölkerung, so dass 1798 Sainte-Croix die nach Lausanne und Vevey bevölkerungsreichste Waadtländer Gemeinde war.

Werbeplakat der Bahn Yverdon-Sainte-Croix für das Wintersportgebiet Sainte-Croix-Les Rasses, gestaltet von Edouard Elzingre, 1906 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Werbeplakat der Bahn Yverdon-Sainte-Croix für das Wintersportgebiet Sainte-Croix-Les Rasses, gestaltet von Edouard Elzingre, 1906 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).

Neue Strassen verbanden Sainte-Croix ab 1843 mit Vuitebœuf, über L'Auberson mit Pontarlier sowie ab 1848 über das Noirvauxtal mit dem Val-de-Travers. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in Sainte-Croix und Les Rasses (Gemeinde Bullet) der Fremdenverkehr ein, unterstützt durch die Eröffnung der Bahnstrecke Yverdon-Sainte-Croix 1893. Das erste Hotel wurde 1860 erstellt. Von 1930 an geriet der Tourismus in eine Krise, von der er sich erst wieder ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem Bau von Ferienhäusern erholte. Die Uhrmacherei verlor gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Boden. Dafür begannen Familienunternehmen ab 1811 in Sainte-Croix und L'Auberson Musikdosen, später auch Phonografen, Foto- und Filmkameras sowie Schreibmaschinen herzustellen: ab 1814 Paillard (ab 1974 Hermes Precisa International SA in Yverdon), ab 1883 Thorens (1964 von Paillard SA übernommen), ab 1886 Reuge und ab 1890 Lador (1986 von Reuge aufgekauft). Daneben bestanden weitere kleine mechanische Werkstätten und ein Harfenbauatelier. Die Bedeutung des 2. Sektors – 1985 bot er 49%, 2005 38% der Arbeitsplätze in Sainte-Croix an – spiegelt sich in der Stärke der sozialdemokratischen Partei, die 2006-2011 drei von fünf Gemeinderäten stellte und im 55-köpfigen Gemeindeparlament mit 26 Mitgliedern vertreten war. Im Zug der Wirtschaftskrise 1974-1975 nahm die Bevölkerung in Sainte-Croix stark ab. Mehrere Betriebe mussten schliessen, etwa 1984 Paillard. Die 1907 gegründete Ecole technique et de métiers für Feinmechaniker bildet einen Teil des Centre professionnel du Nord vaudois. 2009 führte Sainte-Croix seine Industrietradition mit der Gründung des sogenannten Technopôle fort. Seit 1872 existiert das Musée des arts et des sciences, seit 1955 das Musée Baud für mechanische Musikinstrumente in L'Auberson, seit 1985 das Centre international de la mécanique d'art. In Sainte-Croix liegt das Naturschutzgebiet La Vraconne mit Hochmooren.

Quellen und Literatur

  • R. Jaccard, Sainte-Croix dans le passé, 1950
  • P.-L. Pelet, Fer, charbon, acier dans le Pays de Vaud 2, 1978, 126-129, 241-243; 3, 1983, 113-117
  • F. Mottas, «De la plaine de l'Orbe à la Franche-Comté», in ArS, 1986, 124-134
  • C. Lafontant Vallotton, La résistance à la révolution de 1798 dans le Jura vaudois, 1989
  • JbAS 89, 2006, 247
  • J.-C. Piguet et al., Le Chasseron, 2007

Zitiervorschlag

Chantal Lafontant: "Sainte-Croix (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.02.2011, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002400/2011-02-08/, konsultiert am 19.03.2024.