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Pocobelli

Die Fam. ist seit den ersten Jahrzehnten des 13. Jh. in Lugano bezeugt. Die Brüder Ardizzone und Fomasio waren in der 2. Hälfte des Jh. die ersten einer langen Reihe von Notaren. Bald erschienen die P. auch in Politik und Verwaltung des Fleckens und der Landschaft Lugano. In Lugano bekleideten Mitglieder der Fam. wiederholt Ratsämter, waren Landesfürsprecher sowie Seckelmeister und standen oft im Dienste der herzogl. Vertreter und der Lehensträger des Gebiets wie Urbano (->). Die P. zählten zu den angesehensten Fam. der Welfen. Sie waren im 15. Jh. direkt in die Kämpfe zwischen den versch. Parteien und in die Wirren verstrickt, die schliesslich zur Eroberung des Tessins durch die Eidgenossen führten. Während des SpätMA besassen sie an versch. Orten des Luganese Grundbesitz. In der Neuzeit dehnten sie ihren Besitz auf das Mendrisiotto aus. Zugleich liessen sich mehrere Nebenlinien in Bissone, Coldrerio und in Melide nieder (Giulio ->), wo zu Beginn des 21. Jh. der letzte noch bestehende Zweig beheimatet war. Wie die anderen Fam. der Luganeser Oberschicht betätigten sich die P. im Kreditwesen und pflegten Kontakte zum städt. Patriziat nördlich der Alpen. Zahlreiche Vertreter der Fam. waren Geistliche und Erzpriester von S. Lorenzo in Lugano, so Giovanni Paolo (1588-1614) und Giovanni Battista (1628-34), oder Chorherren derselben Kathedrale. Andere besassen reiche Pfründe in den ennetbirg. Vogteien, in der Lombardei und im Piemont; drei P., Gabriella (1556 und 1567), Maria Francesca (1591) und Giulia Maria (1771 und 1788), waren Äbtissinnen des Humiliatenklosters S. Caterina in Lugano. Weitere P. machten eine diplomat. oder militär. Karriere im Ausland. Antonio (1556), Seckelmeister der Landschaft und Pächter des Zolls von Lugano, wurde mit mehreren diplomat. Missionen in der Eidgenossenschaft und in Frankreich betraut. Zudem war er Hauptmann in Diensten Frankreichs und des Grossherzogtums Toskana. Die Fam. brachte auch Literaten und Gelehrte hervor, u.a. den Theologen und Juristen Giovanni, der 1661-1679 die Eidgenossen und andere Mächte beim Papst vertrat und in diesem Zusammenhang 1661 eine an den Papst gerichtete "Oratio" zur Unterstützung der eidg. Orte veröffentlichte.

Quellen und Literatur

  • HS II/1, 130 f.; IX/1 117 f., 122
  • A. Moretti, Da feudo a baliaggio. La comunità delle pievi della Val Lugano nel XV e XVI secolo, 2006
  • G. Negro, Un borgo prealpino in età moderna, 2006

Zitiervorschlag

Paolo Ostinelli: "Pocobelli", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.04.2011, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/023541/2011-04-05/, konsultiert am 18.04.2024.