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Pieterlen

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Büren, sowie ehemalige Meierei. Industriegemeinde zwischen Jurahang und Büttenberg. 1228 Perla, 1268 Bieterlo. Französisch Perles. 1726 296 Einwohner; 1850 633; 1900 1197; 1950 2375; 2000 3282.

Auf Gemeindegebiet sind bronzezeitliche Siedlungsspuren (Vorem Holz 3), ein römischer Gutshof (1.-3. Jh.) einschliesslich der Reste eines mittelalterlichen Bades (Thürliweg), frühmittelalterliche Reihengräber von zwei verschiedenen Populationen (7.-8. Jh., Totenweg) und eine mittelalterliche Wehranlage (Gräuschenhubel, nach Lehmabbau zerstört) nachgewiesen. Grundbesitz und Rechte, unter anderem der einheimischen Herren von Pieterlen (Burgstelle "Burg", 13. Jh.), waren ab Ende des 13. Jahrhunderts in verschiedener Hand. Unter der Herrschaft des Fürstbischofs von Basel bildete Pieterlen mit Romont (BE), Reiben und Meinisberg die südlichste Meierei des Erguel. Deren Niedergericht tagte im Dinghof von Pieterlen (Offnung ca. 1370-1373), das Blutgericht in Reiben auf der Aarebrücke. Militärisch war Pieterlen dem Banner von Biel zugeteilt. Von Frankreich annektiert, wurde Pieterlen 1797 Teil des französischen Departements Pieterlen Mont-Terrible bzw. ab 1800 Haut-Rhin. 1815 an Bern gekommen, wurde es 1816 dem Oberamt bzw. Amtsbezirk Büren zugeteilt. 1833 erfolgte die Aufteilung der Kirchgemeinde Pieterlen in die vier politischen Gemeinden Pieterlen, Meinisberg, Reiben (ab 1911 Gemeinde Büren an der Aare) und Romont (1840 zum Bezirk Courtelary).

Die 1228 erstmals erwähnte Martinskirche (Vorgängerbau eventuell 10. Jh., Schiff 1615 und 1858 umgestaltet) birgt im Chor mittelalterliche Wandmalereien und das Tischgrab der Herren von Eptingen-Wildenstein, die im 14. Jahrhundert nach den Herren von Pieterlen Inhaber des Kirchensatzes waren. Dieser gelangte 1416 an das Kloster Bellelay, das sein Kollaturrecht trotz der 1529 vollzogenen Reformation bis zur Klosteraufhebung 1797 ausübte, und danach an den Staat Bern. Spuren der 1502 bzw. 1512 erwähnten Kapellen St. Jost und St. Wendelin fehlen. Die reformierte Kirchgemeinde Pieterlen umfasst noch heute Meinisberg. Die Pfarrei Lengnau-Pieterlen-Meinisberg errichtete 1975 das Kirchenzentrum in Lengnau.

Mit der Uhrensteinfabrikation ab 1860 in Werkstatt- und Heimarbeit, ab 1900 im Fabrikbetrieb (1904 80 Arbeiter) und den Ziegelwerken entwickelte sich Pieterlen vom Bauerndorf mit Korn- und Weinbau zum Industrieort in guter Verkehrslage an Strasse und Bahn (Linie Olten-Biel 1857). Die Gemeinde erlebte regen Zuzug, was zur Entstehung der Arbeiterwohnsiedlung Sonnenhof und neuer Wohnquartiere (Rebenweg, Romontweg, Rain, Löschgatter) führte. Nach dem Abgang der Uhrenindustrie in den 1970er und 1980er Jahren schuf Pieterlen eine Industriezone (Industrie-West) für neue Branchen (1999 u.a. Industrieautomaten, Flachdachbau) neben bestehenden (z.B. Präzisionsmechanik). 2005 stellte der 2. Sektor immer noch 49%, der 3. 47% der Arbeitsplätze in der Gemeinde, aus der viele Erwerbstätige nach Biel pendeln. Das "Schlössli", als romantischer Landsitz der Bieler Familie Wildermeth 1838 erbaut, war 1913-1956 Sitz der deutschen Heimstätte (heute Altersheim Altes Schlössli). Die Sekundarschule im Dorf wurde 1907 eröffnet, das Naturschutzgebiet Felsenheide 1952 eingerichtet. Durch das Gemeindegebiet von Pieterlen führt das 2002 eröffnete Teilstück der A5 von Solothurn nach Biel.

Quellen und Literatur

  • Erinnerungsschr. zur Renovation der Kirche Pieterlen, 1957
  • W. Bourquin et al., Pieterlen, 1968
  • H. Rauscher, Pieterlen und seine Nachbarn, 4 Bde., 2002-08

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Pieterlen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.02.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000235/2010-02-02/, konsultiert am 19.03.2024.