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BexGemeinde

Politische Gemeinde des Kantons Waadt, seit 1798 Bezirk Aigle. Zeilendorf am Fluss Avançon mit acht Weilern: Le Châtel, Les Dévens, Le Chêne, Fenalet, Les Posses, Le Bévieux, Frenières, Les Plans. Drittgrösste Gemeinde des Kantons (9670 ha). An der östlichen Kantonsgrenze gelegen, erstreckt sie sich vom Ufer der Rhone (395 m) bis zum Gipfel von Les Diablerets (3210 m). 574 in Baccis, deutsch früher Beis. 1722 1550 Einwohner; 1764 2063; 1803 2298; 1850 3091; 1900 4561; 1910 4772; 1941 4264; 1950 4762; 1980 4843; 2000 5973.

Zeugnisse früher Siedlung sind der neolithische Abri Sous Barme, bronzezeitliche Gräberfelder und die römischen Gutshöfe von Pré Clavel und Pied du Montet. 574 besiegten fränkische Truppen bei Bex langobardische Banden. Mit der Grafschaft Wallis kam Bex 999 als Schenkung König Rudolfs III. von Burgund in den Besitz des Bischofs von Sitten. Die Herrschaft Bex wurde im Mittelalter wiederholt geteilt. Im 14. Jahrhundert wurde das Gemeindegebiet in zwölf Zehnten (acht in der Ebene, vier in den Bergen) eingeteilt, die je einen Vertreter in den Rat entsandten. 1464 wurde Bex von Bern besetzt. Während der Burgunderkriege unterwarf sich Bex Bern. 1476-1798 gehörte das Mandement Bex zur Herrschaft Aigle und war von der deutschsprachigen Verwaltung Berns abhängig. Im 18. Jahrhundert wurde der Rat zweimal reorganisiert; das bestehende Rathaus wurde 1747 erbaut. In Bex stand der Gerichtshof der Kastlanei. Nach einer Zeit des Wohlstands leiteten 1796 die Unterwalliser Wirren und die wiederholten Durchzüge französischer Truppen eine Zeit der Armut ein. Die Revolution in der Waadt erreichte am 26. Januar 1798 die Ortschaft, die sich ihr sofort anschloss. 1803 wurde Bex Bezirkshauptort. Der 1814 geschaffene Gemeinderat (Legislative) wies bis 1945 eine bürgerliche Mehrheit auf, die dann durch eine linke abgelöst wurde. Das 1899 gegründete freisinnige "Journal de Bex" übernahm 1909 das 1876 gegründete, ebenfalls radikale "Echo du Rhône" und fusionierte 1993 mit anderen Zeitungen der Gegend zum "Journal du Chablais".

Kirche und Pfarrhaus von Bex. Aquatinta von Samuel Weibel, um 1830 (Musée historique de Lausanne).
Kirche und Pfarrhaus von Bex. Aquatinta von Samuel Weibel, um 1830 (Musée historique de Lausanne).

Kirchlich gehörte Bex zum Dekanat Monthey der Diözese Sitten. Die 1193 erwähnte Kirche Saint-Clément wurde im 15. Jahrhundert und 1813 nach Feuersbrünsten wieder aufgebaut. Nur der Kirchturm von 1501 ist erhalten geblieben. Die Patronatsrechte lagen zeitweise beim Bischof von Sitten, zeitweise beim Domkapitel. 1528 war das Mandement Bex das erste der Herrschaft Aigle, das der Reformation beitrat. Zahlreiche Einwohner verliessen darauf den Ort und siedelten sich im Wallis an. Andere besuchten heimlich die Messe in Saint-Maurice. Eine katholische Pfarrei wurde erst 1870 wieder gegründet. Seit 1804 besitzt Bex eine Sekundarschule. 1846 erhielt die Primarschule einen Neubau. Schwestern von Saint-Maurice führen seit 1957 ein Mädcheninstitut.

Das Hôtel des Bains wirbt für seinen privaten Omnibus. Lithografie, um 1860 (Museum für Kommunikation, Bern).
Das Hôtel des Bains wirbt für seinen privaten Omnibus. Lithografie, um 1860 (Museum für Kommunikation, Bern).

Bex weist eine grosse klimatische und landwirtschaftliche Vielfalt auf: in der Ebene Obst- und Ackerbaukulturen, auf den Abhängen Rebberge (84 ha) und Kastanienwälder, in den Alpen Wald und Weiden (u.a. Javerne, Solalex und Anzeindaz). 1988 umfasste die 1888 gegründete Molkereigenossenschaft noch fünfzig Mitglieder, die, zusammen mit den anderen Landwirten, sich in einen Viehbestand von 1500 Stück Grossvieh und 1000 Schafen und Ziegen teilten. Die Siedlung befindet sich am Fuss einer rund 50 km² umfassenden salzhaltigen Gegend; der Abbau in den Salinen von Bex begann 1680. Während der Kontinentalsperre war auch eine Schwefelmine bei Sublin in Betrieb. Die Thermalquellen förderten im 19. Jahrhundert das Entstehen der Hotelindustrie, die Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Blüte erreichte. Nach dem Ersten Weltkrieg verpasste die Hotellerie den Anschluss an die neuen Bedürfnisse des Tourismus. 1976 stellte das Schmuckstück der Hotellerie, das 1871 gegründete Hôtel des Salines, seinen Betrieb ein. Das Ascherinstitut, 1925 als Internat für jüdische Kinder gegründet, ist seit 1982 ein durch das Rote Kreuz geleitetes Heim für Asylbewerber.

Werbeplakat mit den Dents-du-Midi. Im Auftrag der SBB gestaltet von Nicollerat, gedruckt um 1930 bei Paul Attinger in Neuenburg (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Werbeplakat mit den Dents-du-Midi. Im Auftrag der SBB gestaltet von Nicollerat, gedruckt um 1930 bei Paul Attinger in Neuenburg (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Im Lauf des 20. Jahrhunderts hat sich die Industrie diversifiziert: Gipsfabrik (1905), Papierfabrik (1910 abgebrannt), elektrische Schmelz- und Gussfabrik (1917), Winden- und Kabelfabrik (1947), Metallkonstruktionen (1953), Galvanisierungsunternehmen (1965), Rückgewinnung und Wiederverwertung von Metallen (1972), Sandstrahlen und Schutzverkleidungen (1977). Andererseits hat auch die auf dem linken Walliser Rhoneufer angesiedelte Industriezone (Chemie und Erdölraffinerie) stark zur Entwicklung von Bex beigetragen. Das Elektrizitätswerk von Sublin (Forces motrices de l'Avançon) beliefert die Gegend seit 1897. Seit dem 19. Jahrhundert wird Bex von mehreren öffentlichen Verkehrsmitteln bedient: Seit 1857 ist es an die Simplonbahnlinie angeschlossen. Es ist Ausgangsstation der Linie Bex-Villars-Bretaye (Chesières 1906, Bretaye 1913), der Strassenbahn Bex-Bévieux (1898) und der Busverbindung nach Fenalet und Les Plans. Seit 1919 besteht der Flugplatz Les Placettes (für Kleinflugzeuge). 1981 erfolgte der Anschluss an die A9 (Lausanne-Sitten). Abgesehen von den neuen Wohnblöcken und Einfamilienhäusern ausserhalb des Zentrums hat sich der Charakter des Ortskerns seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht wesentlich verändert: 1969 Abbruch der Grossen Mühle (ehemalige Teigwarenfabrik), 1981 Brand des Hôtel des Salines. Die Salzminen bilden den eigentlichen touristischen Anziehungspunkt des Fleckens, der auch ein historisches Museum (1974) und in Pont-de-Nant einen botanischen Garten (1891) aufzuweisen hat. Zur Attraktivität von Bex tragen seit 1974 ein internationales Fliegertreffen, seit 1979 die Städtepartnerschaft mit Tuttlingen (D) sowie seit 1981 eine nationale Ausstellung zeitgenössischer Bildhauerei (Bex et Arts) bei.

Quellen und Literatur

  • A. Millioud, Histoire de Bex, 2 Bde., 1910-14
  • R.-A. Houriet, Bex du régime bernois à la révolution vaudoise, 1957
  • Revue historique du Mandement de Bex, 1967-
  • R.-A. Houriet, Bex, 1974
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

François Berger: "Bex (Gemeinde)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.09.2004, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002277/2004-09-30/, konsultiert am 29.03.2024.