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Pollegio

Politische Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirk Leventina, in der Talebene der unteren Leventina gelegen, umfasst mehrere Weiler, darunter Pasquerio. 1237 Poleccio/Puletio (Kopie 18. Jh.), 1256 de Polecci, deutsch früher Klösterli. 1567 50 Feuerstätten; 1602 316 Einwohner; 1745 279; 1850 468; 1900 531; 1950 483; 2000 723; 2010 807.

Pollegio: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Pollegio: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

Im Mittelalter zählte Pollegio zur Nachbarschaft und zur Pfarrei Giornico. 1602 erhielt es eine eigene Pfarrei. Die Kirche Santi Innocenti, durch die Eidgenossen nach der Schlacht bei Giornico 1478 zum Gedenken an die Gefallenen erstellt, wurde im 17. Jahrhundert und 1840 renoviert, das angrenzende Beinhaus wegen des Baus der Kantonsstrasse 1808 abgerissen. An der Stelle des vom Humiliatenorden errichteten Spitals (1210-1236 erwähnt, ab 1326 Kloster genannt) liess Kardinal Federico Borromeo, ganz dem Tridentinischen Geist des 16. Jahrhunderts seines Cousins Karl Borromäus verpflichtet, 1622 ein Priesterseminar erbauen. Das von der Oblatenkongregation der Heiligen Ambrosius und Karl Borromäus 1622-1814 geführte Seminar Santa Maria spielte bei der Ausbildung des Klerus der italienischen Schweiz bis 1852 eine wichtige Rolle. Danach wurde es verstaatlicht, diente als Gymnasium (bis 1873), dann in Koedukation als Lehrerinnen- und Lehrerseminar, bis die Abteilung für angehende Lehrer 1878, jene für Lehrerinnen 1881 nach Locarno transferiert wurde. 1885 richtete man im Gebäude erneut eine gesonderte Abteilung des Diözesanseminars ein, die 1919-1923 vorübergehend geschlossen blieb. In der Folge wurde es von verschiedenen Schulen und Instituten genutzt. Von der Caritas übernommen, beherbergte es eine Asylunterkunft, dann den Sitz für Beschäftigungsprogramme.

Im Lauf der Jahrhunderte wurde das Dorf wiederholt von den Flüssen Tessin und Brenno überschwemmt. Die herkömmliche Wirtschaft beruhte auf Ackerbau und Viehzucht, daneben trat im 19. Jahrhundert der Abbau von Granit. 1999 entstand im Rahmen der neuen Eisenbahnalpentransversale (AlpTransit Gotthard AG) im Gebiet zwischen Pollegio und Bodio eine grosse Baustelle. Für die Besichtigung des Bauwerks wurde 2003-2016 ein Informationszentrum betrieben (2019 übernahm Armasuisse das Gebäude). 2000 waren mehr als drei Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung Pendler. 2005 stellte der 2. Sektor 77%, der 3. Sektor 18% der Arbeitsplätze in der Gemeinde.

Quellen und Literatur

  • Materiali e documenti ticinesi, Serie 1, 1975-2014; Serie 3, 1980-.
  • Moretti, Antonietta: Gli Umiliati, le comunità degli ospizi della Svizzera italiana, 1992, S. 234-257 (Helvetia SacraIX/1).
  • Auer, Maria Immaculata; Barbieri, Gianfranco et al. (Hg.): Die Kongregationen in der Schweiz, 16.-18. Jahrhundert, 1994, S. 69-105 (Helvetia Sacra, VIII/1).
  • Ostinelli, Paolo: Il governo delle anime, 1998.
  • Sargenti, Ilaria: Un seminario ambrosiano nelle Tre Valli. Pollegio 1622-1786, Lizenziatsarbeit, Universität Pavia, 1999.
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1237: Poleccio/Puletio (Kopie 18. Jh.)
1256: de Polecci
Endonyme/Exonyme
Klösterli (deutsch nicht mehr gebräuchlich)

Zitiervorschlag

Mario Fransioli: "Pollegio", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.01.2021, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002081/2021-01-15/, konsultiert am 29.03.2024.