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Faido

Politische Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirkshauptort und Sitz des Bezirksgerichts Leventina, fusionierte 2006 mit Calonico, Chiggiogna und Rossura sowie 2012 mit Anzonico, Calpiogna, Campello, Cavagnago, Chironico, Mairengo und Osco, zudem 2016 mit Sobrio. 1171 Faedo; deutsch früher: Feit, Pfaid. 1567 50 Feuerstätten; 1639 255 Einwohner; 1745 383; 1850 704; 1880 1293; 1900 860; 1950 1173; 1970 1866; 2000 1548; 2005 1527; 2006 2030; 2010 1942; 2011 1949; 2012 3181; 2015 2908; 2016 2978.

Faido: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Faido: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

Entscheidend für die Entwicklung der Gemeinde zum regionalen Zentrum waren einerseits ihre Lage in der Mitte des Tals und am Fuss der Schlucht des Monte Piottino, eines natürlichen Hindernisses, das beim Personen- und Warentransport einen Halt erforderte, andererseits ihre Funktion als Hauptort, dessen Geschick von der Urner Herrschaft über die Leventina (15.-18. Jh.) geprägt wurde. Die ehemalige Vicinanza Faido (mit Sitz in Mairengo) bestand aus drei Degagne. In Faido tagten die Versammlung der Gemeindevorsteher der Leventina (parlamento generale) und der Rat der Talgemeinschaft. Im Mittelalter war die Kirche San Siro in Mairengo (1171 bezeugt) Taufkirche der Vicinanza Faido. Die im 13. Jahrhundert erwähnte und nach dem Brand von 1331 wieder aufgebaute Kirche Sant'Andrea wurde 1579 zur Pfarrkirche erhoben und nach 1830 ausgebaut. Die Kapelle San Bernardino da Siena von 1459 stand unter dem Patronat der Familie Varesi, die auch einen sechsstöckigen Turm besass. 1607 wurde ein Kapuzinerkloster gegründet, das für lange Zeit Sitz des Priesterseminars der Kapuziner und Kulturzentrum war. Seine Schule war für die Jungen aus dem Tal offen. Zum Kloster gehört auch die 1608 errichtete Kirche San Francesco, die 1785/1786 umgebaut wurde.

Ansicht des Nordosthangs der Leventina von der Brücke über den Tessin bei Faido aus. Bleistiftzeichnung von Georg Lasius, 12. August 1883 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern).
Ansicht des Nordosthangs der Leventina von der Brücke über den Tessin bei Faido aus. Bleistiftzeichnung von Georg Lasius, 12. August 1883 (Schweizerische Nationalbibliothek, Bern). […]

Die Geschichte des 19. Jahrhundert wurde von der 1820-1830 erbauten Gotthardstrasse, noch mehr aber von der Gotthardbahn bestimmt. Die Bahn begünstigte die Gründung verschiedener Hotels (darunter das Hôtel Suisse von 1905) sowie die Ausbreitung von Handwerk und Kleinindustrie. Faido war 1889 die erste Tessiner Gemeinde mit elektrischer Beleuchtung. Zahlreiche Einwohner emigrierten nach Frankreich, England, Australien und Amerika. Beachtlich war auch die Einwanderung von Handwerkern und die Ansiedlung kleiner Industrieunternehmen, einige davon als Filialen von Bundesbetrieben, die heute im Allgemeinen verschwunden oder umgezogen sind. Vor dem Ersten Weltkrieg war Faido insbesondere bei Mailänder Familien ein beliebter und gut besuchter Ferienort. Das 1917 auf Initiative des Leventiner Klerus erbaute Krankenhaus Santa Croce ist seit 1992 ein Altersheim; das heutige Bezirksspital entstand 1923 auf Verlangen der Einwohner- und Bürgergemeinden der Leventina. 1976 wehrte sich Faido erfolgreich gegen die Zerschneidung des Gemeindegebiets durch die Autobahn und erhielt eine Tunnelumfahrung.

Quellen und Literatur

  • MDT, Serie 1
  • A. Cattaneo, I Leponti, 1874 (Neudr. 1990)
  • Faido, hg. von V.F. Raschèr, M. Frasa, 1982
  • P. Grossi, Primi in luce, 1989
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Mario Fransioli: "Faido", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.01.2021, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002076/2021-01-18/, konsultiert am 28.03.2024.