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Chironico

Ehemalige politische Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirk Leventina, seit 2012 Teil der Gemeinde Faido, mit dem auf 786 m gelegenen Dorf Chironico am rechten Hang der mittleren Leventina. Das weite und gebirgige Gemeindegebiet erstreckte sich vom Fluss Ticino auf der Höhe der Biaschina-Schlucht (450 m) bis zum Pizzo Campo Tencia (3072 m) im oberen Piumognatal. 1202 Cuirono. 1567 233 Feuerstellen, 1745 565 Einwohner; 1850 829; 1880 1041; 1900 855; 1950 548; 1990 393; 2000 403; 2010 394; 2011 388.

Chironico: Situationskarte 2011 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.
Chironico: Situationskarte 2011 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2020 HLS.

Das Dorf liegt auf einer Terrasse, die zum Teil durch einen Bergsturz an der gegenüberliegenden Talseite in prähistorischer Zeit gebildet wurde. Zum Hauptkern der Siedlung gesellen sich die Ortsteile Grumo und Nivo, letzterer ist der einzige in der Talsohle. Auf den oberhalb des Dorfkerns gelegenen, steil abfallenden Felsterrassen liegen Cala, Doro, Olina, Osadigo und Chiesso. Diese schlecht erschlossenen und von fast gänzlich aufgelassenem Nutzland umgebenen Siedlungen sind schwer einzuordnen: Es lässt sich nicht feststellen, ob es sich um Maiensässe (maggenghi) handelt oder um Dörfer im eigentlichen Sinne. Allein das Bergdorf Gribbio verfügt über einen Strassenanschluss. Derartige mit Kapellen aus dem 16.-18. Jahrhundert ausgestattete Bergsiedlungen waren in der Vergangenheit während eines Grossteils des Jahres bewohnt, im Mittelalter vielleicht sogar durchgehend. Einst von entscheidender Bedeutung für das wirtschaftliche und soziale Leben des Dorfes, sind sie heute teilweise zu Ferienorten geworden. Aus der alten Vicinanza Chironico, die vier oder fünf Degagne umfasste, sind sechs Korporationen (enti patriziali) hervorgegangen, Besitzerinnen der zumeist nicht mehr genutzten Alpweiden. Im Hauptkern Chironicos mit seinen typischen Blockbauten befinden sich die kleine mittelalterliche Kirche Sant'Ambrogio mit Zwillingsapsiden und bemerkenswerten Fresken sowie der Pedrini-Turm, ein sechsgeschossiges Wohngebäude wohl aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. In der ebenfalls auf das Mittelalter zurückgehenden Pfarrkirche San Maurizio, welche abseits der Wohnsiedlung liegt, werden einige Zeugnisse von Auswanderern, die als Schankwirte in Venedig tätig waren, und ein wertvolles Martyrologium aus dem 14./15. Jahrhundert aufbewahrt. Im Mittelalter führte der wichtigste Maultierpfad des Tals durch Chironico. Jahrhundertelang machte sich eine starke Auswanderung bemerkbar, zunächst nach Italien und schliesslich ab dem 19. Jahrhundert nach Frankreich und England.

Quellen und Literatur

  • MDT, Serie 1
  • Bianconi, Inventario
  • V. Gilardoni, Il Romanico, 1967
  • W. Meyer, Castelli del Ticino e del Grigioni italiano, 1982
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Mario Fransioli: "Chironico", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 03.03.2021, übersetzt aus dem Italienischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/002074/2021-03-03/, konsultiert am 28.03.2024.