Gemeinde des Kantons Tessin, Bezirk Leventina. Die auf 1175 m Höhe am Fuss des Gotthardpasses und am Südportal der beiden Gotthardtunnels (Eisenbahn 1882, Autobahn 1980) gelegene Gemeinde umfasst ausser dem Dorf Airolo die Siedlungen Valle, Madrano, Brugnasco, Nante und Fontana. 1210 Oriolo, deutsch früher Eriels, romanisch früher Iriel. 1574 597 Einwohner; 1682 1000; 1785 1237; 1850 1624; 1880 3678 (Tunneldurchstich); 1900 1628; 1950 1848; 2000 1593; 2010 1558; 2020 1476.
In Madrano wurden römische Gräber aus dem 2./3. Jahrhundert n.Chr. gefunden. Sie gehörten zu einem Vicus, dessen Einwohner wahrscheinlich in der Umgebung Kristall sammelten, der in Locarno zu Glas verarbeitet wurde. Von der gemäss Überlieferung in langobardische Zeiten zurückreichenden Burg von Stalvedro sind Überreste (vermutlich 13. Jh.) zu sehen. Überlieferung und schriftliche Quellen belegen die Existenz eines weiteren, neben der Pfarrkirche gelegenen Turms. Bei Madrano stand eine kleine, Ende des 13. Jahrhunderts von der Familie Anexia wiederaufgebaute Burg. Dank den 1995 durchgeführten archäologischen Ausgrabungen im Innern der Pfarrkirche Santi Nazaro e Celso (1224 zusammen mit der Pfarrei erstmals erwähnt) konnte deren Baugeschichte ab dem 5./6. Jahrhundert lückenlos dokumentiert werden; während der Kirchturm aus romanischer Zeit stammt, erhielt das heutige Gebäude seine Form 1879. Beim Bahnhof befindet sich eine Bronzekopie (1932) des berühmten Hochreliefs, das Vincenzo Vela den beim Bau des Eisenbahntunnels verunglückten Arbeitern widmete.
Die Nachbarschaft Airolo, die politisch stets das Schicksal der Leventina teilte, war in die vier Degagne Madrano, Valle, Solario und Oro unterteilt. Im 13. und 14. Jahrhundert galt das Getreidemass von Airolo, der seit jeher bevölkerungsreichsten Gemeinde des Tals, für die ganze Leventina. Durch den Transitverkehr über den Gotthard erlangten Gastgewerbe und Säumerei grosse wirtschaftliche Bedeutung (vier Hospize, zwei davon auf der Passhöhe, sowie Saumtierzucht). Brände verwüsteten das Dorf viermal, zuletzt 1736 und 1877. Nach dem Bergsturz vom Sasso Rosso am 28. Dezember 1898, der einen Teil des Dorfes Airolo zerstörte (drei Tote) und den Schutzwald vernichtete, errichtete man die grosse Schutzmauer oberhalb der Häuser. Die Ende des 19. Jahrhunderts begonnenen Lawinenverbauungen wurden nach den Lawinenniedergängen von 1923 und 1951 (zehn Tote) wiederaufgenommen. Bereits 1890 erhielt Airolo eine elektrische Strassenbeleuchtung. Das Kraftwerk der Gemeinde wurde 1922 errichtet. Die übrigen Wasserkraftwerke auf Gemeindegebiet gehören öffentlichen und privaten Körperschaften. Durch die Güterzusammenlegung von 1958 konnten auch Albinasca und Brugnasco durch befahrbare Strassen erschlossen werden. Die Gemeinde Airolo baute 1969 die erste Kläranlage im Kanton. Der Gemeinderat genehmigte 1986 die Bau- und Zonenordnung.
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Airolo mit dem ersten Skigebiet des Tessins (Skilifte Lüina und Pesciüm) und einem ausgedehnten Wanderwegnetz (Strada Alta) zu einer beliebten Touristendestination. Dienstleistungsbetriebe für Bahn- und Strassenverkehr (u.a. Autobahnraststätte bei Stalvedro), Militär (Kaserne Bedrina, 1995) und Tourismus prägen die ökonomische Struktur der Gemeinde. 1985 stellten Dienstleistungssektor und Baubranche fast zwei Drittel aller Arbeitsplätze. Der Agrarsektor ist bescheiden: Anfang der 1990er Jahre entfielen auf 775 Haushalte 19 vollberuflich und 13 nebenberuflich geführte Landwirtschaftsbetriebe. Die Viehwirtschaft ist vorherrschend, das Wiesland wird mehrheitlich maschinell bearbeitet und die Alpen sind fast alle melioriert. Im Industriesektor stand bis zur Schliessung der grossen Baustellen das Baugewerbe an erster Stelle. Die im Maschinenbau tätige Firma Tenconi SA (1871 von Ambrogio Tenconi gegründet) beschäftigte im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts rund 100 Personen.