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Thunstetten

Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Aarwangen, Verwaltungskreis Oberaargau. Streusiedlung mit den Siedlungsschwerpunkten Thunstetten und Bützberg. 1220 Tunchsteten. 1764 904 Einwohner; 1850 1774; 1900 1561; 1950 1873; 2000 2957.

Einzelfund aus dem Neolithikum im Thunstetterwald, hallstattzeitlicher Grabhügel im Tannwäldli, unbestimmte Gräben und Wälle im Sängeliwald. Vor 1210 entstand die Niederlassung (domus hospitalis) der Johanniter durch unbekannte Stifter. Mit Schenkungen unter anderem der Herren von Balm, von Luternau und von Önz und eigenen Käufen arrondierte die Komturei im 13. und 14. Jahrhundert ihre Grund- und Gerichtsherrschaft Thunstetten, erweiterte den Güterbesitz im Oberaargau, dem bernischen Seeland sowie im solothurnischen Gebiet, kaufte Rebberge in Twann und erwarb Kirchensätze in Lotzwil, Ursenbach, Egerkingen, Aetigen, Rohrbach und Waldkirchen (Gemeinde Niederbipp). Die Komturei bestand aus dem auf das 13. Jahrhundert zurückgehenden Haus des Komturs (heute Pfarrhaus), dem Eigenhof und der vorklösterlichen Kirche mit Kirchensatz (Johannes-Baptist-Patrozinium) und Zehnt. Die heutige Kirche ist ein Neubau von 1745, der Turm stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert. Die Komtureien Thunstetten und Münchenbuchsee waren liiert. Verschiedene Komture versahen beide Häuser von Münchenbuchsee aus; in Thunstetten sass ein Prior. Ab 1274 führte Thunstetten ein eigenes Siegel und ging 1320 ein Burgrecht mit Wangen sowie 1329, 1466, 1494 und 1504 mit Bern ein. In der Reformation unterstand Thunstetten dem Komtur in Münchenbuchsee, der 1528 Hand zur Säkularisation beider Häuser bot; aller Besitz ging an Bern über und wurde vom Landvogt in Aarwangen verwaltet. 1711-1713 liess Hieronymus von Erlach das Schloss Thunstetten errichten und schuf 1713 bzw. 1721 die Herrschaft Thunstetten mit dem Niedergericht Thunstetten (ohne Bützberg), das von Bern 1721 im Tausch gegen die Herrschaft Inkwil eingehandelt wurde. Ab 1746 wechselte der Besitzer mehrmals; die 1971 errichtete Stiftung Schloss Thunstetten dient der Erhaltung des Kulturdenkmals.

Das Gebiet der heutigen Gemeinde bestand aus verschiedenen Siedlungskernen, die im 13. Jahrhundert als villa, seit dem 14. Jahrhundert als Dorf bezeichnet wurden und selbstständige bäuerliche Genossenschaften waren; sie verfügten über Allmenden mit wechselseitigem Weidebetrieb (wie zum Beispiel 1317 zwischen Thunstetten, Bützberg, Forst und Rengershäusern), einige wie Thunstetten und vermutlich Bützberg waren im Zelgsystem organisiert. Alle Kleindörfer, als grösste Bützberg mit 31, Welschland mit 24 und Thunstetten mit 21 Häusern um 1780, waren im Niedergericht Thunstetten zusammengefasst. Die Kirchgemeinde Thunstetten umschloss bis 1538 auch die Dörfer Schoren und Langenthal, um deren Zehnten es im 13. und 14. Jahrhundert zu Zwistigkeiten mit dem Kloster St. Urban, später zum Abtausch an die Komturei kam. Hofteilungen liessen die Weiler anwachsen; deren Tauner waren auf Zusatzverdienst in der Heimweberei, Strickerei, Spinnerei und im Garnhandel angewiesen. Um die Allmenden, insgesamt ca. 400 Jucharten Wald und 200 Jucharten Weide, erwuchs nach einer ersten Teilung 1798 Streit; ab 1866 fiel der Wald an die Burgergemeinde. Mit dem Übergang zur Vieh- und Milchwirtschaft entstanden ab 1855 die Käsereigenossenschaften Bützberg, Thunstetten und Forst. Während in Thunstetten die Landwirtschaft noch immer die Hauptrolle spielt, entwickelt sich das verkehrstechnisch gut erschlossene Bützberg dank Industrie und Gewerbe mit zwei Dritteln der Einwohner zum dominierenden Gemeindeteil.

Quellen und Literatur

  • Heimatbuch von Thunstetten, hg. von A. Kümmerli, 2 Bde., 1952-57
  • V. Binggeli, Schloss Thunstetten, [1972]
  • H.U. von Erlach, 800 Jahre Berner von Erlach, 1989, 352-383
  • S. Troesch, Dorfgesch. und Urk. von Thunstetten-Bützberg ab 1340, 2003
  • H. Schneeberger, Bauinventar der Gem. Thunstetten, 2006
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Anne-Marie Dubler: "Thunstetten", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.10.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000205/2012-10-05/, konsultiert am 28.03.2024.