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Gessler

Habsburgisches Ministerialengeschlecht im Aargau, von Meienberg und Brunegg, erwähnt vom 13. bis 15. Jahrhundert, ursprünglich aus Wiggwil. Der erste bekannte Vertreter Ulrich (bezeugt 1250-1279) siedelte 1251 ins habsburgische Amtszentrum Meienberg über. Mit Johannes I. (bezeugt 1309-1315) beginnt die steile Karriere der Gessler, die im Dienst der österreichischen Landesherrschaft hohe Ämter bekleideten. Sie wirkten als herzogliche Räte, Hofbeamte, Gesandte und Landvögte. Der bedeutendste Vertreter der Familie war Heinrich III. (bezeugt 1359 bis vor 1408). Er war Kammermeister von Herzog Leopold III., herzoglicher Rat und 1386 Landvogt im Aargau, 1387 auch im Thurgau und im Schwarzwald. Die Gessler schufen sich zwischen 1359 und 1405 durch Übernahme von Pfandschaften, Lehen und Vogteien (1359-1415 Amt Meienberg, zwischen 1370/1386 und 1415 Amt Richensee, 1374-1408 Amt Grüningen, 1379-1415 Ämter Muri und Hermetschwil) eine ansehnliche Position in den habsburgischen Gebieten südlich des Rheins. Zeitweise waren sie auch Vögte im Eigenamt (vor 1394-1397), Pfandherren der Burg Schenkenberg und des Amtes Bözberg (nach 1398-1407), der Feste Rheinfelden, der Grafschaft Fricktal und des Amtes Homberg (1403-1404). Sie erlangten die Vogtei Feldkirch (1398-1402/1405?) und die Burghut Rapperswil (1396 und 1406) und waren Besitzer der Burgen Neukrenkingen im Klettgau (vor 1354-1359), Gutenburg (1393-1405, Baden) und österreichischer Lehen im Tirol (1370-1371).

Ausschnitt aus einem Holzschnitt von Johann Jost Hiltensperger, um 1760 (Musée historique de Mulhouse; Fotografie Christian Kempf, Colmar).
Ausschnitt aus einem Holzschnitt von Johann Jost Hiltensperger, um 1760 (Musée historique de Mulhouse; Fotografie Christian Kempf, Colmar). […]

Als Wohnsitze sind die Burgen Neukrenkingen, Grüningen und die Namen gebende Brunegg (vor 1395-1440) belegt. Das Konnubium umfasste die von Mülinen, von Ellerbach, von Küngstein (Kienberg), von Wagenberg, von Klingenberg, von Friedingen und von Freiberg. Begräbnisstätte war das Kloster Kappel. Als die Gessler gegen Ende des 14. Jahrhunderts in die Auseinandersetzungen zwischen den Habsburgern und den Eidgenossen gerieten, wurde ihre wirtschaftliche Lage prekär. 1408 verkauften sie die Herrschaft Grüningen an Zürich. 1415 besetzten Luzern und die Eidgenossen ihre Besitzungen im südlichen Aargau. Um diesen Besitz wurde zwischen den Gessler, den mit ihnen verschwägerten von Friedingen (auf Hohenkrähen im Hegau) und den Eidgenossen jahrelang erbittert gekämpft. Mit Georg (1486), der sich in Ravensburg niederliess und dort eine Linie begründete, verschwand die Familie aus dem Raum der heutigen Schweiz.

Als wichtige Repräsentanten Österreichs zogen sich die Gessler im besonderen Mass die Feindschaft der Eidgenossen zu. So nannten die Chronisten des 15. Jahrhunderts in der damals entstandenen Tellsage den hochmütigen Landvogt Gessler (Befreiungstradition).

Quellen und Literatur

  • E.L. Rochholz, Die Aargauer Gessler in Urkunden von 1250 bis 1513, 1877
  • E.L. Rochholz, Tell und Gessler in Sage und Geschichte, 1877
  • A. Bickel, Die Herren von Hallwil im Mittelalter, 1978, 224-225
  • G.P. Marchal, Sempach 1386, 1986
  • P. Niederhäuser, «Adel und Habsburg – habsburgischer Adel?», in Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich 77, 2010, 160-163

Zitiervorschlag

Veronika Feller-Vest: "Gessler", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.01.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020097/2020-01-09/, konsultiert am 28.03.2024.