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Cadi

Ehem. Hoheitsgebiet der Abtei Disentis (Casa Dei) im Vorderrheintal, durch die Schenkung im sog. Testament des Churer Bf. Tello 765 aus der Herrschaft Churrätien hervorgegangen. 1371 Lacadey. Die Sursassiala (oberhalb des Russeiner Tobels) mit den Nachbarschaften Disentis/Mustér, Medel (Lucmagn) und Tujetsch war Kerngebiet der Herrschaft; zur Sutsassiala (unterhalb des Tobels) gehörten Sumvitg, Trun und Breil/Brigels. Der Petersbach östlich von Tavanasa bildete nach 1185 die östl. Grenze der C. Regalien und das Zehntprivileg der Fürstabtei Disentis sind 1213 urkundlich belegt. 1285 traten die Gotteshausleute der C. erstmals mit eigenem Siegel auf. 1371 ist der erste (echte) Landammann (rätorom. mistral) der C. belegt. 1401 erwarb die Gerichtsgemeinde durch Kauf die Schirmvogtei über das Kloster. Die in der Sutsassiala ansässigen sog. "äusseren Freien von Laax" hatten im MA ihr eigenes Gericht auf der Flur Saissafratga bei Castrisch. Anfangs des 16. Jh. kauften sich die meisten ins Gotteshausrecht ein. Die C. war bis 1851 in vier Verwaltungshöfe bzw. Niedergerichte, sog. cuorts, mit je einem Statthalter unterteilt: Disentis/Mustér, Tujetsch, jeweils vereint Breil/Brigels und Medel (Lucmagn) bzw. Trun und Sumvitg. Die Vertreter der Nachbarschaften bildeten den magistrat de cumin (14 Mitglieder), das Zivilgericht (vier Mitglieder pro Hof unter Vorsitz des Landammanns), und das Kriminalgericht (40 Mitglieder). Die polit. Entscheidungen lagen bei der Gerichtsgemeinde (cumin grond). Der Landammann wurde von dieser ab 1472 aus einem Dreiervorschlag des Abts, vom frühen 17. Jh. an frei gewählt. Die Wahlen fanden nach 1472 jährlich, ab 1751 alle zwei Jahre am Pfingstmontag statt. 1738-45 kauften die Gemeinden die Klosterzehnten aus. 1799 bzw. 1803 wurde die C. als klösterl. Hoheitsgebiet aufgelöst, blieb aber als cumin grond Disentis bis 1851 unverändert bestehen. Sie besass auf dem Bundstag des Grauen Bundes zwei Stimmen, ab 1803 im Bündner Gr. Rat zwei bis fünf Vertreter. 1851 wurde die ehem. Enklave Schlans als siebte Gemeinde dem neuen Kreis Disentis bzw. Bez. Vorderrhein (seit 2001 Bez. Surselva) zugeschlagen. 1854 wurden die vier cuorts aufgelöst und in die übrigen sechs heute bestehenden polit. Gemeinden eingegliedert.

Quellen und Literatur

  • P.A. Vincenz, Der Graue Bund, 1924, 157-240
  • G. Gadola, «Il cumin della C.», in Il Glogn 18, 1944, 31-125
  • I. Müller, Gesch. der Abtei Disentis von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1971
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Zitiervorschlag

Adolf Collenberg: "Cadi", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.03.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019352/2016-03-23/, konsultiert am 12.04.2024.