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Romanshorn

Offnung des St. Galler Fürstabts Ulrich Rösch für das Gericht Romanshorn, 1469 (Archiv der Evangelischen Kirchgemeinde Romanshorn-Salmsach, Romanshorn).
Offnung des St. Galler Fürstabts Ulrich Rösch für das Gericht Romanshorn, 1469 (Archiv der Evangelischen Kirchgemeinde Romanshorn-Salmsach, Romanshorn). […]

Politische Gemeinde des Kantons Thurgau, Bezirk Arbon, am Bodensee. Mit der Eisenbahnlinie und dem Hafenausbau entwickelte sich Romanshorn ab Mitte des 19. Jahrhunderts gezielt vom Dorf zum städtisch geprägten Verkehrsknotenpunkt. Die Weiler Holzenstein, Hotterdingen, Reckholdern, Riedern und Spitz wuchsen zumeist mit Romanshorn zusammen. 1803 wurden die Orts- und die Munizipalgemeinde Romanshorn gebildet, die sich 1870 zur Einheitsgemeinde Romanshorn vereinigten. 779 Rumanishorn. 1831 1218 Einwohner; 1850 1408; 1900 4577; 1950 6648; 1980 7893; 2000 9076; 2010 9777.

Romanshorn war wohl bis Ende des 7. Jahrhunderts von Romanen besiedelt. 779 vergabte Waldrata ihren Besitz im Ort dem Kloster St. Gallen. Im Spätmittelalter war die Vogtei Romanshorn zeitweise im Besitz der von Landenberg (bis 1367). 1455 verkaufte Abt Kaspar von Landenberg den Landbesitz der Stadt St. Gallen, doch die Gotteshausleute erzwangen die gerichtliche Aufhebung des Verkaufs. Das Gericht Romanshorn erhielt 1469 von Abt Ulrich Rösch eine Offnung. Bis 1798 besass das Kloster St. Gallen das Mannschaftsrecht, die Appellation und die Huldigung (meist in Täschlishusen bei Häggenschwil); die übrigen Hoheitsrechte gehörten der Landgrafschaft Thurgau.

779 wurde in Romanshorn eine Kirche erwähnt. Der 1275 bezeugte Leutpriester hatte eine Pfründe von 16 Pfund inne. 1480 inkorporierte St. Gallen die Kirche (1504 vergrössert). 1525 trat der Ort geschlossen zur Reformation über. Die eidgenössischen Schirmorte bestimmten 1588, dass der reformierte Salmsacher Pfarrer auch Romanshorn versehe. Das Dorf blieb bis zur Bildung der Kirchgemeinde Romanshorn-Salmsach eine Filiale. 1567 setzte der Abt einen katholischen Priester ein. Die Katholiken erhielten 1586 das Pfarrhaus und die Pfrundgüter zugesprochen. Durch weitere Begünstigungen nahm die Zahl der Katholiken zu (1588 2 Familien, 1711 36). 1829 erfolgte die Renovation der Kirche. Die Reformierten erhielten 1911, die Katholiken 1913 ein neues Gotteshaus (Simultaneität aufgelöst). Wirtschaftlich dominierten der Getreide-, Garten- und Obstbau. Neben Forstwirtschaft und Fischerei wurde bis 1902 auch etwas Weinbau betrieben. Die Dampfschiffe, die ab 1824 verkehrten, legten ab 1832 in Romanshorn an (vorher in Uttwil). Erst als der Kanton Thurgau 1840-1844 einen Hafen baute und die Postkurse nach Schwaben über Romanshorn führten, begann das Dorf zu wachsen. 1855-1856 wurde die Bahnlinie Zürich-Romanshorn (Schweizerische Nordostbahn) streckenweise eröffnet und 1856 ein Telegrafenkabel durch den See verlegt. Trajekte (Eisenbahnfähren) verbanden Romanshorn mit Lindau 1869-1939, mit Friedrichshafen 1869-1976. Romanshorn und Friedrichshafen richteten 1929 auch einen Autofährbetrieb ein. 1869 bzw. 1871 nahm die Nordostbahn die Linie Rorschach-Romanshorn-Konstanz in Betrieb. 1910 erfolgte die Eröffnung der Bahnstrecke nach St. Gallen. Die günstige Lage zog nach 1850 Gewerbe und Industrie an. Die 1836 gegründete Firma Fatzer stellte anfänglich Schnüre und Seile her. 1895 verlegte sie sich auf die Drahtseilproduktion. 1985 verarbeitete die Firma unter anderem 2000 t Stahldraht (85 Beschäftigte). Aus der Apotheke von Max Zeller, der ab 1864 den berühmten Zellerbalsam verkaufte, entwickelte sich die Firma Max Zeller Söhne AG. Der pharmazeutische Betrieb beschäftigte 2008 knapp 100 Mitarbeiter. Das 1892 eröffnete Lager der Eidgenössischen Alkoholverwaltung besass um 1980 ein Fassungsvermögen von 30 Mio. Liter Alkohol (bis 1998). 1904 wurde in Romanshorn die Firma Voigt gegründet, die pharmazeutische Produkte weltweit tätiger Firmen ausliefert (2008 ca. 250 Mitarbeiter). Weitere namhafte Unternehmen sind etwa die Firmen Biro (Kunststoffe), die Maschinenfabrik Hydrel (u.a. Hydraulik, Pneumatik) sowie die Asco Kohlensäure AG. Die Kantonsschule Romanshorn nahm 1969 ihren Betrieb auf. 1970 eröffnete der von kantonalen Frauenverbänden gegründete Verein Thurgauisches Sprachheilheim (ab 1976 Thurgauische Sprachheilschule) ein Haus. Romanshorn entwickelte sich nach 1945 zu einer Wohngemeinde, doch gab es 2005 rund 5300 Arbeitsplätze im Ort, 58% davon im 3. Sektor.

Quellen und Literatur

  • M. Tobler, 1200 Jahre Romanshorn, 1979
  • G. Hilty, «War Romanshorn eine romanische Siedlung?», in Annalas 106, 1993, 164-173
  • C.H. Köpfer, Romanshorn – leben mit der Bahn, 2004
  • 40 Jahre Kantonsschule Romanshorn, 2009
  • H. Schlieper, Eisenbahntrajekte, 2009, 98-124
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Erich Trösch: "Romanshorn", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.04.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001860/2020-04-28/, konsultiert am 28.03.2024.