Politische Gemeinde des Kantons Bern, Amtsbezirk Aarberg, Verwaltungskreis Seeland. Die 21 km2 grosse, am Nordhang des Frienisbergplateaus zwischen 469 und 823 m gelegene Gemeinde umfasst die Dörfer Seedorf, Aspi, Baggwil (1180 Bacuilere), Dampfwil, Frienisberg, Frieswil, Lobsigen, Ruchwil und Wiler sowie elf Weiler und Einzelhöfe. 1173-1180 Sedorf. 1764 1019 Einwohner; 1850 2585; 1900 2822; 1950 2628; 2000 3144.
Das früh besiedelte Gebiet ist reich an archäologischen Zeugen; unter anderem wurden Gräber der Hallstattzeit (Grabhügel im Einschlag), der Latènezeit (Skelettgrab beim Schulhaus Seedorf), des Früh- und des Hochmittelalters (Kirche) entdeckt. Mit Ausnahme der Dorfgemeinde Frieswil gehörte die Kirchgemeinde Seedorf um 1131 dem Stifter der Abtei Frienisberg, Graf Udelhard von Saugern. Seine Erben, die Grafen von Thierstein, verkauften der Abtei 1267 Grundbesitz, Gericht und Kirchensatz in Seedorf. Die 1131 erwähnte Kirche (romanischer Bau, im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit mehrfach umgestaltet) wurde 1320 dem Kloster inkorporiert. Auf Berns Betreiben kamen die Dörfer der Kirchgemeinde Seedorf bereits 1386 unter die Gerichts- und Steuerhoheit der Landvogtei Aarberg (Burgrechtsvertrag); mit der Säkularisation der Abtei 1528 fiel aller Grund- und Gerichtsbesitz im Kirchspiel Seedorf samt Kirchensatz an Bern. Er wurde bis 1798 in der neu errichteten Vogtei Frienisberg verwaltet; Seedorf und Meikirch bildeten im Landgericht Zollikofen das "Klostergericht". 1798 kam Seedorf zum helvetischen Distrikt Zollikofen, 1803 mit Frieswil zum Oberamt Aarberg.
Die Siedlungen der Kirchgemeinde Seedorf waren mittelalterliche Zelgdörfer mit Allmenden und teilweise auch mit Weidegemeinschaft, so Seedorf, Aspi, Rättli, Lobsigen und Baggwil im Seedorfmoos. Alle Dörfer sowie verschiedene Weiler der Gemeinde Schüpfen waren im äbtischen, später bernischen Frienisbergwald nutzungsberechtigt (Holzreglemente ab 1592); nach 1835 bildeten sie die Holzmarchgemeinde Seedorf. 1845-1846 wurde der Wald zwischen Gemeinde und Staat im Verhältnis 3:2 aufgeteilt. Nach 1850 stellten die Höfe auf Vieh- und Milchwirtschaft um; von einst sieben Käsereien bestand 2009 noch eine in Frieswil. In mehreren Anläufen (1858-1862, 1928-1934, 1942-1957) wurde das Seedorfmoos entsumpft. Die Gemeinde lag an der alten Landstrasse Bern-Frienisberg-Aarberg-Neuenburg, wurde aber nach 1850 von der neuen, über Frieswil und Radelfingen geführten Staatsstrasse Bern-Aarberg und der Eisenbahn sowie später auch von der Autobahn umgangen. Entsprechend blieb die wirtschaftliche Entwicklung auf Landwirtschaft und Kleingewerbe konzentriert; die Gewerbe- und Industriezone in Wiler entstand erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Der nach 1920 einsetzende, auch durch die Mechanisierung der Landwirtschaft bedingte Bevölkerungsrückgang hielt 50 Jahre an; erst in den 1970er Jahren erfolgte dank der Anlage von Neuquartieren (Aspi, Baggwilgraben), deren Bevölkerung zum Teil in die Regionen Aarberg, Lyss, Biel und Bern pendelt, eine Trendumkehr. Bis ins 18. Jahrhundert verfügte die Kirchgemeinde nur über eine einzige Schule in Seedorf; im 19. und 20. Jahrhundert entstanden weitere Schulhäuser in Lobsigen, Wiler, Ruchwil, Baggwil und Frieswil. Die Dörfer verzichteten als frühere Sektionsgemeinden beim Vollzug der Gemeindezentralisation 1968 auf ihre Autonomie; Seedorf, Aspi, Baggwil, Frieswil und Wiler organisieren sich inzwischen als private Dorfvereine.