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Kaiseraugst

Politische Gemeinde des Kantons Aargau, Bezirk Rheinfelden. Brückendorf am Rhein, 1442 bei der Aufteilung des alten Dorfes Augst in Augst und Kaiseraugst entstanden. 752 Augusta. 1758 215 Einwohner; 1850 405; 1900 595; 1950 842; 1970 1311; 2000 3917; 2010 5069; 2020 5455.

Kaiseraugst: Situationskarte 2023 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2023 HLS.
Kaiseraugst: Situationskarte 2023 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2023 HLS.

Römische Zeit

Nach dem Verlust der rechtsrheinischen Gebiete errichtete das römische Militär auf dem Gebiet der Unterstadt von Augusta Raurica zur Sicherung des Rheinübergangs und als Hauptquartier der legio I Martia um 300 n.Chr. das Militärkastell Castrum Rauracense (Römisches Reich). Dem Kastell kam im 4. Jahrhundert grosse Bedeutung zu, lag es doch mit seiner Brücke an der Verbindungsstrasse von Gallien zu den Donauprovinzen (Germania Superior, Raetia). Sowohl Kaiser Constantius II. als auch Kaiser Julian Apostata führten von hier aus Feldzüge gegen die Alemannen. In diese Zeit fiel der Bau des 2021 entdeckten Amphitheaters am Rheinufer nahe des Kastells. Nach dem Erlöschen der römischen Herrschaft zu Beginn des 5. Jahrhunderts blieb das Kastell bewohnt. Zur romanischen Bevölkerung gesellten sich zunehmend germanische Einwanderer. Das Kastell und seine Kirche dienten ab Mitte des 4. Jahrhunderts n.Chr. als Bischofssitz (346 n.Chr. Bischof erwähnt). Im 7. Jahrhundert wurde dieser nach Basel verlegt, und die Siedlung verlor ihre Bedeutung.

Das unregelmässig rechteckige Kastell hat eine Fläche von 3,6 ha. Seine 4 m dicke Befestigungsmauer (Befestigungen) war mit mindestens 17 quadratischen Türmen versehen und von einem 10 m breiten Graben umgeben. Im Innern befanden sich im Südwestteil ein als Magazin (horreum) gedeutetes Gebäude und östlich davon zwei hallenähnliche Bauten. Der Nordwestteil grenzte mit Portiken an die in west-östlicher Richtung verlaufende Hauptstrasse. Nördlich davon lagen die römischen Thermen mit beheizten Räumen, Kalt- und Warmwasserbecken sowie weiteren Aufenthaltsräumen. Im Nordostsektor wurden Reste einer frühchristlichen Kirche mit angebautem Baptisterium freigelegt. Auf dem Plateau südöstlich des Kastells befanden sich im 4. bis 7. Jahrhundert belegte Gräberfelder.

Frühmittelalter bis heute

Nachdem im 7. Jahrhundert der Bischof weggezogen war, schenkte 894 der ostfränkische König Arnulf die Kirche aus dem Königsgut seinem Vasallen Anno, von dem sie an das Kloster St. Gallen, von da an das Domstift Basel und 1803 an den Kanton Aargau überging. Die um 400 n.Chr. erbaute Kirche wurde 1749 neu erstellt. 1878 trat die Mehrheit der Kirchgemeinde zum christkatholischen Glauben über und erhielt die Kirche zugesprochen. 1900-1901 wurde eine römisch-katholische Kirche erbaut, 1903 eine römisch-katholische Kirchgemeinde gegründet und das Kirchengut auf beide Konfessionen verteilt.

1442, als Augst in zwei Dörfer aufgeteilt wurde, erhielt Kaiseraugst zunächst die Bezeichnung Augst im Dorf, später seinen Namen Kaiseraugst aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Fricktal, das zur Herrschaft der Habsburger gehörte, die ab 1438 auch Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches waren. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit hatte damals die Herrschaft Rheinfelden inne. 1803 kam Kaiseraugst mit den Herrschaften Rheinfelden und Laufenburg zum Kanton Aargau und damit zur Schweiz.

Das Baugelände des geplanten Kernkraftwerks während der elfwöchigen Besetzung. Fotografie, 1. Mai 1975 (Ringier Bildarchiv, RBA14-RC7500627) © Staatsarchiv Aargau / Ringier Bildarchiv.
Das Baugelände des geplanten Kernkraftwerks während der elfwöchigen Besetzung. Fotografie, 1. Mai 1975 (Ringier Bildarchiv, RBA14-RC7500627) © Staatsarchiv Aargau / Ringier Bildarchiv. […]

Das ursprüngliche Fischer-, Flösser- und Bauerndorf war im 19. Jahrhundert Standort einer Salzsaline (1843-1909) und der ersten schweizerischen Zellulosefabrik (1888-1930). Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte es sich zu einer rasch wachsenden Wohn- und Industriegemeinde (Gemeinde) der Agglomeration Basel. Anfang der 1960er Jahre stand Kaiseraugst als Kernkraftwerk-Standort zur Diskussion. Aufgrund des Widerstandes in der Bevölkerung (Besetzung des Geländes 1975; Antiatombewegung) und unter dem Eindruck des Reaktorunglücks in Tschernobyl einigten sich jedoch 1988 Bundesrat und Kernkraftwerk Kaiseraugst AG auf einen Bauverzicht bei teilweiser Vergütung der Kosten.

Quellen und Literatur

  • Berger, Ludwig; Laur-Belart, Rudolf: Führer durch Augusta Raurica, 1937 (20127).
  • Laur-Belart, Rudolf; Senti, Anton et al.: Geschichte von Augst und Kaiseraugst, 1962.
  • Laur-Belart, Rudolf: Die frühchristliche Kirche mit Baptisterium und Bad in Kaiseraugst, Aargau, 1967.
  • Hartmann, Martin: Die Römer im Aargau, 1985.
  • Baumann, Max: «Fischer am Hochrhein. Zur Geschichte der Fischerei zwischen Säckingen und Basel», in: Argovia, 105, 1993, S. 1-202.
Von der Redaktion ergänzt
  • Hunziker, Edith; Hoegger, Peter: Der Bezirk Rheinfelden, 2011, S. 289-312 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, 9). 
  • Erhart, Peter; Wagner, Rafael: «Beziehungen der frühmittelalterlichen Abtei St. Gallen zum Augstgau», in: Helvetia Archaeologica, 190, 2017, S. 38-69.
  • Baerlocher, Jakob: «Das neuentdeckte Amphitheater von Kaiseraugst», in: Augusta Raurica. Das Magazin zur Römerstadt, 2022/1, S. 12-15.
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
752: Augusta
Variante(n)
Augst im Dorf

Zitiervorschlag

Dominik Sauerländer; Martin Hartmann: "Kaiseraugst", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.09.2023. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001797/2023-09-18/, konsultiert am 19.03.2024.