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Bundesfeier

Werbeplakat für Pro-Patria-Marken, 1986 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Werbeplakat für Pro-Patria-Marken, 1986 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste). […]

Die Bundesfeier bezieht sich auf den Bundesbrief von 1291; sie ist aber erst 1891 erstmals begangen worden. Diese «späte» Einführung der Bundesfeier erklärt sich zur Hauptsache aus zwei Umständen: Zum einen galt bis tief ins 19. Jahrhundert das ältere, auf Aegidius Tschudi zurückzuführende Gründungsdatum vom 8. November 1307. Das Dokument von 1291 war lange Zeit unbekannt; es wurde erst im 18. Jahrhundert wieder entdeckt und 1760 (in der lateinischen Originalfassung) von Johann Heinrich Gleser veröffentlicht, aber nicht als «Gründungscharta» gewertet. Zum zweiten bestand lange Zeit das heutzutage selbstverständliche Bedürfnis nach Säkular- oder Zentenarfeiern noch nicht. Man pflegte die Erinnerung im Jahrzeitrhythmus (Schlachtjahrzeiten), ohne die Zeitspanne und die damit verbundene historische Tiefe herauszuheben. Der als unmittelbare Folge der Modernisierungsfreudigkeit des 19. Jahrhunderts und parallel zur Entwicklung der Naturwissenschaften entstandene Historismus, der zugleich Distanz und Nähe herstellen wollte, liess ein Bedürfnis nach historischen Jubiläen aufkommen. Zunächst wurde der Schlachten und Bundesbeitritte gedacht, bis kurz vor 1891 – und stark getragen vom ins gleiche Jahr fallenden stadtbernischen Gründungsjubiläum – die Idee aufkam, gestützt auf das Dokument von 1291 das 600-jährige Bestehen der Eidgenossenschaft zu feiern. Die Bevorzugung des Bezugspunkts von 1291 gegenüber demjenigen von 1307 entsprach auch der spätbürgerlichen Tendenz, als Geburtsstunde der Eidgenossenschaft lieber eine rechtlich vollzogene Staatsgründung als eine revolutionäre Verschwörung anzunehmen. 1891 wurde die Bundesfeier als Zentenarfeier, d.h. als herausragendes Grossereignis zu einem runden Geburtstag begangen. Eine jährliche Wiederholung wurde dabei nicht ins Auge gefasst. Zur jährlichen Einführung kam es erst 1899, als der Bundesrat – nicht zuletzt auf Drängen von Auslandschweizerkolonien, die ebenfalls eine Art von «Quatorze Juillet» oder «Kaisers Geburtstag» (27. Januar, Geburtstag Wilhelms II.) haben wollten – die Kantone aufforderte, jeweils am Abend des 1. August die Glocken läuten zu lassen. Zu weiteren, zentralen Bestandteilen von Bundesfeiern wurden ein offenes Feuer und eine Ansprache; hinzu kamen Lampions und in immer stärkerem Mass auch Feuerwerk.

Verkauf von Feuerwerk für den 1. August. Aufnahme eines unbekannten Fotografen, 1984 (Schweizerische Nationalbibliothek).
Verkauf von Feuerwerk für den 1. August. Aufnahme eines unbekannten Fotografen, 1984 (Schweizerische Nationalbibliothek). […]

Zunächst blieb der schweizerische Nationalfeiertag ein gewöhnlicher Werktag, und man verstand es als dem schweizerischen Charakter angemessen, dass auch an einem solchen Tag normal gearbeitet würde. Dann gingen einzelne Kantone dazu über, im Rahmen der gesamtschweizerischen Feiertagsordnung den 1. August entweder nachmittags oder ganztägig zum Feiertag zu erklären. Eine von den Schweizer Demokraten (SD) im Vorfeld des Jubiläumsjahrs 1991 lancierte Volksinitiative, die am 26. September 1993 zur Abstimmung gebracht und mit 83,8% angenommen wurde, erklärte den 1. August gesamtschweizerisch zu einem arbeitsfreien Tag.

Quellen und Literatur

  • ASV, Kommentar Tl. 1, 841-866
  • G. Kreis, Der Mythos von 1291, 1991
  • C. Santschi, La mémoire des Suisses, 1991
  • A. Saurma, Das Bild der Schweiz in den Bundesfeierbetrachtungen seit 1945, 1991
  • C. Merki, Und wieder lodern die Höhenfeuer, 1995
Weblinks

Zitiervorschlag

Georg Kreis: "Bundesfeier", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.03.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017438/2011-03-16/, konsultiert am 19.03.2024.