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Bauernheimatbewegung

Jungbauernbewegung

Die Bauernheimatbewegung, besser bekannt unter dem Namen «Jungbauern», entstand aus dem Zusammenschluss der «Junges Bauernland» genannten Gruppen von Bauern und Bäuerinnen im Kanton Bern. Zu den seit 1926 durchgeführten «Jung-Bauern-Landsgemeinden» und «Bauernheimatwochen» kam 1932 das Zentrum Möschberg bei Grosshöchstetten, wo mit der «Hausmutterschule für Bäuerinnen» eine der ersten Bäuerinnenschulen errichtet wurde. Mit der Durchführung von Weiterbildungskursen und dem Aufbau einer mehrere tausend Bände umfassenden Versandbibliothek weitete die Bauernheimatbewegung ihre Tätigkeit zu einer eigentlichen Schulungs- und Bildungsarbeit für die bäuerliche Jugend aus.

Plakat für die eidgenössischen Wahlen 1939 von Karl Hänny (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die eidgenössischen Wahlen 1939 von Karl Hänny (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Die Politisierung der von BGB-Nationalrat Hans Müller (1891-1988) geführten, in den 1930er Jahren in fast allen ländlich-protestantischen Gebieten verbreiteten Bauernheimatbewegung erfolgte 1932-1933 primär wegen der auch von der BGB mitgetragenen Deflationspolitik des Bundesrates. Die Bauernheimatbewegung setzte sich aktiv für eine Lohn- und Preisstützungspolitik ein und lancierte 1934 zusammen mit den Gewerkschaften und den Verbänden der Angestellten die Kriseninitiative, bekämpfte aber die Initiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung. Wegen der wirtschaftspolitischen Differenzen wurde Müller im Frühling 1935 aus der BGB-Fraktion der eidgenössischen Räte ausgeschlossen und im Herbst kam es zum endgültigen Bruch zwischen der Bauernheimatbewegung und der BGB im Kanton Bern. Zusammen mit den anderen bäuerlichen Oppositionsgruppierungen, welche die Kriseninitiative unterstützt hatten, engagierte sich die Bauernheimatbewegung auch in der Anfang 1937 gegründeten Richtlinienbewegung; bis in den Herbst 1938 spielte sie hier eine führende Rolle.

Die im Rahmen einer Volksabstimmung erfolgte Einbindung der SP in die bundesrätliche Finanzpolitik erschütterte die Richtlinienbewegung und führte zu einer vollständigen Isolation der Bauernheimatbewegung, die ohne Rücksicht auf die sich dramatisch zuspitzende internationale Situation in ihrer Oppositionshaltung verharrte und bis 1942 den Bundesrat mit den gleichen Worten zum Abdanken aufforderte wie schon 1934-1935. Mitte der 1940er Jahre kam es wegen des seit mehr als zehn Jahren auch innerhalb der Bauernheimatbewegung heftig umstrittenen, autoritären Führungsstils von Müller zur Spaltung.

Mit der von Gemüsebauern innerhalb der Bauernheimatbewegung angeregten Gründung der Anbau- und Verwertungsgenossenschaft AVG wurde das Schwergewicht der Tätigkeit auf eine andere Ebene verlegt. Zur Organisation des Produkteabsatzes kam schon bald die Förderung des biologischen Landbaus. In Zusammenarbeit mit dem deutschen Arzt Hans Peter Rusch entwickelten die AVG-Produzenten auf der Basis des biologisch-dynamischen den organisch-biologischen Landbau. So stellte in den 1950er Jahren eine im europäischen Vergleich grosse Zahl von Bauern und Bäuerinnen ihre Betriebe auf eine biologische Bewirtschaftung um; dieser Rückhalt in der Praxis liess den Möschberg auch für Österreich und Deutschland zum Zentrum des organisch-biologischen Landbaus werden.

Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre spielte die Bauernheimatbewegung beim Versuch, den biologischen Landbau als eigenständige Produktionsart gesetzlich anzuerkennen, noch einmal eine wichtige Rolle. Bei der Etablierung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau hingegen war der Möschberg kaum beteiligt. Erst nach Müllers Tod 1988 schloss sich die Bauernheimatbewegung wieder enger an die mittlerweile breiter gewordene Bio-Bewegung an. Mit dem Umbau des Möschbergs hat die Bauernheimatbewegung Mitte der 1990er Jahre versucht, ihr bisheriges Zentrum zu einem Begegnungsort aller Bio-Bauern und Bäuerinnen zu machen.

Quellen und Literatur

  • R. Riesen, Die schweiz. Bauernheimatbewegung (Jungbauern), 1972
  • P. Moser, Der Stand der Bauern, 1994, (mit Bibl.)
  • P. Moser, «Hans Müller», in Intellektuelle von rechts, hg. von A. Mattioli, 1995, 273-286
Weblinks

Zitiervorschlag

Peter Moser: "Bauernheimatbewegung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.04.2004. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017390/2004-04-27/, konsultiert am 19.03.2024.