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Ulysses vonSalisMarschlins

Porträt von Felix Maria Diogg. Öl auf Leinwand, 1794 (Rätisches Museum, Chur).
Porträt von Felix Maria Diogg. Öl auf Leinwand, 1794 (Rätisches Museum, Chur). […]

25.8.1728 Schloss Marschlins (Gemeinde Landquart), 6.10.1800 Wien, reformiert, von Igis und Zürich. Sohn des Johann Gubert Rudolf und der Perpetua von Salis-Soglio. Bruder des Anton (->). Barbara Nicola Rosenroll, Tochter des Rodolph, vicari, aus dem Thusner Speditionshaus. Die Jugend verbrachte Ulysses von Salis vor allem in Chiavenna und Soglio. Nach Privatunterricht und Bildungsreisen studierte er 1745-1746 in Basel Recht. 1755 begann er mit der Publikation von historischen, politischen und ökonomischen Schriften, die auf aristokratisch-patriotischem Gedankengut basierten. Die juristischen Arbeiten waren häufig Rechtsgutachten zu Auseinandersetzungen in den Drei Bünden sowie deren Souveränitätsrechten in den Untertanenlanden.

Nach 1759 förderte Salis die Einführung der Baumwollspinnerei im Verlagssystem; diese Initiative scheiterte ebenso wie die Seidenraupenzucht in Marschlins. Er war Mitglied sowie 1770-1771 Präsident der Helvetischen Gesellschaft und stand in engem Kontakt mit Isaak Iselin und Hans Caspar Hirzel. Salis engagierte sich für eine Ertragssteigerung der Landwirtschaft und war 1778 Mitgründer der Gesellschaft landwirtschaftlicher Freunde. Ende der 1770er Jahre betrieb er die Entsumpfung bei Castione im Veltlin. Im Sinne von Franz Urs Balthasar – dieser hatte die Einrichtung einer "Pflanzschule" für angehende Politiker beider Konfessionen gefordert - unterstützte er ab 1763 das von Martin von Planta 1761 gegründete Seminar in Haldenstein, das 1771 nach Marschlins verlegt wurde. Nach dem Tod Plantas übernahm er vorübergehend die pädagogische Leitung und wandelte die Schule 1775 in ein Philanthropinum nach Basedow'schem Muster um. 1777 musste er das Institut aus finanziellen Gründen schliessen.

1749 besetzte Salis erstmals eine Amtsstelle im Gericht der Vier Dörfer, wo er später auch Landammann war. 1757-1759 amtierte er als Podestà in Tirano. 1761-1762 führte er die Gesandtschaft zur Erneuerung des Mailänder Kapitulats. Das Abkommen begünstigte die österreichische Verkehrspolitik und die im Veltlin begüterten Salis, führte aber zu verstärkter Opposition gegen deren Hausmachtpolitik. Die Interessen der Familie liessen sich im Tomilserhandel 1766 durchsetzen. 1768 erreichte Salis zur Irritation der etablierten französischen Parteigänger seine Ernennung zum französischen Geschäftsträger (meist "Minister" genannt) bei den Drei Bünden. 1771-1775 hintertrieb er gegen die österreichischen Interessen das Strassenprojekt Chiavenna-Nauders seines Hauptgegners Peter Conradin Constantin von Planta. Wohl auf Betreiben der Bündner Oppositionspartei, der reformerischen Patrioten, verlor er 1792 den Geschäftsträgerposten und auch die Kompanie, deren Inhaber er war. 1794 wurde er vor die Standesversammlung zitiert und nach seiner Flucht vom "Unparteiischen Gericht" als Vogelfreier verbannt. Der Anschluss des Veltlins an die Cisalpinischen Republik 1797 brachte ihm grosse Verluste. Von seinem Landgut Eckbühl bei Höngg aus agitierte er gegen die Patrioten und den Anschluss Bündens an die Helvetische Republik. Im September 1799 floh er nach St. Gallen und weiter nach Wien.

Salis war der einflussreichste Bündner in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Als Aufklärer im Sinne des aristokratischen Patriotismus leistete er Reformarbeit in Publizistik, Ökonomie und Erziehung. Neben dem hochfliegenden Idealismus stand seine Tätigkeit als Realpolitiker. Der virtuose Diplomat führte das Dritte Mailänder Kapitulat mit Österreich herbei, um kurz darauf dessen Einfluss mit der Hinwendung zu Frankreich einzudämmen. Gleichwertig daneben stand für ihn die Stärkung des Hauses Salis. Die in den 1760er Jahren entstehende Opposition gegen die "Familienherrschaft" konnte sich erst im Gefolge der revolutionären Ereignisse durchsetzen, die Salis ins österreichische Lager trieben.

Quellen und Literatur

  • Fragmente der Staats-Gesch. des Thals Veltlin und der Grafschaften Clefen und Worms, aus Urk., 4 Bde., 1792
  • Bildergallerie der Heimweh-Kranken, 3 Bde., 1798-1803 (3 1823-27)
  • A. Rufer, «Ulysses von Salis-Marschlins», in Das Ende des Freistaates der Drei Bünde, 1965, 1-23
  • Bedeutende Bündner aus fünf Jahrhunderten 1, 1970, 303-315
  • P. Metz, Ulysses von Salis-Marschlins, 2000
  • R. Theus Baldassarre, «Diplomatie und Aufklärung: Ulysses von Salis-Marschlins», in BM 2001, 8-33
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Zitiervorschlag

Jürg Simonett: "Salis, Ulysses von (Marschlins)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.03.2017. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016961/2017-03-13/, konsultiert am 28.03.2024.