de fr it

Niederwil (AG)

Polit. Gem. AG, Bez. Bremgarten. Die links der Reuss gelegene Gem. umfasst die Dörfer N. und, seit 1901, Nesselnbach sowie das ehem. Kloster Gnadental. 924 Wilare. 1837 617 Einw. (ohne Nesselnbach); 1850 689; 1888 484; 1900 500; 1920 808 (mit Nesselnbach); 1950 1'102; 2000 2'471.

An versch. Stellen fand man neolith. Steinbeilklingen, bei der Kirche röm. Mauern, in der Riedmatte ein röm. Münzdepot. Unbekannt sind die Fundumstände einer eisernen Lanzenspitze aus dem 7. Jh. Die hohe Gerichtsbarkeit besassen im Hoch- und SpätMA zunächst die Gf. von Lenzburg, nach deren Aussterben die Habsburger und ab 1415 die Eidgenossen. Die niedere Gerichtsbarkeit stand dem Kloster Schänis im Gaster zu. Dieses bezog als Patronatsherr auch den überwiegenden Teil des Zehnten, den Rest der Kirchherr von Göslikon. N. bildete zusammen mit Nesselnbach und Tägerig das Amt N. der Freien Ämter. Die erste Kirche wurde um 1000 erbaut und war dem hl. Martin geweiht (1045 erstmals erw., 1690-91 Neubau). Die Pfarrei N. umfasste den Grossteil von N., Nesselnbach, Tägerig (bis 1864) und einige Höfe von Wohlen (bis 1518); 1529-31 hing sie dem ref. Glauben an. In der frühen Neuzeit besass die Gem. kaum flüssiges Vermögen, konnte aber armen Bürgern Bünten (Pflanzplätze) zur Nutzung zuweisen. 1648 wurde eine Rosenkranzbruderschaft gegründet. Neben der Landwirtschaft bestand lokales Bedarfsgewerbe, und vom späten 18. Jh. an wurde auch Stroh geflochten. Eine Güterzusammenlegung erfolgte 1929-39. Zwischen 1939 und 1990 ist die Landwirtschaft von 62 auf 15 Haupterwerbsbetriebe geschrumpft. Im 20. Jh. begann die Ausbeutung von Kiesvorkommen. Als erstes Industrieunternehmen N.s entstand in der 2. Hälfte des 19. Jh. eine Rosshaarfabrik. Mit dem starken Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum nach 1950 nahm auch der Pendleranteil zu (2000 74% Wegpendler). 2005 bestanden, v.a. im 2. (26%) und 3. Sektor (64%), 870 Arbeitsplätze in der Gem. Heute prägen Klein- und Mittelbetriebe der Bau- und Maschinenindustrie sowie der 3. Sektor die Wirtschaft, und auch das Dorfbild hat durch neue Wohnquartiere einen rapiden Wandel erfahren.

Quellen und Literatur

  • U. Ender et al., N. im Freiamt, 1993
Von der Redaktion ergänzt

Zitiervorschlag

Felix Müller (Brugg): "Niederwil (AG)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 06.08.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001671/2009-08-06/, konsultiert am 19.03.2024.