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Bankette

"Der Lüge Prophet". Karikatur von Balthasar Anton Dunker (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich).
"Der Lüge Prophet". Karikatur von Balthasar Anton Dunker (Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich). […]

Bezeichnet seit dem 16. Jahrhundert das Wort Bankett grosse Gastmähler im Allgemeinen, so erhielt es im Umfeld der Französischen Revolution eine eminent politische Bedeutung: Anknüpfend an die Tradition der regelmässigen Festessen der lokalen Bogenschützen- und Musketen-Gesellschaften, vielleicht auch in Anlehnung an freimaurerischer Riten, fanden 1791 in der Waadt Bankette statt, die als politische Manifestationen zu Ehren der Französischen Revolution und als Demonstrationen gegen die bernische Herrschaft durchgeführt wurden. Der Jahrestag des Bastillesturms vom 14. Juli 1789, der in Frankreich mit Kommemorationen und Festessen gefeiert wurde, diente als direktes Vorbild. Nach vorbereitenden Versammlungen, vor allem im Juni 1791, fanden am 14. Juli auf dem Landsitz Les Jordils bei Lausanne und am folgenden Tag in Rolle grosse Bankette (Banquets révolutionnaires) statt, wo Mitglieder der örtlichen Honoratioren offen die Revolution hochleben liessen und sich zu deren Symbolen bekannten. Weitere Revolutionsbankette, die sich zu eigentlichen Volksfesten ausweiteten, folgten in Vevey, Yverdon, Bex und Moudon. Am 25. Juli verbot die Berner Regierung alle derartigen Festlichkeiten, verhaftete die vermeintlichen Führer und besetzte die Waadt militärisch. Am 30. September mussten Delegierte aller Städte formell Abbitte leisten. Der Bruch zwischen der bernischen Obrigkeit und der Waadt war damit besiegelt.

Als politische Demonstration konnte das Bankett auf eine lange Reihe von Vorbildern im Ancien Régime zurückgreifen: Neben den Zunft- und Staatsessen hatten auch die Festessen der Logen und Gesellschaften im 18. Jahrhundert ein reiches republikanisches Festritual ausgeprägt. Während der Helvetik wurde vielerorts die Ablegung des Bürgereids mit einem Bankett verbunden. Das gemeinsame Mahl sollte zum Symbol der Freiheit, der Gleichheit und der Brüderlichkeit werden.

In der schweizerischen Festkultur des 19. Jahrhunderts (Eidgenössische Feste) kam dem Bankett eine zentrale Bedeutung zu als ritualisierte Beschwörung der nationalen Einheit und der Demokratie. Reden, Toasts, Lieder und Darbietungen begleiteten die grossen Essen anlässlich der Vereins- und Jubiläumsfeste. Die riesigen Festhütten waren auf die Bedürfnisse solcher Bankette ausgerichtet, an denen bisweilen mehrere tausend Gäste teilnahmen. Wie während der Zweiten und Dritten Republik in Frankreich war in der Schweiz des 19. Jahrhunderts das Bankett eine wichtige Form der republikanischen Selbstdarstellung. Eine Versachlichung der Festkultur im 20. Jahrhundert, veränderte Ess- und Trinkgewohnheiten und eine völlig neue Medienlandschaft haben die politische Bedeutung der Bankette nach und nach in den Hintergrund treten lassen.

Quellen und Literatur

  • F. de Capitani, «Die Ideen der Franz. Revolution und die schweiz. Festkultur», in Jber. Schweiz. Akad. der Geisteswiss., 1989, 15-25
  • P. Chessex, «La campagne des banquets», in La Suisse et la Révolution Française, Ausstellungskat. Lausanne, 1989, 88, (gekürzte dt. Übers. 1989)
  • F. de Capitani et al., Das nationale Fest, 1991
Weblinks

Zitiervorschlag

François de Capitani: "Bankette", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.11.2002. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016322/2002-11-28/, konsultiert am 29.03.2024.