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Zirkel

Nach englischem Vorbild und durch französische Beispiele angeregt, entstanden im ausgehenden 18. Jahrhundert, insbesondere in Genf und in der französischsprachigen Schweiz, Zirkel und Klubs als eine eigenständige Form der männlichen Geselligkeit. Meist Besitzer einer Gaststätte, oder in enger Verbindung zu einem öffentlichen Gasthaus stehend, bildeten die Zirkel ein frühes Forum der politischen Diskussion und Meinungsbildung und förderten den Zusammenhalt gleichgesinnter Männer. Gemeinsames Merkmal all dieser Vereinigungen war ihr geschlossener Charakter. Nur Mitglieder und eingeführte Gäste hatten zu den Räumlichkeiten des Zirkels Zutritt.

Mitgliedskarte des Club des révolutionnaires du Consistoire, einer der vielen Klubs und eine der treibenden Kräfte der Genfer Revolution von 1792. Radierung auf Karton (Bibliothèque de Genève).
Mitgliedskarte des Club des révolutionnaires du Consistoire, einer der vielen Klubs und eine der treibenden Kräfte der Genfer Revolution von 1792. Radierung auf Karton (Bibliothèque de Genève).

Allein in Genf zählte man 1793 über 50 Klubs und Zirkel, die alle Schattierungen des politischen Spektrums abdeckten. In den Jahren der Revolution bildeten diese die eigentlichen Kernzellen der umstürzlerischen Ereignisse. Von grosser Bedeutung für die Verbreitung aufrührerischer Ideen während der ersten Revolutionsjahre in der Schweiz war der Club helvétique, eine Vereinigung revolutionär gesinnter Schweizer in Paris, die von Frankreich aus versuchte, das Gedankengut der Revolution durch Aufrufe und Pamphlete in die Schweiz zu tragen. Dem Genfer Muster gemäss entstanden auch in anderen Schweizer Städten gesellschaftliche Verbindungen, die aber infolge des Niedergangs der französischen Vorbilder nach 1795 nicht jene Bedeutung erlangten, die sie in der Genfer Revolution gespielt hatten. Im 19. Jahrhundert (insbesondere nach 1848) erlebten die Zirkel in der Westschweiz eine erneute Blüte. Neben Genf entstand vor allem in den neuenburgischen Städten eine ausgeprägte Zirkelkultur, die zum Teil bis ins 20. Jahrhundert tragender Bestandteil des öffentlichen und politischen Lebens war. Veränderte Formen der Geselligkeit, das Entstehen einer modernen Parteienlandschaft sowie neue Medien der politischen Meinungsbildung liessen diese Art von gesellschaftlicher Verknüpfung im 20. Jahrhundert in den Hintergrund treten.

Quellen und Literatur

  • A. Méautis, Le club helvétique de Paris (1790-1791) et la diffusion des idées révolutionnaires en Suisse, 1969
  • J.-B. Vuillème, Le temps des derniers cercles, 1987
  • E. Golay, Quand le peuple devint roi, 2001
Weblinks

Zitiervorschlag

François de Capitani: "Zirkel", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.06.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016321/2009-06-04/, konsultiert am 29.03.2024.