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BenjaminConstant

Porträt von Benjamin Constant. Lithografie von Delpech, um 1820 (Bibliothèque de Genève, Archives Nicolas Bouvier).
Porträt von Benjamin Constant. Lithografie von Delpech, um 1820 (Bibliothèque de Genève, Archives Nicolas Bouvier).

25.10.1767 Lausanne, 8.12.1830 Paris, reformiert, von Lausanne. Sohn des Louis-Arnold-Juste, Offiziers im Dienste der Niederlande, und der Henriette von Chandieu, die bei seiner Geburt starb. 1) 1789 Wilhelmine (Minna) von Cramm, Ehrendame der Herzöge von Braunschweig, 2) 1808 Charlotte von Hardenberg, geschieden, Nichte des Karl August, ersten Ministers des Königs von Preussen. Benjamin Constants Kindheit wurde von verschiedenen Erziehern und den Orten geprägt, an die er seinem Vater folgte.

Bereits mit zwölf Jahren schrieb er den Roman "Les Chevaliers", ab dem dreizehnten Lebensjahr besuchte er Universitäten in ganz Europa (1780 Oxford, 1782 Erlangen, 1785 Edinburgh); seine Ausbildung wirkte aber wenig stetig und zielgerichtet. 1787 traf er in Paris Isabelle de Charrière, welche seine Begabung erkannte und seine schriftstellerischen Versuche förderte. Um Beständigkeit in das Leben des launenhaften jungen Mannes zu bringen, fand sein Vater für ihn eine Stelle als Kammerherr am Hofe von Braunschweig. Doch nach dem anregenden Leben in Paris und der glücklichen Zeit in England langweilte sich Constant in Deutschland (1787-1794), zumal auch seine dort geschlossene erste Ehe unglücklich war und 1794 geschieden wurde. Der junge Demokrat, der die Revolution zunächst freudig begrüsst hatte, von der Schreckensherrschaft aber abgestossen wurde, ertrug das eintönige Leben am kleinen reaktionären Fürstenhof kaum. Aber er erlernte dort die deutsche Sprache, schloss Freundschaft mit Mirabeaus Freund Jacob Mauvillon und erwarb sich bei der Verteidigung seines Vaters vor der holländischen und bernischen Militärjustiz juristische Kenntnisse und argumentative Fähigkeiten, die ihm sein ganzes Leben lang zu Gute kommen sollten.

Im September 1794 traf er in Lausanne Germaine de Staël. Sogleich wurde er ein bedingungsloser Anhänger der Baronin, die er im Frühjahr 1795 nach Paris begleitete. Ihr Salon und ihre Beziehungen ermöglichten ihm während der Direktorialzeit den Einstieg in die hohe Politik, wobei er sich als geschickter Verteidiger der gemässigten Republikaner erwies. 1796 veröffentlichte er "De la force du gouvernement actuel et de la nécessité de s'y rallier", 1797 "Des réactions politiques et Des effets de la Terreur", 1798 "Des suites de la contre-révolution en Angleterre". Im gleichen Jahr übersetzte er William Godwins "An Enquiry concerning political justice". Neben seiner Tätigkeit als Propagandist und Pamphletist bekleidete er im nördlich von Paris gelegenen Luzarches, wo er ein Nationalgut, die ehemalige Abtei Hérivaux, erworben hatte, das Amt eines agent municipal.

Die Staatsstreiche des Direktoriums überzeugten Constant davon, dass die Verfassung des Jahres V von Grund auf umgearbeitet werden musste. Constant war auf der Seite der brumairiens, realisierte aber bald, dass der letzte dieser Staatsstreiche Napoleon mehr nutzte als der Republik. Als Mitglied des Tribunats versuchte er, das neue Regime auf einen Parlamentarismus nach englischem Vorbild zu verpflichten. Aber weder die Institutionen des Konsulats noch die durch zehn Jahre Krieg ermüdeten Franzosen waren dafür zu gewinnen, einem General Widerstand zu leisten, der als Retter des Staates betrachtet wurde. Constant und einige andere "Ideologen" wurden 1802 vom Tribunat ausgeschlossen. Für Constant begann nun eine schwierige Zeit. Er folgte zunächst Germaine de Staël ins Exil, heiratete aber nach langem Hin und Her 1808 Charlotte von Hardenberg, die er 1793 in Deutschland kennengelernt hatte. Trotz seiner Vermählung blieb Constant aber vorläufig noch bei Germaine de Staël; erst 1810 reiste er nach Deutschland ab. Diese für sein Gefühlsleben und für seine Ehe aufwühlenden Jahre fanden ihren Niederschlag in den Romanen "Cécile" und "Adolphe". Des weiteren verfasste er in dieser literarisch fruchtbaren Zeit seine Autobiografie "Ma Vie", die Tagebücher "Journaux intimes", die durch Schiller inspirierte Tragödie "Wallstein", die zwei politischen Traktate "Sur la possibilité d'une constitution républicaine" (1803) und "Principes de politiques" (1806) sowie viele Artikel und Buchbesprechungen. Daneben arbeitete er an einem Werk über die Religionen.

Nach der Völkerschlacht von Leipzig (1813) stürzte sich Constant erneut in den politischen Kampf. Er veröffentlichte "De l'esprit de conquête et de l'usurpation", ein Pamphlet, das auf den Fall Napoleons vorbereitete. 1814 kehrte Constant nach Paris zurück. Er hatte sich zunächst für Bernadotte als neuen französischen König eingesetzt, akzeptierte dann aber die von Ludwig XVIII. gegebene Verfassung. Da für ihn die Institutionen, welche die Freiheit sicherten, wichtiger waren als das Herrscherhaus, glaubte er, die Bourbonen unterstützen zu können, sofern sie nur die Verfassung respektierten. Während der Restaurationszeit versuchte er zu verhindern, dass die Ultra-Royalisten die Verfassung, das letzte Bollwerk gegen die Reaktion, antasteten. Deswegen schlug er sich während der Hundert Tage auf die Seite Napoleons. Dessen Versprechen, eine noch liberalere Verfassung zu geben als die von Ludwig XVIII. erlassene Charte, bewog ihn, für einen Mann zu arbeiten, den er bis anhin verabscheut hatte. Dieser Frontwechsel brachte Constant schwer in Verruf, doch Ludwig XVIII. verzieh ihm, sodass er nach zwei Jahren Abwesenheit (1815-1816) wieder nach Frankreich zurückkehren konnte.

Constant wurde nun der Vordenker des politischen Liberalismus. Durch seine Zeitungsartikel, seine rastlose Tätigkeit in der Abgeordnetenkammer (1819-1822, 1824-1830) sowie seine Veröffentlichungen ("Cours de politique constitutionnelle", "Mémoire sur les Cent-Jours", "Mélanges de politique et de littérature", "De la religion") übte er in Frankreich und auf die Freiheitsbewegungen aller europäischen Länder grossen Einfluss aus. Benjamin Constant erlebte noch die Thronbesteigung von Louis-Philippe und den Sieg des liberalen Bürgertums. Seine letzten Stellungnahmen in der Abgeordnetenkammer belegen jedoch, dass er auch dem Regime gegenüber, das er selbst herbeigewünscht hatte, kritisch blieb. Sein grosses Ansehen zeigte sich bei seiner Bestattung am 12. Dezember 1830, als eine riesige Menschenmenge seinen Sarg zum Friedhof Père Lachaise begleitete.

Quellen und Literatur

  • Œuvres complètes, 1993-
  • BCUL (Inst. Benjamin Constant)
  • Nationalbibliothek Paris
  • Annales Benjamin Constant, 1980-
  • B. Waridel et al., Bibliographie analytique des écrits sur Benjamin Constant, 1796-1980, 1980
  • E. Hofmann, Catalogue raisonné de l'œuvre manuscrite de Benjamin Constant, 1992
  • D. Verrey, Chronologie de la vie et de l'œuvre de Benjamin Constant 1-, 1992-
  • D. Wood, Benjamin Constant, a Biography, 1993
  • F. Vallotton, Bibliographie analytique des écrits sur Benjamin Constant, 1980-1995, 1996
Von der Redaktion ergänzt
  • Burnand, Léonard: Benjamin Constant, 2022.
Weblinks
Normdateien
GND
VIAF
Kurzinformationen
Variante(n)
Benjamin Constant de Rebecque
Familiäre Zugehörigkeit
Lebensdaten ∗︎ 25.10.1767 ✝︎ 8.12.1830

Zitiervorschlag

Etienne Hofmann: "Constant, Benjamin", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 10.08.2005, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016052/2005-08-10/, konsultiert am 12.04.2024.