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Domat/Ems

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Rhäzüns, Bezirk Imboden. Geschlossene Dorfsiedlung am rechten Ufer des Rheins in der einzigartigen Landschaft der Tumas (Hügel). 765 colonia de Amede. Seit 1943 offizieller Name Domat/Ems, früher deutsch Ems, romanisch Domat. 1850 1247 Einwohner; 1900 1504; 1941 1955; 1960 3469; 1970 5701; 1990 6442; 2000 6372.

"Ems & Felsberg, Canton Graubünden". Stahlstich von Georg Michael Kurz, erschienen in Der Rhein und die Rheinlande, Darmstadt 1847-1852 (Museum für Kommunikation, Bern).
"Ems & Felsberg, Canton Graubünden". Stahlstich von Georg Michael Kurz, erschienen in Der Rhein und die Rheinlande, Darmstadt 1847-1852 (Museum für Kommunikation, Bern).

Siedlungsreste bei der Tuma Casti stammen aus der Spätbronzezeit (ca. 11. Jh. v.Chr.). Im Mittelalter besassen die Klöster Pfäfers und Disentis, die Freiherren von Rhäzüns, Belmont, Wildenberg und das Churer Domkapitel grundherrlichen Streubesitz. Die vermutlich im 13. Jahrhundert errichtete Burg auf der danach benannten Tuma Casti befand sich als bischöfliches Lehen in den Händen der Belmont, gelangte mit dem Dorf Domat/Ems 1371 an die Montalt und Sax, 1380 an die Freiherren von Rhäzüns und geriet in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Verfall. Der mächtige Turm war um 1700 eingestürzt. 1255 siegte der Bischof von Chur bei Domat/Ems über eine rätische Adelskoalition. Zusammen mit den Nachbarschaften Rhäzüns, Bonaduz und Felsberg bildete Domat/Ems in der Herrschaft Rhäzüns die gleichnamige Gerichtsgemeinde im 1424 entstandenen Grauen Bund. Nach dem Aussterben der Herren von Rhäzüns um 1458 kam Domat/Ems an die Grafen von Zollern, 1497 an König Maximilian I. Die karolingische Kirche Sogn Pieder/St. Peter wurde um 800 auf einem Vorgängerbau des 7./8. Jahrhunderts an der Ostseite der Tuma Casti errichtet. In das 12. Jahrhundert datiert der Bau der Pfarrkirche Sogn Gion Baptista/St. Johann der Täufer auf der Tuma Turera. Der mächtige Wehrturm scheint von Anfang an in die Kirchenanlage einbezogen worden zu sein. Von einem Umbau der Kirche im spätgotischen Stil zu Beginn des 16. Jahrhunderts stammt der Flügelaltar mit wertvollen Schnitzarbeiten. Während der Reformation blieb Domat/Ems beim alten Glauben. 1739 wurde die neue Pfarrkirche Nossa Dunna d'Avuost/Mariä Himmelfahrt im Dorfkern eingeweiht, der Hauptaltar von Kaiser Karl VI. gestiftet. Das Dorf brannte 1776 fast ganz ab. 1800, 1870 und 1903 folgten weitere Dorfbrände. Am 3. Mai 1799 wurde der Oberländer Landsturm bei Domat/Ems von den Franzosen vernichtend geschlagen. 1815 ging die Herrschaft Rhäzüns und damit Domat/Ems 1819 an den Kanton Graubünden über. Erst 1942 trennten sich die Bürgergemeinde und die politische Gemeinde.

Erinnerungsmedaille des Graubündner kantonalen Schützenfests in Domat/Ems, 1928 (Rätisches Museum, Chur).
Erinnerungsmedaille des Graubündner kantonalen Schützenfests in Domat/Ems, 1928 (Rätisches Museum, Chur). […]

Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte die dreistufige Landwirtschaft mit Talbetrieb, Maiensäss und Alpen die Dorfökonomie. Neben der Alp Urtgicla am Dreibündenstein besitzt die Gemeinde seit 1469 die Alp Ranasca in Pigniu. Daneben werden in der Rheinebene Getreide, seit dem 19. Jahrhundert auch Kartoffeln angebaut. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts boten Solddienste vor allem für Spanien, das Königreich beider Sizilien, bis ins 18. Jahrhundert auch für Frankreich alternative Erwerbsquellen für jüngere Männer. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts trat die saisonale Beschäftigung in der europäischen, seit 1900 vermehrt in der schweizerischen Hotellerie in den Vordergrund. Die Schwabengängerei führte zudem ab ca. 1850 Kinder und Jugendliche als saisonale Arbeitskräfte nach Süddeutschland. Domat/Ems liegt an der 1896 eröffneten Bahnlinie Chur-Thusis und an der 1961 erbauten A13.

Die 1936 durch Werner Oswald gegründete Holzverzuckerungs-AG (Hovag) nahm 1941 mit Bundessubventionen die Produktion des sogenannten Emser Wassers (Treibstoffersatz) auf. 1956 lehnte das Schweizer Volk eine weitere finanzielle Unterstützung ab, wonach auf Kunstdünger- und Kunstfaser-Herstellung umgestellt wurde. Ab 1960 wurde unter dem Namen Emser Werke, ab 1981 unter der Bezeichnung Ems-Chemie AG produziert. Die Industrialisierung und der allgemeine Konjunkturaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten tief greifend: 1941 waren 20% der in Domat/Ems Erwerbstätigen im 1., 46% im 2. und 34% im 3. Sektor beschäftigt. 2000 dominierte der 2. Sektor mit knapp zwei Drittel der Beschäftigten. 53% Wegpendler. Die deutsche Sprache bedrängt das Rätoromanische: 1920 83% rätoromanisch, 2000 12%. Im Zeitraum 1920-2000 ist der katholische Bevölkerungsanteil von 96% auf knapp zwei Drittel zurückgegangen.

Quellen und Literatur

  • G. Federspiel, Emser Gesch., 3 Bde., 1938 (21960-61)
  • Kdm GR 3, 1940 (19752), 10-38
  • K. Jörger, Domat/Ems, 1962
  • L. Bühler et al., Domat/Ems, 2000
Weblinks
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Zitiervorschlag

Linus Bühler: "Domat/Ems", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.02.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001514/2007-02-21/, konsultiert am 28.03.2024.