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Andeer

Viehmarkt, 1926. Im Hintergrund das Hotel Fravi und die reformierte Pfarrkirche (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Wehrli).
Viehmarkt, 1926. Im Hintergrund das Hotel Fravi und die reformierte Pfarrkirche (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Wehrli).

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Schams, Bezirk Hinterrhein. Strassendorf am Hinterrhein, mit Bärenburg sowie seit 2009 mit Clugin und Pignia. 1208 Anders. 1803 402 Einwohner; 1850 591; 1880 601; 1900 499; 1950 631; 1960 988; 1980 582; 2000 669.

Andeer entspricht eventuell dem römischen Lapidaria. Eisen- und römerzeitliche Funde sowie frühgeschichtliche Gräber am Eingang zur Roflaschlucht sprechen gegen die früher postulierte Höhenumgehung. Die Entwicklung Andeers im früh besiedelten Schams fand ihre Grenzen in der grossen Wildwassergefahr (Hochwasser z.B. 1834, 1868). Mitte des 12. Jahrhunderts wird die Siedlung ad Bargone als Zentrum eines Hofs in Andeer genannt. Mitte des 13. Jahrhunderts belehnte das Bistum Chur die Freiherren von Vaz mit dem Grosshof. Die Herrschaftsrechte im Schams hatten nacheinander die Vazer, die Werdenberger und ab 1456 wieder Chur inne. 1458 kaufte sich das Tal aus.

Kirchlich gehörte Andeer zu St. Martin in Zillis. Eine vermutlich nach 700 errichtete Kapelle St. Stephan in der Roflaschlucht ist abgegangen. Die 1419 erwähnte Kapelle St. Michael erhielt 1480 eine Kuratkaplanei. Um 1530 reformiert, löste sich Andeer kirchlich 1601 vollständig von Zillis. Der Ausbau des Wegs durch die Viamala (1473) und die Eröffnung der Sust der Port Schams (1593) erhöhten den Anteil am Verkehr über Splügen- und San- Bernardinopass. Erz wurde bis ins 19. Jahrhundert abgebaut und verhüttet. Bis 1851 war Andeer eine Nachbarschaft der Gerichtsgemeinden Schams und bildete mit Pignia, Ausser- und Innerferrera ein kleines (Zivil-)Gericht. Neben Viehwirtschaft (1831 erste Viehversicherung des Kantons) boten der nach dem Bau der Fahrstrasse (1818-1823) erneute Verkehrsaufschwung und ab 1829 das Heilbad Erwerbsmöglichkeiten. Andeer löste im 19. Jahrhundert Zillis als Zentrum des Schams ab. Die Eröffnung der Gotthardbahn (1882) führte das Dorf durch den Verlust des Transitverkehrs in die Wirtschaftskrise. Im 20. Jahrhundert boten vor allem drei Granitsteinbrüche, die Zentrale der Kraftwerke Hinterrhein (1962), das 1982 neu erbaute Heilbad sowie Wander- und Badetourismus (1986 540 Fremdenbetten, wovon 46% in Zweitwohnungen) Arbeitsplätze (1990 54% im 3., 37% im 2. Sektor). Der rätoromanische Sprachanteil ist von ca. 80% (1860) auf 15% (1990) gesunken.

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 5, 1943 (19612​​​​​), 182-192
  • Gem. GR
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Zitiervorschlag

Jürg Simonett: "Andeer", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001501/2016-12-02/, konsultiert am 13.04.2024.