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Hettlingen

Politische Gemeinde des Kantons Zürich, Bezirk Winterthur, im Süden des Zürcher Weinlandes gelegen. 886 Hetelinga. 1467 ca. 205 Einwohner; 1634 274; 1836 493; 1850 489; 1900 462; 1910 428; 1950 597; 1970 1054; 2000 2383.

Im Baldisried wurden neolithische Siedlungsspuren, im Bereich der Kirche Reste eines römischen Gutshofs (Ende 2. Jh.) und einer frühmittelalterlichen Kapelle (um 700) sowie alemannische Gräber entdeckt. Um 900 waren das Kloster St. Gallen, im Hochmittelalter die Kyburger, ab 1264 die Habsburger die wichtigsten Grundherren. Die beim Dorf gelegene Wasserburg war Sitz der 1223 erwähnten Herren von Hettlingen, eines kyburgisch-habsburgischen Ministerialengeschlechts. Um 1400 kam sie in den Besitz der Winterthurer Familie Hoppler, über die wahrscheinlich das Niedergericht an die Stadt Winterthur gelangte. Mit der Grafschaft Kyburg kam Hettlingen 1424 und definitiv 1452 an die Stadt Zürich. Der Streit um die Hochgerichtsbarkeit zwischen Zürich und Winterthur wurde 1536 zugunsten Winterthurs entschieden. In der frühen Neuzeit war Hettlingen eine Winterthurer Obervogtei. Die Gemeindebildung setzte bereits im 15. bis 16. Jahrhundert ein (1522 Einzugsbrief, 1538 Offnung). 1798 wurde Hettlingen eine politische Gemeinde im Distrikt Andelfingen, 1803 erfolgte die Zuteilung zum Bezirk Winterthur.

Die aus dem Frühmittelalter stammende, 1369/1370 erstmals erwähnte Kapelle in Hettlingen war eine dem heiligen Nikolaus geweihte Filiale Neftenbachs. 1522 wurde eine neue Kirche in spätgotischem Stil gebaut. Nach der Reformation erfolgte die Ablösung von Neftenbach (1544-1582). Kollatoren waren Zürich und bis 1811 das Kloster Paradies. Wichtige Gewerbebetriebe im Dorf, das von Acker- und Weinbau geprägt war, bildeten die ehafte Taverne (1472 erwähnt) und die Eichmühle (1386 erwähnt), ursprünglich ein Lehen der Abtei Reichenau. Die dazu gehörende Hanfreibe ist als einzige ihrer Art im Kanton Zürich erhalten geblieben. Weder mit der 1834-1835 neu angelegten Landstrasse Winterthur-Schaffhausen noch mit dem Bahnanschluss 1857 wurde Hettlingen industrialisiert. Die Gemeinde blieb bis weit ins 20. Jahrhundert bäuerlich geprägt, auch wenn Winterthurer Industriebetriebe vermehrt Arbeiter aus Hettlingen beschäftigten. 1919-1920 wurde der sumpfige südwestliche Teil der Gemeinde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Winterthurer Firmen trocken gelegt und teilweise an Arbeiter verpachtet. 1921-1922 liess die Genossenschaft Siedlungswerk Hettlingen im Drainagegebiet nach einer Güterzusammenlegung erste Aussiedlerhöfe erstellen. Ab den 1950er Jahren entwickelte sich Hettlingen mit massvollem Wachstum zum beliebten Vorort Winterthurs. Westlich und östlich des gut erhaltenen Dorfkerns entstanden Einfamilienhausquartiere und beim Bahnhof in den 1980er Jahren eine Gewerbezone. 1971 erfolgte der Anschluss an die Postautolinie Winterthur-Flaach. Die verkehrsreiche Verbindungsstrasse zwischen A1 und A4, die das Dorf entzweigeschnitten hatte, wurde nach der Fertigstellung der A4 1996 im Ortsbereich aufgehoben, was einen weiteren Bauschub zur Folge hatte.

Quellen und Literatur

  • H. Kläui et al., Gesch. der Gem. Hettlingen, 1985
  • Kdm ZH 8, 1986, 118-144
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Ueli Müller: "Hettlingen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.12.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000148/2007-12-13/, konsultiert am 28.03.2024.