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Vals

Politische Gemeinde des Kantons Graubünden, Kreis Lugnez, Bezirk Surselva. Dorfsiedlung (1252 m) am Valserrhein, mit Leis (1526 m) und seit 2015 mit St. Martin. Mitte 12. Jahrhundert in Valle, romanisch Val, französisch früher St-Pierre. 1658 800 Einwohner; 1850 761; 1900 736; 1950 943; 1970 1037; 2000 885.

Fronleichnamsprozession auf dem Vorplatz der Dorfkirche. Fotografie von Rudolf Zinggeler, 1911 (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Zinggeler).
Fronleichnamsprozession auf dem Vorplatz der Dorfkirche. Fotografie von Rudolf Zinggeler, 1911 (Schweizerische Nationalbibliothek, Eidgenössisches Archiv für Denkmalpflege, Sammlung Zinggeler).

Funde aus der Bronzezeit wurden im Umfeld der Therme und am Tomülpass, solche aus der Eisenzeit am Aufstieg zum Valserberg gemacht. Im 11. und 12. Jahrhundert wurde das Valsertal von Romanen extensiv genutzt. Um 1290 bestanden im Talgrund vier bis sieben Höfe mit Viehzucht (v.a. Schafe). Nach 1300 rodeten deutschsprachige Walser aus dem Rheinwald und vielleicht aus dem Val Blenio auch die Seitentäler. Die Siedler in Zervreila waren vielleicht italienischsprachige Kolonisten von Blenio. Die Walser wurden in ihrer Expansion talauswärts erst 1457 durch das Bodenverkaufs- und Heiratsverbot der Lugnezer gebremst. Die Leute von Blenio bestiessen bis Ende des 19. Jahrhunderts über den Passo di Soreda zwei Alpen im oberen Tal.

Der Churer Bischof war seit dem Hochmittelalter wichtigster Grundbesitzer und Inhaber der Hoheitsrechte, die er den Freiherren von Belmont und später den Grafen von Sax-Misox als Lehen überliess. Vals gehörte zur Lugnezer Talkirche Pleif (Gemeinde Lumnezia); vor 1345 wurde eine eigene Pfarrpfründe gestiftet, ein Leutpriester wird 1520 erwähnt. Das Patrozinium St. Peter der Kirche am Platz ist 1451 bezeugt (deshalb wird das Tal gelegentlich auch als St. Peterstal bzw. romanisch als Val Sogn Pieder bezeichnet). Der Neubau St. Peter und Paul datiert von 1643, die Wallfahrtskapelle St. Maria in Camp von 1692; weitere Kapellen enstanden in den Aussensiedlungen. Der Beitritt zum Oberen Bund erfolgte 1395, der Auskauf der bischöflichen Hoheitsrechte 1538. Die Gerichtsgemeinde Vals besass ein eigenes Zivilgericht samt Ammann, für die Kriminalgerichtsbarkeit vereinigte es sich mit dem Lugnez zum gleichnamigen Hochgericht. Vals setzte sich aus den vier Nachbarschaften zur Kirche, Camp mit Soladüra, Valé mit dem Peiltal sowie Leis mit Zervreila zusammen.

Viehzucht wie Ackerbau wurden in Einzelhofwirtschaft betrieben. Die Einzelsennerei blieb bis ins 20. Jahrhundert üblich. Aussenkontakte (Welschlandhandel, bescheidener Export von Handelswaren mittels Träger über den Valserberg) bestanden vor allem ins Rheinwald und zu den südlich von Splügen und San Bernardino gelegenen Märkten. Die exponiertesten Dauersiedlungen in Zervreila und im Peiltal wurden ab dem 17. oder 18. Jahrhundert Maiensässe. Gut bezeugt ist die saisonale Wanderung von Erntearbeitern ins Rheinwald sowie die Schwabengängerei vieler Kinder nach Süddeutschland.

Die Hochwasser- und Lawinengefahr in Vals ist gross. Erst nach der Anlage der Fahrstrasse von Ilanz her (1878-1879) orientierte sich die Gemeinde nach Norden. 1893 wurden das Kurhaus und die Badeanstalt eröffnet (ein Bad ist allerdings schon 1732 bezeugt), 1970 ein neues Kurzentrum. 1951-1958 erfolgte der Bau der Zervreilakraftwerke. Seit 1961 wird das Valserwasser vertrieben. Skilifte bestehen seit 1964. Vals als grösste und einzige deutschsprachige Gemeinde im Kreis Lugnez ist seit 1988 im Turnus Landsgemeindeort. Das wirtschaftliche Rückgrat der Gemeinde bildet der Tourismus (2002 1093 Gästebetten); das 1996 in Betrieb genommene neue Thermalbad, ein architektonisches Meisterwerk von Peter Zumthor, machte Vals weltberühmt.

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 4, 1942 (19752), 220-242
  • M. Bundi, Zur Besiedlungs- und Wirtschaftsgesch. Graubündens im MA, 1982, 315-329
Weblinks
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Zitiervorschlag

Jürg Simonett: "Vals", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.12.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001461/2016-12-09/, konsultiert am 19.03.2024.