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AugusteForel

Auguste Forel mit seiner Insektensammlung, um 1908 (Archiv für Medizingeschichte der Universität Zürich).
Auguste Forel mit seiner Insektensammlung, um 1908 (Archiv für Medizingeschichte der Universität Zürich).

1.9.1848 Morges, 27.7.1931 Yvorne, reformiert, später Bahai, von Morges. Sohn des Victor, Geometers, später Landwirts, und der Pauline geborene Morin, aus den Cevennen. Cousin des François-Alphonse (->). Schwager des Edouard Frédéric Bugnion. 1883 Emma Steinheil, Tochter des Eduard, Ingenieurs, Optikers und Entomologen. Matura in Lausanne, Medizinstudium in Zürich. Seine Dissertation verfasste Forel 1871 beim Hirnanatomen Theodor Meynert in Wien über den Thalamus opticus. Schon als Kind betrieb Forel Ameisenforschung. 1869 erschien seine erste Arbeit über die versteckten Raubmördersitten der Ameise Solenopsis fugax. 1872 erhielt er für "Die Ameisen in der Schweiz" den Schläfli-Preis der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. 1873 ging er an die von Bernhard von Gudden – dem Arzt Ludwigs II. von Bayern – geleitete Kreisirrenanstalt nach München, wo er sich auch als Hirnanatom betätigte. Mit Hilfe der Gudden'schen Exstirpationsmethode untersuchte Forel den Bahnverlauf von Hirnnerven. 1876 habilitierte er sich in München mit einer Schrift über die Hauben-Region des Mittelhirns. 1879 wurde Forel zum Sekundärarzt der Irrenanstalt Burghölzli in Zürich ernannt; noch im selben Jahr übernahm er deren Leitung und wurde zum Ordinarius für Psychiatrie gewählt.

Überzeugt durch einen Angehörigen des Blauen Kreuzes, Jakob Bosshardt, wurde Forel 1886 abstinent und ein nimmermüder Kämpfer gegen den Alkohol. 1888 gründete er die Trinkerheilstätte Ellikon an der Thur, heute Forel-Klinik, als deren Hausvater er Bosshardt einsetzte. Trotz Vorbehalt gegenüber allem Religiösen wurde Forel 1892 zum Gründer der ersten Guttempler-Loge der Schweiz. Ab 1886 entwickelte er eine ungeheure Schaffenskraft. Neben seinen Ameisenforschungen, die er zeitlebens betrieb, entwarf er die Hypothese der Blastophthorie (Keimverderbnis). Darunter verstand Forel krankhafte Veränderungen des Protoplasmas von Spermatozoen durch Alkohol und daraus resultierende Krankheiten und Missbildungen, die dann über Generationen vererbt würden. Sodann beanspruchte Forel zu Recht, 1886 gleichzeitig, aber unabhängig von Wilhelm His (1831-1904) die Neuronentheorie konzipiert zu haben. Forel missgönnte dem späteren Nobelpreisträger (1906) Santiago Ramón y Cajal zeitlebens den Erfolg, obwohl dieser 1889 Forels blosse Vermutung betreffend der Neuronentheorie tatsächlich beweisen konnte. 1887 erlernte Forel die Technik der Hypnose. 1888 setzte er sich erfolgreich dafür ein, dass Psychiatrie medizinisches Prüfungsfach wurde. 1894 erarbeitete Forel einen Entwurf für ein (nicht verwirklichtes) schweizerisches Irrengesetz, der sich nachhaltig auf einige kantonale Gesetzgebungen auswirkte; insbesondere die Psychiatrie-Gesetzgebung des Kantons Waadt nahm seine Gedanken der Rassenhygiene auf und schreckte auch vor der Zwangs-Sterilisation nicht zurück (1928). Forel selber plädierte in gewissen Fällen von psychischer Krankheit gar für die Euthanasie. 1896 wurde Forel von der Universität Zürich zum Dr. phil. h.c. ernannt.

1898 quittierte Forel seinen Dienst im Burghölzli und an der Universität, um "Apostel der Wahrheit" zu werden. Er setzte sich in der Folge gegen den Alkoholismus und für die soziale Frage, die Psychiatrie, das Strafrecht, die Wissenschaften sowie neu für den Pazifismus ein. 1905 erschien die vielfach neu aufgelegte "Sexuelle Frage", die nicht nur ein allgemein verständliches Aufklärungsbuch sein sollte, sondern auch eine Kampfschrift gegen die Prostitution, gegen die Unterdrückung der Frau und für das Frauenstimmrecht. Weder der Tod seiner jüngsten Tochter Cécile 1906 noch ein Hirnschlag 1912 konnten die Schaffenskraft und den expansiven Geist Auguste Forels eindämmen. 1916 wurde Forel Sozialist; er hatte Esperanto gelernt, setzte sich für den Völkerbund ein und trat der weltumfassenden Bahai-Religion bei. In seinem Testament verpflichtete er seine Kinder, das Glück, das Wohlbefinden und die Moral der Menschheit mittels Individual- und Rassenhygiene (u.a. Zuchtwahl) zu fördern.

Quellen und Literatur

  • «Auguste Forel», in Die Medizin der Gegenwart in Selbstdarstellungen, hg. von L.R. Grote, Bd. 6, 1927 (mit Werkverz.)
  • Rückblick auf mein Leben, 1935
  • H.H. Walser, August Forel, Briefe-Correspondance, 1968
  • R. Meier, August Forel 1848-1931, 1986
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Zitiervorschlag

Vera Koelbing-Waldis: "Forel, Auguste", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.12.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014365/2005-12-08/, konsultiert am 29.03.2024.