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Banken

Trotz dem in der aristotelischen Ethik angelegten und im kanonischen Recht verankerten Zinsverbot (Wucher) gab es bereits in der Antike wie auch im Mittelalter Geschäftsleute und Bankiers (z.B. Kaiser Vespasians Vater bei den Helvetiern), die Geld wechselten und gegen Pfand oder Zins verliehen. Ab dem 12. Jahrhundert begannen italienische Geschäftsleute, den zu den Messen fahrenden Kaufleuten im grösseren Umfang Geld zur Verfügung zu stellen, das bei Messeende zurückzuzahlen war. Diese reisenden Kaufleute und Geldverleiher entwickelten sich im Spätmittelalter zu sesshaften Bankiers, die dank neuer Geschäftstechniken (Wechselbriefe, doppelte Buchführung) Fernhandel- und Wechselgeschäft systematisch miteinander kombinierten und auch viele Fürstenhäuser mit erheblichen Summen finanzierten.

Die Entstehung der öffentlichen Banken (15. Jahrhundert)

Das Bankenwesen in der Schweiz entwickelte sich mit der zunehmenden Geldwirtschaft in den aufblühenden Städten des Spätmittelalters, zunächst beherrscht von Lombarden, Kawertschen und Juden. Vom ausgehenden 14. Jahrhundert an verzichteten die Stadtrepubliken jedoch nach und nach auf deren Dienste. Einige Städte – wie etwa Luzern 1383 und Zürich 1419 – richteten, meist auf befristete Zeit, amtliche Wechselstuben ein, die sogenannten Stadtwechsel. Andere wiederum begnügten sich mit der Einrichtung einer dem Seckelamt angeschlossenen Verwaltungsstelle. Die vom Rat ernannten amtlichen Wechsler (Goldschmiede, Münzmeister) kontrollierten das umlaufende Geld, wechselten verschiedene Währungen und vergaben Kredite. Der Gewinn ging zu gleichen Teilen an Stadt und Wechsler.

Im 15. Jahrhundert zeichnete sich in der Schweiz wie im übrigen Europa eine Tendenz zur Kommunalisierung der Banken ab. Eine wachsende Verflechtung zwischen den Städten in der Schweiz und in benachbarten Regionen förderte das wechselseitige Darlehens- und Anleihengeschäft. Das Kapitalangebot nahm insgesamt zu, umso mehr, als es die Bürger zu Wohlstand gebracht hatten (Kapitalmarkt). Gleichzeitig vollzog sich ein entscheidender struktureller Umbruch beim Bodenkredit (Grundpfandrecht). Die bis anhin «ewige» grundpfandgesicherte Rente wurde ablösbar und damit einem langfristigen Darlehen vergleichbar. Dadurch näherten sich die hohen Zinsen (33-43%) der kurz- und mittelfristigen Kredite bei Juden oder Lombarden und die tiefen Zinssätze (bereits 1380 meist bei 8%) der langfristigen Hypothekardarlehen allmählich einander an. Das Kleinkreditgeschäft gegen Pfand büsste für die Bankiers an Attraktivität ein, blieb aber aufgrund seiner gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung ein lokales oder regionales Betätigungsfeld der Stadtwechsel und Seckelämter.

Der internationale Zahlungsverkehr (z.B. der Apostolischen Kammern in Rom bzw. Avignon) blieb den italienischen Privatbankiers, insbesondere aus Florenz oder Lucca, vorbehalten. Diese hatten im 14. Jahrhundert die Messestadt Genf, die 1420-1464 eine Blütezeit erlebte, in ihr europäisches Netz eingeflochten. Einige italienische Häuser, namentlich die de Medici, unterhielten 1431-1438, während des Basler Konzils, Niederlassungen in Basel. Die Auflösung des Konzils und der Aufstieg von Lyon zum neuen Messezentrum bewog sie, zuerst Basel und später auch Genf aufzugeben. Dies beeinträchtigte jedoch die Entwicklung der lokal und regional tätigen Bankhäuser in den vielen Schweizer Städten nicht, ebenso wenig das internationale Geschäft der Basler und St. Galler Kaufleute, die für den Umlauf ihrer Wechsel über ein eigenes, gut ausgebautes Netz verfügten.

Der Basler Stadtwechsel (16. Jahrhundert)

Einer der ehemaligen Stadtwechsel, der in Dokumenten des 15. Jahrhunderts erwähnte Basler Stadtwechsel, wurde 1504 zur Staatsbank. Er war im 16. und 17. Jahrhundert die bedeutendste öffentliche Bank der Schweiz. Die Geschäftsform – man inspirierte sich am Stadtwechsel von Strassburg – entsprach der einer einfachen Kommanditgesellschaft mit Kapitalbeteiligung des bzw. der Wechsler (als Erste werden Andreas Bischoff und Heinrich David genannt) und der Obrigkeit, sowie alljährlich paritätischer Gewinnausschüttung. Die Wechsler gehörten der Zunft der Hausgenossen an und waren in den ersten Jahrzehnten meist auch Münzmeister. Mehrmals wurde der Basler Stadtwechsel vertraglich neu definiert, insbesondere im Zusammenhang mit der Erweiterung seiner Kompetenzen beim schrittweisen Wandel zu einer Universalbank. Sein Hauptgeschäft bestand im Geldwechsel. Als eigentliche Zentralbank besass er das Monopol, neues Geld in Umlauf zu setzen, schlechte Münzen zum Einschmelzen aus dem Verkehr zu ziehen sowie Gold- und Silberbarren zu kaufen und zu verkaufen. Dieses Grundgeschäft wurde ergänzt durch die gesamte Dienstleistungspalette, die eine frühneuzeitliche Bank zu bieten hatte. Als Depositenbank kam ihm die Staatsgarantie zugute. Der Stadtwechsel vergab Darlehen an Kaufleute, Spediteure, Handwerker, Adlige, Kirchen und Klöster, Städte in der Schweiz und in Deutschland. Anfänglich wurden die Kredite gegen Pfand gewährt, ab 1533 auch gegen Bürgschaften, Obligationen, Hypotheken und Wechsel, mit individuell festgesetzten Laufzeiten. Zudem tätigte der Basler Stadtwechsel Überweisungen im Auftrag der öffentlichen Hand, von Kaufleuten und Handwerkern. Fällige Zahlungen wurden hier beglichen. 1574 kam die Vermögensverwaltung hinzu, 1608 die Verwaltung der Konkursmassen in Basel.

Als Vermittler öffentlicher Anleihen wirkte der Basler Stadtwechsel weit über den Raum Basel hinaus. Von Anfang an und bis ins 17. Jahrhundert hinein emittierte er Anleihen für zahlreiche Städte, den niederen Landadel, die Markgrafen von Baden, die Herzöge von Savoyen, Württemberg und Orléans-Longueville, für die französischen Könige – von Franz I. bis Heinrich IV. – und über die vorderösterreichischen Ensisheimer Regierung für den Kaiser. Dem einzigen Emissionsinstitut im Gebiet der Schweiz flossen aus einem Umkreis von mindestens 150 km Anlagevermögen von Privaten und Klöstern zu. Seine zur Zeichnung aufgelegten Anleihen waren vorgefertigte Schuldverschreibungen, auf denen der Bankier einzig den Namen des Zeichners, die Summe sowie den Zinssatz und das Verfalldatum einzutragen hatte. Die Anleihen konnten gezeichnet werden, bis der Gesamtbetrag erreicht war. Die Jahreszinsen wurden den Kunden ausbezahlt, die Anleihen bei Fälligkeit abgelöst. Mit derartigen Neuerungen, die jenen der als grand parti bezeichneten Bankiers des Messe- und Finanzplatzes Lyon (1555) um Jahre vorausgingen, überwand der Basler Stadtwechsel die im 15. Jahrhundert von den Italienern eingeführte, komplizierte Ausgabetechnik. Kapitaltransfers wurden mittels Wechseln oder Schuldbriefen über ein internationales Netz von Händlern und Privatbankiers aus Basel, St. Gallen und Genf getätigt. Zukunftsweisend war überdies, dass der Stadtwechsel auch ausserhalb der Messezeiten fällige Wechsel diskontierte und einlöste. Die blühende Basler Staatsbank erzielte Gewinne, die bis zu 12% des regulären Staatshaushalts ausmachten. 1567 diente sie als Vorbild bei der Gründung einer Genfer Staatsbank, die mangels Erfolg allerdings bereits 1581 liquidiert wurde.

Die ersten Privatbanken (17.-18. Jahrhundert)

Stärker noch als im 16. Jahrhundert verlief die Entwicklung der Banken in der Schweiz im 17. und 18. Jahrhundert anders als im übrigen Europa. Der Kapitalmarkt funktionierte nicht wie in den grossen Königreichen, in denen die anhaltende Staatsverschuldung das Bankgewerbe begünstigte. Chronische Überschuldung des öffentlichen Haushalts kannten die eidgenössischen Stadtrepubliken (Luzern bereits von Beginn des 16. Jahrhunderts an) und ihre Verbündeten nicht mehr. Genf, das dank der Chambre des blés, einer Art von halbstaatlichem Finanz- und Kreditinstitut, seine Finanzen aufzubessern vermochte, erreichte erst Mitte des 17. Jahrhunderts einen vergleichbaren Stand.

Porträt des Isaac Thellusson. Stich, um 1740 (Bibliothèque de Genève).
Porträt des Isaac Thellusson. Stich, um 1740 (Bibliothèque de Genève). […]

Zudem führten fremde Dienste, Protoindustrialisierung und Handel zu enormen Anhäufungen von privaten und öffentlichen Geldern, die der Binnenmarkt nicht zu absorbieren vermochte und die somit ins Ausland abflossen. Die Anlagetätigkeit im Ausland verlangsamte sich während des Dreissigjährigen Kriegs, legte aber nach 1648 stark zu. Mehr und mehr, vor allem ab dem 18. Jahrhundert, übernahmen Handelsbankiers dieses Geschäft. In Genf waren es die d'Aubert, Boissier, Fatio, Lullin, Mallet, Rigot, Rilliet, De la Rue, Sellon und Thellusson, in St. Gallen die Högger, Schlumpf, Zili und Zollikofer, in Zürich die Meyer, Escher, von Muralt und Orelli, in Bern die Malacrida, Marcuard, Müller, Hunziker und Gruner, in Basel die Battier, Burckhardt, Heusler, Leissler, Merian, Mitz, Ochs und Sarasin, in Neuenburg die de Pury, de Rougemont, Perregaux und Cartier und in Lausanne die Grand, Silvestre, Panchaud und Delessert. Bereits um 1700 verlegten sich einige unter ihnen ausschliesslich auf das Bankgeschäft, das sie allein oder mit ein bis zwei Partnern betrieben. Sie unterhielten in den wichtigsten europäischen Städten familiäre, freundschaftliche und geschäftliche Beziehungen und hatten Zugang zu den Regierungen, was ihnen ermöglichte, am internationalen Zahlungsverkehr teilzuhaben und öffentliche Gelder aus der Schweiz im Ausland zu platzieren, vorzugsweise in Staatsobligationen in Österreich, Deutschland, Savoyen, Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, Schweden, England und den Vereinigten Staaten. Die Bankiers boten ihrer Privatkundschaft äusserst vielfältige Anlagemöglichkeiten, zum Beispiel Investitionen in Renten oder in halbstaatliche Industrie-, Handels-, Schiffbau-Unternehmen und Banken. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren etwa vierzig Schweizer Privatbankiers in Frankreich tätig, unter ihnen der Waadtländer Isaac Panchaud, Initiant und Verwaltungsrat der Caisse d'escompte (1776-1793), Jean-Frédéric Perregaux, Mitbegründer und erster Präsident der 1800 gegründeten Banque de France, sowie Benjamin Delessert, deren Direktor. Vergleichbare Karrieren machten die Brüder Ochs als Bankiers des österreichischen Hofs in Wien und Pierre-Isaac Thellusson, Direktor der Bank of England in London.

In der Schweiz teilten die Staatsbanken das Schicksal des 1744-1746 liquidierten Basler Stadtwechsels: Sie verloren zusehends an Bedeutung und mussten sich mit dem lokalen Kleinkreditgeschäft, insbesondere mit Pfandkrediten, begnügen. Hier bestand nach wie vor Bedarf, was zu Neugründungen von staatlichen Banken führte. 1752 wurde in St. Gallen die Obrigkeitliche Leinwatcassa eröffnet, die den um 1700 in eine Strukturkrise geratenen Tuchfabrikanten kurz- und mittelfristige Kredite gegen Hinterlegung von Leinenballen gewährte. 1788 folgte ein vergleichbares Institut für den Baumwollsektor, die Mousseline- und Baumwolltuchcassa; 1800 fusionierten beide Kassen. In Zürich kam es 1755 auf Initiative von Privatbankiers zur Gründung der vorerst staatlichen Bank Leu, deren Aufgabe darin bestand, die Kaufkraft aufzufangen, die man als zu stark und inflationär wirkend erachtete. Mit der Ausgabe von Kassenscheinen, mittels deren die Bank Leu das Kapital im Ausland anlegen sollte, hoffte man den Zinszerfall und die Preiserhöhung auf Gütern des täglichen Bedarfs stoppen zu können.

Sparkassen und erste Kantonalbanken (19. Jahrhundert)

Während in Luzern die erste Privatbank, die Falcini Jünger & Cie., erst 1798 ihren Betrieb aufnahm, hatte in Bern mit der Gründung der Dienstenzinscassa bereits 1787 das Zeitalter der Spar- und Leihkassen eingesetzt. Genf folgte 1789, Basel 1792 und Zürich 1805. Bis 1840 entstanden 132 Sparkassen, zuerst in den Städten, ab 1815 auch auf dem Land, davon 106 in den industrialisierten Gebieten der Kantone Aargau, Bern, Zürich, Appenzell Ausserrhoden und Waadt. Die Depression der 1840er Jahre nahm dieser Gründungswelle vorübergehend den Schwung.

Der Wandel des Binnen- und Aussenhandels, der in einigen Kantonen während der Regeneration eingesetzt hatte, kurbelte die Nachfrage nach Zahlungsmitteln und Geschäftskrediten an, was zu einer Geldverknappung führte. Liberale und radikale Industrielle wie Kaufleute setzten sich in ihren Kantonen für die Gründung zentraler Diskontbanken ein. So entstanden erste Kantonalbanken, 1834 jene von Bern, 1837 die Bank in Zürich sowie die Bank in St. Gallen, 1844/1845 die Bank in Basel und 1845 die Kantonalbank der Waadt. Der wirtschaftliche Zusammenschluss des Landes 1848 dämpfte deren Erfolg. Ende 1850 waren in der Schweiz neben etlichen, meist alteingesessenen Privatbanken die Bank Leu, fünf Kantonal-, drei Hypothekar-, zwölf Lokalbanken und 150 Sparkassen tätig.

Das Bankensystem nach 1850

Mit dem Aufkommen der Grossbanken in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm das Schweizer Bankensystem seine moderne Gestalt an. Der Crédit Mobilier in Frankreich diente als Vorbild für die neu gegründeten Geschäftsbanken, die zur Finanzierung des Eisenbahnbaus und der wachsenden Grossindustrie auf einheimische Anleger ausgerichtet waren (Finanzierungsgesellschaften). Als Erste wurde in Genf 1853 die Banque Générale Suisse gegründet (1869 liquidiert). 1856 folgte die Schweizerische Kreditanstalt (SKA) in Zürich, 1862 die Bank in Winterthur (die 1912 mit der Toggenburger Bank zur Schweizerischen Bankgesellschaft fusionierte) und die Basler Handelsbank, 1863 die Eidgenössische Bank und 1869 die Schweizerische Volksbank (SVB) in Bern und schliesslich 1872 der Basler Bankverein, aus dem nach mehreren Fusionen 1898 der Schweizerische Bankverein (SBV) hervorging.

Die 1860er Jahre wurden zudem von einer zweiten Gründungswelle von Kantonalbanken geprägt. Gegen Ende des Jahrzehnts begann die demokratische Bewegung, welche den Kapitalmarkt von der Bevormundung durch das Grosskapital zu befreien trachtete, diese Entwicklung zu begünstigen. Wichtigster Erfolg dieser Kampagne war 1870 die Gründung der Zürcher Kantonalbank, die sehr rasch zu einer der stärksten Banken in der Schweiz heranwuchs. 1860-1880 entstanden zudem zahlreiche lokale Kreditinstitute, die nach dem Motto «Volksbank gegen Herrenbank» auf die Bedürfnisse des Handwerks und des Mittelstands überhaupt zugeschnitten waren.

Eine Zentralbank, letztes noch fehlendes Element im schweizerischen Bankensystem, erhielt 1905 eine gesetzliche Grundlage und wurde 1907 als Schweizerische Nationalbank (SNB) gegründet. Im Lauf des 20. Jahrhunderts ergänzten zwei neue Banktypen das inländische System: Finanzgesellschaften und Auslandsbanken. Erstere entstanden ab den 1890er Jahren auf Initiative der Grossbanken, meist zur Finanzierung der Elektrizitätswirtschaft im In- und Ausland. Ausländische Banken liessen sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur zögernd in der Schweiz nieder: 1872 eröffnete die Banque de Paris et des Pays Bas eine Niederlassung, 1872 der Crédit lyonnais. In den 1920er Jahren folgten die Lloyds Bank, die Barclays Bank und die American Express Bank. Die grosse Masse der ausländischen Banken liess sich jedoch erst nach 1945 in der Schweiz nieder.

Die Bankenstatistik unterscheidet verschiedene Typen von Banken, von der Grossbank bis zu den Raiffeisenkassen. Die Kategorien sind nicht gemäss funktionalen Kriterien gebildet, da sich Schweizer Banken durch grosse Flexibilität und eine Tendenz zur Universalbank auszeichnen. So gewähren beispielsweise sämtliche Banken Hypothekardarlehen, allerdings in unterschiedlichem Umfang. 1950 machte diese Sparte lediglich 6% der Aktiven bei den Grossbanken aus, gegenüber 70% bei den Sparkassen und 59% bei den Kantonalbanken; 1995 betrugen die jeweiligen Anteile 24%, 71% und 60%. Auf den Anteil am Hypothekarmarkt bezogen, überboten die Grossbanken 1995 mit 39% sowohl die Kantonalbanken (36%) als auch die Sparkassen (20%). Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind die Gross- und die Kantonalbanken die beiden stärksten Bankengruppen in der Schweiz. Fielen 1880 noch 60% der Bilanzsumme aller Banken auf die anderen Bankinstitute, so betrug deren Anteil 1913 nur mehr 35% und verringerte sich bis 1990 auf 32%.

Konzentrationsprozesse im 20. Jahrhundert

Die Gründung der SNB löste eine erste Konzentrationswelle aus, da mit der Einführung des Banknoten-Monopols viele regionale Notenbanken überflüssig wurden. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Banken im Zeitraum 1908-1920 von 458 auf 371. Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre traf vor allem die Grossbanken, hauptsächlich infolge ihrer regen Auslandstätigkeit. Ihre Bilanzsumme ging 1930-1935 um die Hälfte zurück. Die Banque d'Escompte Suisse in Genf brach 1934 zusammen, und alle Grossbanken – mit Ausnahme der beiden grössten, des SBV und der SKA – mussten sich reorganisieren und ihr Aktienkapital herabsetzen. Die SVB, die in den 1920er Jahren zu rasch expandiert hatte, konnte nur mit Hilfe des Bundes gerettet werden. Insbesondere dank der Staatsgarantie kamen die Kantonalbanken glimpflich davon und avancierten bald wieder zur stärksten Bankengruppe in der Schweiz. 1929-1935 stieg ihr Anteil an der Bilanzsumme aller Banken von 36% auf 40%, während derjenige der Grossbanken von 41% auf 21% fiel. Wie im übrigen Europa führte die Bankenkrise auch in der Schweiz zu verstärkter staatlicher Regelung. Das Bankengesetz von 1934 sah allerdings recht moderate Eingriffe des Bundes vor. Es enthält allgemein Grundsätze über die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, über die Organisation und die Geschäftsführung (namentlich betreffend Liquidität und das Verhältnis von Eigen- zu Fremdmitteln) sowie über die Buchprüfung, die fortan unabhängigen Treuhandgesellschaften zu übertragen war. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Kunden führte das Bankengesetz das Bankgeheimnis ein. Zudem sah es ein Aufsichtsorgan über das gesamte Bankensystem vor, die Eidgenössische Bankenkommission (EBK), die sich aus sieben bis neun vom Bundesrat gewählten Mitgliedern zusammensetzte.

Der vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1960er Jahre relativ gleichförmig verlaufene Konzentrationsprozess auf dem schweizerischen Bankenplatz beschleunigte sich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Besonders die Grossbanken bauten ihr Schweizer Filialnetz aus: Die Zahl der Niederlassungen und Agenturen stieg 1946-1975 von 184 auf 688, bei den Kantonalbanken im gleichen Zeitraum von 1031 auf 1252. Auch die Zahl der Banken insgesamt stieg an (1960 319, 1970 584, 1990 625). Diese Zunahme erklärt sich vor allem durch das Aufkommen von spezialisierten Instituten, zum Beispiel im Wertpapierhandel, in der Vermögensverwaltung oder im Leasing-Geschäft, sowie durch neue Sitze und Filialen ausländisch beherrschter Banken (1970 88, 1985 120, 1995 155). Sowohl die Grossbanken als auch die ausländischen Institute haben ihre Marktpositionen ausgebaut, hauptsächlich in den seit 1970 am stärksten expandierenden ausserbilanzlichen Geschäftsbereichen (Zahlungsverkehr, Devisen- und Edelmetallhandel, Emissionen, Portfolio-Management, Unternehmensberatung und vor allem Treuhandgeschäfte). Als Folge des grossen Bankensterbens, das in den 1990er Jahren die lokalen und regionalen Institute und die Sparkassen traf (1990-1997 Reduktion der Regionalbanken von 204 auf 95, 1994 Gründung einer Regionalbanken-Holding), übernahmen die Grossbanken auch als Hypothekarbanken und Sparkassen die Führungsrolle, was nicht ohne gesellschaftliche Auswirkungen geblieben ist. Im Zuge der Globalisierung wählten die schweizerischen Grossbanken 1997 unterschiedliche Strategien: Die aus der SKA hervorgegangene Credit Suisse Group schloss sich mit den Winterthur Versicherungen zu einem global führenden Allfinanz-Konzern zusammen, während die SBG/UBS und der SBV zur UBS, der weltweit zweitgrössten Bank, fusionierten und sich auf bankenspezifische Kerngeschäfte konzentrierten.

Die internationale Verflechtung

Die internationalen Finanzgeschäfte der schweizerischen Bankinstitute und die Bedeutung der Schweiz als internationaler Finanzplatz haben in hohem Masse zum Aufschwung des Bankensektors im 20. Jahrhundert beigetragen. Auch wenn die Schweiz bereits zuvor ein wichtiges Kapitalexportland war, so blieb ihre Rolle bis 1914 doch eher bescheiden. Sie konnte allerdings ihre Position während des Ersten Weltkriegs stärken. Alle Kriegsparteien wandten sich an die neutrale Schweiz, und der Schweizer Franken diente vermehrt als Fluchtwährung.

Die Angaben über ausländisches Guthaben in der Schweiz sind lückenhaft. 1929 schätzte die SNB sie auf 1-1,3 Mrd. Franken, was 5-7% aller in der Schweiz vorhandenen Einlagen entsprach und allein bei den Grossbanken, wo die Gelder meist platziert wurden, 13-17% ausmachte. Genaue Schätzungen für die Zeit des Zweiten Weltkriegs sind noch nicht möglich. Die Schweiz als quasi einziger freier Goldmarkt hatte für die internationalen Finanzbeziehungen eine Schlüsselfunktion inne. Sie kam insbesondere dem Deutschen Reich mit Goldkäufen der SNB entgegen. Dabei handelte es sich vor allem um Raubgold aus den Zentralbanken der annektierten Staaten. Schätzungen zufolge wurde für rund 1,5 Mrd. Franken Gold gekauft und in Schweizer Franken eingetauscht, was Deutschland ermöglichte, sich in neutralen Staaten mit strategisch wichtigem Material einzudecken.

Börsenabteilung der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich. Fotografie, um 1990 (Bild Archiv HR. Bramaz, Oberwil-Lieli).
Börsenabteilung der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich. Fotografie, um 1990 (Bild Archiv HR. Bramaz, Oberwil-Lieli). […]

Nach 1960 wurde die Schweiz zu einem der weltweit führenden Finanzplätze, der – vor dem Aufstieg Tokios in den 1980er Jahren – hinter London und New York an dritter Stelle lag (Börsen). 1947-1971 versechsfachte sich die Bilanzsumme aller Banken. Bei den Grossbanken erhöhte sie sich gar auf das Achtfache, was auf das wachsende Gewicht der Auslandsgeschäfte zurückzuführen ist. 1962 beliefen sich die Forderungen der Schweizer Banken im Ausland auf 9,4 Mrd. Franken, was 15,8% (bei den Grossbanken 29,1%) der Aktiven entsprach; 1972 waren es 86,5 Mrd. Franken oder 38,6% (bei den Grossbanken 41,3%) der Aktiven. Die Verbindlichkeiten der Schweizer Banken im Ausland beliefen sich 1962 auf 10,8 Mrd. Franken oder 17,2% (bei den Grossbanken 24,9%) der Passiven; 1972 machten sie 71,7 Mrd. Franken oder 32% (bei den Grossbanken 59,4%) der Passiven insgesamt aus.

Trotz starkem internationalem Engagement verfügten die Schweizer Banken bis in die 1960er Jahre im Ausland nur über ein schwach ausgebautes Netz von Niederlassungen. 1914 waren es lediglich drei oder vier (darunter die Londoner Agentur des SBV und die beiden Filialen der SKA in Argentinien), wohingegen die britischen Banken weltweit um die 1'300 Agenturen, die französischen und deutschen Banken insgesamt 500 Agenturen führten. 1939 eröffneten die SKA und der SBV je eine Niederlassung in New York, womit sie den intensiveren Finanzbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA Rechnung trugen. Dennoch zählte man 1943 nur sechs Auslandssitze. Um die Präsenz der schweizerischen Banken im Ausland zu verstärken, kamen andere Mittel wie Vertretungen oder Schweizer Beteiligungen an ausländischen Banken zum Tragen. Die Wende vollzog sich auch hier in den 1960er Jahren. Seither nimmt die Schweiz uneingeschränkt an der Globalisierung der Finanzmärkte teil. Die Zahl der Niederlassungen von Schweizer Banken im Ausland stieg von elf (1965) über 41 (1975) und 81 (1985) auf 105 (1995).

Wirtschaft und Banken

Abgesehen von der Rolle der Banken als Arbeitgeberinnen (1880 9320 Beschäftigte, 1910 23'510, 1930 45'140, 1960 66'480, 1995 109'205) ist noch wenig über ihren Beitrag zum Wirtschaftswachstum und über die Beziehungen zwischen den Banken und dem Industriesektor in der Schweiz bekannt. Es gilt als allgemein anerkannt, dass der Kontokorrentkredit gut auf die Bedürfnisse von Handel und Industrie zugeschnitten ist. Inwieweit die Industrie auf derartige Konten zur Finanzierung ihrer Investitionen zurückgegriffen hat, ist allerdings schwer abschätzbar. Gleiches gilt für kurzfristige Darlehen, die häufig ungedeckt waren. Der Warenwechseldiskont, der im Zahlungsverkehr Mitte des 19. Jahrhunderts noch eine wichtige Rolle gespielt hatte, verlor nach 1918 stark an Bedeutung. Fest steht, dass die Selbstfinanzierung in der Schweiz wie anderswo ein wesentlicher Faktor bei der Finanzierung der wachsenden Industrie war. Die Geschäftsbanken übernahmen im Auftrag und auf Rechnung der Industriegesellschaft das Emissionsgeschäft, das die Umwandlung von Privatunternehmen in Aktiengesellschaft, Kapitalerhöhungen und Umstrukturierungen defizitärer Betriebe mit einschloss. Die engen Beziehungen zwischen Banken und Industrie zeigen sich auch an den Verflechtungen in den Verwaltungsräten: In der Zwischenkriegszeit bestanden die Verwaltungsräte der SKA und des SBV zu je einem Drittel aus Vertretern von Grossunternehmen, und in den 1960er Jahren hielten Letztere gar zwei Drittel der Sitze. Über die erleichterten Finanzierungsmöglichkeiten, mit denen die Banken den kleineren und mittleren Betrieben entgegenkommen, ist wenig bekannt. Anzunehmen ist, dass sich die Diversifizierung des schweizerischen Bankensystems, das sich eher nach Region und Kundentyp als nach Geschäftsbereich ausrichtete, auch hier positiv ausgewirkt hat. Während die Grossbanken hauptsächlich mit grossen Industrieunternehmen Geschäfte tätigen, decken Kantonal-, Lokalbanken und Sparkassen in erster Linie die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen ab.

Quellen und Literatur

  • R. Hallauer, Der Basler Stadtwechsel 1504-1746, 1904
  • H. Lüthy, La banque protestante en France, 2 Bde., 1959-61
  • H.C. Peyer, Von Handel und Bank im alten Zürich, 1968
  • F. Ritzmann, Die Schweizer Banken, 1973
  • M. Körner, Solidarités financières suisses au XVIe siècle, 1980
  • J.-F. Bergier, «Le dynamisme de la banque privée (XVIIe siècle - XIXe siècle)», in Credito, banche e investimenti secoli XIII-XX, 1985, 257-267
  • Gesch. der Schweizer Banken, hg. von L.H. Mottet, 1987 (franz. 1986)
  • M. Körner, «Banques publiques et banquiers privés dans la Suisse préindustrielle», in Banchi pubblici, banchi privati e monti di pietà nell'Europa preindustriale, 1991, 879-892
  • Y. Cassis, J. Tanner, «Finance and Financiers in Switzerland, 1880-1960», in Finance and Financiers in European History, 1880-1960, hg. von Y. Cassis, 1992, 293-316
  • Banken und Kredit in der Schweiz (1850-1930), hg. von Y. Cassis, J. Tanner, 1993
  • Europ. Bankengesch., hg. von H. Pohl, 1993, 279-285, 415-418, 551-560
  • S. Guex, «Les origines du secret bancaire suisse et son rôle dans la politique de la Confédération au sortir de la seconde guerre mondiale», in Genèses, 1999, 4-27
  • Veröff. UEK 13-15; 18-19
Weblinks

Zitiervorschlag

Martin Körner; Youssef Cassis: "Banken", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 17.08.2006, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014061/2006-08-17/, konsultiert am 18.03.2024.