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Buchdruck

Buchdruck umschreibt die Herstellung des Buches als Ganzes sowie das Druckverfahren (Hochdruck), bei dem ab zusammengesetzten Druckformen gedruckt wird. Der klassische Buchdruck umfasste das typografische System der Druckformen mit gegossenen Metall-Lettern, Setzer-Einrichtung (Schriftkasten, Winkelhaken, «Schiff»), Druckfarbe und Buchdruckpresse. Anfang des 21. Jahrhunderts wurden vor allem das Offset-Druckverfahren (Flachdruck) und der Digitaldruck angewendet.

Ausbreitung und Bedeutung im 15. und 16. Jahrhundert

Seit dem Altertum war das Drucken von eingefärbten Stempeln auf unterschiedlichen Träger (Holz, Tuch, Papyrus, Pergament) bekannt. Im 15. Jahrhundert kam die Herstellung von Druckgrafik und Blockbüchern mit Hilfe von Holztafeln auf. Erst Gutenbergs Erfindung der Druckform aus beweglichen Bleilettern revolutionierte die Buchherstellung: Ab 1450 druckte seine Offizin in Mainz die lateinische Bibel und kirchliche Schriften nach diesem Verfahren. Gutenbergs Geselle Berthold Ruppel führte die neue Kunst in den 1460er Jahren in Basel ein, wo sie noch vor 1480 Bedeutung erlangte. Doch der früheste datierte Druck in der Schweiz – der «Mammotrectus» (10. November 1470) – nennt nicht Basel, sondern Beromünster als Druckort. Da Wiegendrucke, sogenannte Inkunabeln (bis 1500), nur ausnahmsweise mit Datum, Drucker und Druckort versehen wurden, sagen Frühnennungen über die Bedeutung des Druckortes wenig aus: Frühe datierte Inkunabeln sind von Beromünster (1470-1473), Burgdorf (1475), Zürich (1479-1482), Rougemont (1481), Promenthoux (1482), Lausanne (1493) und Sursee (1499-1500) bekannt. Insgesamt sind aus diesen Orten nur 30 Titel, davon ein Drittel Einblattdrucke, überliefert. Sie waren das Werk von Wanderdruckern, die kurzfristig Druckaufträge annahmen. Wanderbuchdrucker waren in Beromünster, Baden, Freiburg, Luzern, Poschiavo, Pruntrut, St. Gallen und Schaffhausen tätig. In Serrières (heute Gemeinde Neuenburg) wurde 1532 die erste französische Bibelübersetzung, in Sursee 1500 Niklaus Schradins Reimchronik des Schwabenkriegs gedruckt. Während immerhin 25 Jahren bestand die vom Pionier des Musikdrucks Matthias Apiarius 1537 gegründete Offizin in Bern.

Das Neue Testament in Lateinisch und Griechisch, herausgegeben von Erasmus von Rotterdam und gedruckt von Johannes Froben, Basel 1516 (Universitätsbibliothek Basel).
Das Neue Testament in Lateinisch und Griechisch, herausgegeben von Erasmus von Rotterdam und gedruckt von Johannes Froben, Basel 1516 (Universitätsbibliothek Basel). […]

Bedeutung als frühe Zentren des Buchdrucks errangen Basel ab der zweiten Hälfte der 1460er Jahre, Genf ab 1478 und Zürich ab 1521. In der Universitätsstadt Basel wurde der Buchdruck zu einem Gewerbe von europäischem Rang. Bis 1500 lassen sich über 70 Buchdrucker nachweisen, darunter insbesondere Bernhard Richel und Michael Wenssler. Als Buchdrucker und Verleger (Verlage) wirkten Johannes Amerbach, Johannes Froben, Johannes Petri, Nicolaus Episcopius, Johann Herwagen, Robert Winter und Johannes Oporinus. Den raschen Aufstieg zu europäischem Ruhm verdankte der Basler Buchdruck der Aktualität, Qualität und reichen Auswahl an Werken namentlich der Theologie (u.a. lateinische Bibel und Kirchenväter, Talmud 1578-1588), des weltlichen und geistlichen Rechts, der Profanliteratur (z.B. griechische und römische Schriftsteller) sowie der Linguistik (z.B. hebräische Grammatik und Wörterbuch). Erstrangige Gelehrte und Autoren wie Sebastian Brant und Erasmus von Rotterdam wurden für Erstausgaben gewonnen (u.a. Neues Testament in griechischer Sprache von Erasmus 1516). Basler Drucke waren typografisch gepflegt und illustriert durch die besten zeitgenössischen Künstler, so Hans Holbein den Jüngeren und Urs Graf den Älteren.

Neben Basel war auch Genf ein bedeutendes Zentrum des Buchdrucks, anfänglich bekannt durch den Druck französischsprachiger Romane und Erbauungsbücher. Mit der Reformation kamen die Werke Johannes Calvins, gedruckt bei Jean Girard (1558), hinzu. Bedeutende französische Drucker wie Jean Crespin, Conrad Badius und Robert Estienne, denen Genf Asyl vor Verfolgung bot, begründeten als geschulte Drucker-Verleger und bedeutende Typografen den internationalen Ruf Genfs vor allem durch zahlreiche Bibelausgaben, theologische Werke (u.a. Calvins Katechismus auf Hebräisch) und altsprachliche Wörterbücher (z.B. «Thesaurus Linguae Latinae» und «Thesaurus Linguae Graecae»).

Im Gefolge der Reformation entwickelte sich Zürich zum drittwichtigsten Zentrum des Buchdrucks. Neben Johannes Hager knüpfte vor allem Christoph Froschauer mit überragenden Leistungen auch bezüglich typografischer Qualität und reicher Buchornamentik an jene der Basler Buchdrucker an. In seiner Offizin erschienen die Schriften Martin Luthers und der Zürcher Reformatoren, eine Bibelausgabe (Froschauerbibel 1524-1529), später historische, geografische und naturwissenschaftliche Abhandlungen, wie Johannes Stumpfs «Chronik der Eidgenossenschaft» (1547/1548) und die Werke Konrad Gessners. Verschiedene andere Buchdrucker, unter ihnen die Brüder Andreas und Jakob Gessner, gaben neben populären Druckerzeugnissen theologische Werke und Klassiker heraus.

Das gedruckte Buch des 15./16. Jahrhunderts, das sich in Erscheinung und Ausstattung an die handgeschriebenen Codizes anlehnte, hatte diese noch vor 1500 weitgehend verdrängt. In der Themenauswahl richtete sich der Buchdruck ganz auf den intellektuellen Leser aus. Gedruckt wurden daher vor allem theologische Werke. An zweiter Stelle standen humanistische Abhandlungen, etwa zu altsprachlich-linguistischen, altsprachlich-literarischen, rechtswissenschaftlichen, historischen, geografisch-kartografischen und naturwissenschaftlichen Themen. In dritter Linie folgte Profanliteratur. Neben diesen anspruchsvollen Werken stellten die Betriebe aber stets auch Drucke für den Alltagsgebrauch wie Einblattdrucke, Spielkarten (Kartenspiele), Druckgrafik und die populären Kalender (Almanache) her.

Die Buchdrucker des 15./16. Jahrhunderts waren eine Elite von kaufmännisch-technischen Unternehmern wie vor ihnen schon die Gründer von Papiermühlen und nach ihnen Textilverleger und Fabrikanten. Sie waren interessiert an neuen Wissensgebieten und offen für neue Strömungen, wie beispielsweise die Reformation. Sie bestimmten in der Regel als Drucker-Verleger in enger Zusammenarbeit mit ihren teilweise befreundeten, gelehrten Autoren (z.B. Johannes Froben und Erasmus von Rotterdam), aber auch in Kooperation mit Universität und Hoher Schule das Verlagsprogramm. Als Buchhändler besuchten sie persönlich die Buchmessen in Leipzig, Frankfurt, Paris und Lyon. Ansatzweise kam es aber schon im 16. Jahrhundert zur Trennung in die Sparten Buchdruck, Verlag und Buchhandel.

Die Betriebsform war eine Werkstätte (wie allgemein beim Handwerk) mit Instrumentarium und Personal, dem Meister, den Gesellen und Lehrlingen. Die unterschiedlichen Tätigkeiten Schriftgiessen, Formschneiden, Setzen, Drucken, Korrekturlesen waren anfangs noch keine eigenständigen Berufe. Für grössere Projekte gingen die Buchdrucker Arbeitsgemeinschaften ein, wie etwa um 1500 Johannes Froben, Johannes Amerbach und Johannes Petri oder um 1780 Johann Jakob Thurneysen und der Schriftgiesser Wilhelm Haas.

Bereits im 16. Jahrhundert war die familiäre Arbeitsgemeinschaft bekannt, vor allem bei der Häufung von Unternehmen an einem Ort war der Familienbetrieb angezeigt, so etwa bei Froschauer in Zürich mit Druckerei, Verlag, Buchhandel, Schriftgiesserei, Holzschneiderei, Buchbinderei und Papiermühle. Die Buchdrucker-, Verleger- und Buchhändlerfamilie Hautt, ab 1636 mit Hauptsitz in Luzern, war auch in Wien und ab 1711 in Freiburg tätig und ansässig.

Viele bekannte Buchdrucker waren niedergelassene Ausländer, in Basel vorwiegend aus dem elsässisch-deutschen, in Zürich aus dem deutschen und in Genf aus dem deutschen, niederländischen und französischen Raum. Vertrieben und verfolgt aus religiösen, ab dem 17./18. Jahrhundert zunehmend aus politischen Gründen, waren sie in die tolerantere Eidgenossenschaft ausgewichen. Wie andere privilegierte Berufe (z.B. Apotheker, Goldschmiede, Papierer) war der Buchdruck primär den Stadtbürgern vorbehalten. Die begehrten ausländischen Drucker wurden entsprechend schnell eingebürgert. In Zürich erhielt der Bayer Christoph Froschauer das Bürgerrecht 1519 «wegen seiner Kunst» geschenkt. Als Kunst war der Buchdruck von der Zunftpflicht der Handwerke ausgenommen. Buchdrucker kauften ihr Stubenrecht daher vor allem bei Krämerzünften.

Buchdrucker kennzeichneten die von ihnen verlegten und gedruckten Werke meist mit ihrem Druckerzeichen. Viele Werke erschienen aber unter falschem Namen und fingiertem Druckort, vor allem Nach- oder Raubdrucke erfolgreicher Werke, wie die reformatorischen Schriften des in Serrières druckenden Pierre de Vingle. Nachdrucke waren nicht zuletzt mangels eines durchsetzbaren Schutzes verbreitet, zumal Druckprivilegien leicht zu umgehen waren, da sie meist nur am Ort bzw. im Territorium ihres Erlasses galten. Selbst kaiserlich-königliche Privilegien liessen sich nicht im ganzen Reich durchsetzen. So wurden Erasmus von Rotterdams «Lob der Torheit» und vom 18. Jahrhundert an deutsche, englische und französische Klassiker immer wieder aufgelegt. Beat Ludwig Walthards Klassikereditionen ab 1765 sind als «Berner Nachdrucke» bekannt.

Vom 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert

Antriebskräfte des frühen Buchdrucks waren Humanismus und Reformation, weshalb sich seine Zentren in den damals geistig und theologisch aktivsten, später reformierten Städten Basel, Genf und Zürich bildeten. Ab Ende des 16. Jahrhunderts verhalfen neue Strömungen auch anderen Druckorten zur Bedeutung, so die katholische Reform im 17. Jahrhundert, die allgemeine Nachfrage nach literarischen, philosophischen und naturwissenschaftlichen Werken im Zeichen der Aufklärung, das erwachte Interesse an Zeitungen und Zeitschriften (Presse) und nicht zuletzt der grosse Bedarf der Staatsverwaltungen an Druckerzeugnissen.

Zur Zeit der katholischen Reform entstanden in der katholischen Schweiz Zentren des Buchdrucks. In der 1664 gegründeten Offizin des Klosters Einsiedeln wurden monumentale, mehrbändige theologische, liturgische und historische Werke gedruckt (z.B. die «Theologia Scholastica» Augustin Redings, 1687). Luzern wurde durch David Hautt ab 1636 Druckort religiöser, geografischer und historischer Werke wie Heinrich Murers «Helvetia Sancta» (1648). Auch die Fürstabtei St. Gallen, die ab 1633 im Kloster St. Johann, ab 1640 in St. Gallen eine Stiftsdruckerei betrieb, druckte theologische Werke und Schulbücher, unter anderen den «Cursus theologicus» (1670) und «Cursus philosophicus» (1686) Abt Cölestin Sfondratis.

In den reformierten Druckzentren Basel, Genf und Zürich wurden derweil weiterhin Bibeln in allen Versionen und Sprachen, geistliche Erbauungsbücher, Lehrbücher und Kalender gedruckt. Vom 17. Jahrhundert an waren Familienbetriebe weit verbreitet, in Basel die Werkstätten König, Decker, Genath und Pistorius, Thurneysen sowie Im Hof, in Genf Bousquet, Cramer und Gosse, in Bern Haller, Walthard und Gruner, in St. Gallen Hochreutiner, Weniger und Zollikofer usw. In Zürich entstand die Offizin Orell & Compagnie (später Orell Füssli) aus Geschäftsbeteiligungen, die auf Familienbanden beruhten.

Die im 17. Jahrhundert durch den Dreissigjährigen Krieg ausgelöste Stagnation in der Entwicklung des Buchdrucks endete in der Aufklärung: Nach 1750 setzte die Nachfrage nach weltlicher Literatur in den Bereichen Politik, Geschichte, Philosophie und Literatur (auch Belletristik wie Reisebücher) ein. Am Beispiel der Basler Buchdruckerfamilie Thurneysen lässt sich der Wandel illustrieren. Während die Werkstätte unter dem Vater Johann Jakob (1723-1787) Erbauungsschriften, Schulbücher und Kalender druckte, verbreitete sie unter dem Sohn Johann Jakob (1754-1803) die Werke Voltaires, Jean-Jacques Rousseaus und Friedrichs II. in den Originalsprachen, vor allem aber die Nachdrucke zeitgenössischer englischer Autoren der Geschichte, Philosophie, Literatur, Literaturwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Politik. Dank der Verlegertätigkeit Johann Jakob Bodmers, Johann Jakob Breitingers, Salomon Gessners und Johann Kaspar Lavaters sowie der qualitativ hochstehenden Arbeit von Druckereien wie Orell & Compagnie stieg Zürich im 18. Jahrhundert erneut zu einem Zentrum des Buchdrucks auf.

Unter den verschiedenen Buchdrucker-Verlegern Genfs machten sich die aus einer Mathematikerfamilie stammenden Brüder Gabriel und Philibert Cramer mit ihren mathematischen Titeln und Voltaire-Editionen einen Namen. Die im 18. Jahrhundert beliebten Historiografien, Enzyklopädien (Lexika) und Thesauri erschienen nun auch an neuen Druckorten wie Yverdon (Encyclopédie d'Yverdon, 1770-1780 bei Fortunato Bartolomeo de Felice) und Neuenburg («Description des Arts et Métiers», 1771-1783 bei der Société typographique de Neuchâtel).

Wachsendes Interesse am Zeitgeschehen weckte die Nachfrage nach Zeitungen und Zeitschriften. 1597 gab Leonhard Straub in Rorschach die vermutlich erste regelmässig erscheinende deutschsprachige Monatsschrift, das Annus Christi, heraus. Die Wochenblätter des 17. und 18. Jahrhunderts («Zeitung», «Blättlein», «Post») waren meist politischen und wirtschaftlichen Inhalts, manchmal aber auch, wie das Churer «Leseblatt zum Nutzen und Vergnügen» (1786), zur Unterhaltung gedacht. Fachzeitschriften literarischer Art waren unterhaltsam, mit didaktischer Zielsetzung (Johann Jakob Bodmers und Johann Jakob Breitingers «Discourse der Mahlern», 1721-1722) und aktualitätsbezogen (Jacob Vernes «Choix littéraire», 1755-1760). In Lugano verlegte die Mailänder Druckerfamilie Agnelli neben religiösen und wissenschaftlichen Drucken auch die politische Wochenschrift «Nuove di diversi corti e paesi», mit der sie ab 1746 die lombardischen Wirren kommentierte. Die Einführung der Pressefreiheit in der Helvetik führte zu einer Gründungswelle von Zeitungen: 1798-1799 wurden gesamtschweizerisch 69 neue Zeitungen verlegt. In der französischen Schweiz rückte Lausanne zum Pressezentrum auf.

Vom 16. Jahrhundert an nahm in den Verwaltungszentren der geistlichen Fürstentümer und der Stadtstaaten das Schriftgut sprunghaft zu. Zur Bewältigung der Papierflut machten die Obrigkeiten vom Buchdruck Gebrauch. In Bern, wo bis anhin keine private Druckerei existierte, errichtete der Rat 1589 die bis 1831 bestehende obrigkeitliche Buchdruckerei. Andernorts erhielt ein ansässiger Drucker den Status eines obrigkeitlichen oder Stadtbuchdruckers verliehen. Es war ein begehrter Vertrauensposten, da dem betreffenden Drucker bzw. seiner Offizin sämtliche amtlichen Druckaufträge zuflossen. Der obrigkeitliche Buchdrucker bezog ein Gehalt, genoss zum Teil freie Wohnung sowie ein Druckprivileg und blieb in der Regel lange im Amt. So wirkte der erste obrigkeitliche Buchdrucker Berns, Georg Sonnleitner, während 40 Jahren. Manchmal wurde das Privileg in der Familie weitergegeben.

Zu den amtlichen Druckaufträgen gehörten Einblattdrucke zum Anschlagen, so obrigkeitliche Dekrete wie Sitten- und Kleidermandate, aber auch Preis- und Lohntarife für Handwerk und Gewerbe, ferner periodische Druckwerke wie Regimentskalender (Staatskalender) und amtliche Avisblätter. Vom 17. Jahrhundert an kamen gedruckte Gesetzeswerke (als erstes Berns Gerichtssatzung 1615), Zolltabellen und Gebührentarife der Gerichtsverwaltung hinzu. Die geistlichen Staaten betrieben eigene Druckereien, das Fürstbistum Basel in Pruntrut ab 1592 und der St. Galler Klosterstaat ab 1633. Zur Vereinfachung der Güterverwaltung entstand in St. Gallen 1645 das erste gedruckte Urkundenbuch («Codex Traditionum»).

Die Konzentration des Buchdrucks in Hauptorten war zum Teil die Folge obrigkeitlicher Machtpolitik. Die Eröffnung einer Buchdruckerei erforderte eine Konzession (Ehaften). Solche wurden bis ins 18. Jahrhundert in der Regel nur an Unternehmer in der Hauptstadt verliehen. Unerlaubt gegründete Druckereien ausserhalb obrigkeitlicher Zentren, zum Beispiel die 1556 in Lausanne eröffnete Offizin, wurden von der Regierung unterdrückt. Erst als Bern während der Aufklärung den Buchdruck in seinen Landstädten nicht mehr verhindern konnte, befreite es die Buchberufe 1767 von der Konzessionspflicht, unterwarf sie aber einer umso strengeren Zensur.

Die Buchzensur war im 16. Jahrhundert zum Schutz der eigenen Glaubenslehre eingeführt worden. Je nach Zeitumständen wurde sie strenger oder milder gehandhabt. In der katholischen Kirche galt 1559-1966 der vatikanische Index der verbotenen Bücher. Dieser schadete dem Buchexport vor allem Basels, dessen gesamte Buchproduktion 1559 auf den Index gesetzt worden war. Aber auch die reformierten Orte erliessen solche Verzeichnisse, so etwa Bern 1695 im Kampf gegen den Pietismus.

Neuerungen des 19. und 20. Jahrhunderts

Das 19. und 20. Jahrhundert brachten für den Buchdruck umwälzende Neuerungen. Die wohl einschneidendste war die sich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts endgültig durchsetzende Aufteilung des Buchdrucks in die Einheiten Produktion, Verlag und Buchhandel. Den Verlagen und dem Buchhandel fiel die Führungsrolle zu, die Buchdruckereien wurden zu reinen Produktionsstätten und Auftragsempfängern, ob im Verlagshaus selbst oder als eigenständige Druckerei. In der gewerkschaftlichen Organisation spielte das grafische Gewerbe ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Vorreiterrolle in Lohnfragen und Anliegen der sozialen Absicherung.

Reklame für die Druckerei Marsens in Lausanne, abgedruckt im Annuaire et indicateur vaudois réunis, 1939 (Bibliothèque cantonale et universitaire Lausanne).
Reklame für die Druckerei Marsens in Lausanne, abgedruckt im Annuaire et indicateur vaudois réunis, 1939 (Bibliothèque cantonale et universitaire Lausanne). […]

Besonders markant waren technische Neuerungen ab der zweitem Hälfte des 18. Jahrhunderts, wozu in Basel Vater und Sohn Wilhelm Haas mit der Verbesserung der Druckerpresse, der Erfindung des typometrischen Landkartensatzes sowie der Schaffung vieler neuer Schrifttypen beitrugen. Geradezu revolutionäre Wirkung hatten ab den 1830er Jahren die Schnellpresse, welche die Handpresse ersetzte, und später die Rotationsdruckpresse. Ende des 19. Jahrhunderts löste die Setzmaschine den Handsatz ab: 1893 erstmals bei Jent & Cie., der Druckerei des Berner «Bund». Die Zeilengiessmaschinen (Lino- und Monotype) beherrschten die Satzherstellung bis in die 1960er Jahre.

Atelier der Setzerinnen der Freiburger Paulusdruckerei. Fotografie von Simon Glasson, 1934 (Musée gruérien, Bulle).
Atelier der Setzerinnen der Freiburger Paulusdruckerei. Fotografie von Simon Glasson, 1934 (Musée gruérien, Bulle). […]

Der schon 1904 erfundene Offset- oder Flachdruck ersetzte ab 1960 mit dem Fotosatz und vor allem seit den 1970er Jahren mit dem digitalen Mengensatz (Foto-, Computersatz) den Bleisatz. Ende des 20. Jahrhunderts hat er den traditionellen Hochdruck fast ganz verdrängt, und für Kleinauflagen und personifizierte Werbung wird meist der computergesteuerte Digitaldruck eingesetzt. Auch auf dem Gebiet der Bildwiedergabe verlief die Entwicklung stürmisch: Mit der Raster-Klischee-Technik liess sie sich industriell rationalisieren, mit dem Rotationstiefdruck wurde sie verbessert. Ab den 1980er Jahren verdrängte die elektronische Bildreproduktion im Offsetdruck die früheren Druckverfahren weitgehend. Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts taucht neben dem gedruckten auch das elektronische Buch auf unterschiedlichen Trägern auf (Magnetband, Diskette, CD-ROM, Internet und E-Book-Reader).

Quellen und Literatur

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  • K. Stehlin, «Regesten zur Gesch. des Basler Buchdrucks», in Archiv für Gesch. des dt. Buchhandels 11, 1888
  • Volkswirtschafts-Lex. der Schweiz 1, 1885-87, 306-310
  • HWSVw 1, 622-628
  • E. Büchler, Die Anfänge des Buchdrucks in der Schweiz, 1930 (21951)
  • Beitr. zur Gesch. des Buchdrucks in der Schweiz, 1944
  • J. Benzing, Buchdruckerlex. des 16. Jh., 1952
  • J. Benzing, Die Buchdrucker des 16. und 17. Jh. im dt. Sprachgebiet, 1963 (21982)
  • J. Prijs, Die Basler hebräischen Drucke, 1964
  • J. Staedtke, Anfänge und erste Blütezeit des Zürcher Buchdrucks, 1965
  • H. Strehler, Die Buchdruckerkunst im alten St. Gallen, 1967
  • F. Blaser et al., Erster datierter Schweizer Druck, 1970
  • M. Germann, Johann Jakob Thurneysen der Jüngere, 1973
  • Gesch. der Druckverfahren, 1974-
  • Cinq siècles d'imprimerie à Genève, hg. von B. Weber, 1978
  • J. Constantin et al., Contrats d'apprentissage dans l'imprimerie du XVIe au XXe siècle, 1979
  • P.F. Tschudin, Handwerk, Handel, Humanismus, 1984
  • Das Freiburger Buch 1585-1985, Ausstellungskat. Freiburg, 1985
  • Le livre à Lausanne, hg. von S. Corsini, 1993
  • F. Hieronymus, 1488 Petri ― Schwabe 1988, 1997
  • P.L. van der Haegen, Basler Wiegendrucke, 1998
  • S. Füssel, Gutenberg und seine Wirkung, 1999
  • P.L. van der Haegen, Der frühe Basler Buchdruck, 2001
  • F. Vallotton, L'édition romande et ses acteurs, 1850-1920, 2001
  • L'édition neuchâteloise au siècle des Lumières, hg. von M. Schlup, 2002
  • F. Mena, Stamperie ai margini d'Italia: editori e librai nella Svizzera italiana 1746-1848, 2003
  • P. F. Tschudin, «Ein Blick hinter die Kulissen des alten Basler Buchdrucks», in Officina 2009, hg. von W. Tinner, 2009, 13-55
Weblinks

Zitiervorschlag

Peter Tschudin: "Buchdruck", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 31.03.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014026/2016-03-31/, konsultiert am 19.03.2024.