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Bienenhaltung

Imkerei

Bienenzüchter bei der Arbeit. Holzschnitt aus einer 1502 von Johann Grüninger in Strassburg gedruckten Ausgabe von Vergils Werken (Bibliothèque de Genève, Archives A. & G. Zimmermann).
Bienenzüchter bei der Arbeit. Holzschnitt aus einer 1502 von Johann Grüninger in Strassburg gedruckten Ausgabe von Vergils Werken (Bibliothèque de Genève, Archives A. & G. Zimmermann).

Dass Honig und Wachs der Bienen seit urgeschichtlichen Zeiten gesammelt und verwendet wurden, zeigen zum Beispiel bildliche Darstellungen in Ostspanien und der Türkei. Vermutlich schon im Neolithikum ging man zum Teil zur Bienenhaltung über, die sich bis ins 19. Jahrhundert nur wenig änderte. Als Behausungen dienten aus Bast, Weideruten oder Stroh geflochtene und mit Lehm oder Mist abgedeckte Körbe sowie ausgehöhlte Baumstämme (Bienenstock, Klotzbeute), die zum Beispiel im Mittelalter an Hauswänden auf ymbenladen gestellt wurden. Zwecks Gewinnung von Honig und Wachs wurden die Bienen durch Ausräuchern aus ihren Nestern vertrieben. Wachs diente der Beleuchtung, als Beschreibstoff (Wachstafel), handwerklichen (z.B. Schreinerei, Schuhmacherei), medizinischen (Pflaster, Salben) und künstlerischen (Glasmalerei, Devotionalien) Zwecken. Pollen und Brut lieferten Eiweiss. Honig wurde geschätzt als stärkende Speise und war bis um 1400 einziger Süssstoff (z.B. in Honigkuchen, Wein, Bier), der bis ins 19. Jahrhundert billiger war als Zucker. Eingesetzt wurden und werden Honig, Pollen und Bienengift auch als Heilmittel, zum Beispiel bei Entzündungen, Wunden und Allergien. Der Glaube an die überirdische Herkunft (Nektar als Himmelstau) förderte im Mittelalter die Integration der Bienenhaltung in den christlichen Kult: Der Bienenkorb war Attribut des heiligen Ambrosius (ca. 339-397), und Bienensegen, wie sie vom Kloster St. Gallen aus dem 9.-10. Jahrhundert erhalten sind, drücken die christliche Wertschätzung des Bienenvolkes und seines Fleisses aus. Da im kirchlichen Kerzenbrauch (Totengedenken, Ewiges Licht) einzig das rare Bienenwachs (und nicht der übliche Talg) verwendet werden durfte, regten Kirchen und Klöster zur Bienenhaltung an und forderten Wachs wie auch Honig als zehnt- oder grundherrliche Abgabe. Auf den karolingischen Königshöfen sollte sich gemäss dem «Capitulare de villis» mindestens eine Person mit der Bienenhaltung befassen. Wachszinsen drückten im Mittelalter oft die Anerkennung bestimmter Abhängigkeiten aus, zum Beispiel in der St. Galler Grundherrschaft die Rekognition der klösterlichen Oberlehensherrschaft im Rahmen zunehmend komplexerer Lehensbeziehungen. Durch Waldweide wurde der Ertrag gesteigert, an dem sich Kreditgeber im Spätmittelalter auch mittels der Teilpacht beteiligten. In der Münsterfabrik des Basler Domstifts wurde Bienenwachs im 15. Jahrhundert von professionellen Kerzenmachern und Kerzenmacherinnen verarbeitet. Als fester Bestandteil der Landwirtschaft war die Bienenhaltung auch Thema aufklärerischer Ratgeber (z.B. Samuel Engel) und Gegenstand des Brauchtums.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts fand in der Betriebsweise der Bienenhaltung ein Umschwung statt. Mit der Einführung des beweglichen Wabenbaus, der Kunstwabe und der Honigschleuder mussten die Bienen nicht mehr vertrieben werden. Zudem begann mit der Einkreuzung fremder Rassen in die einheimische Apis mellifera mellifera die eigentliche Bienenzucht. Die Honigerträge stiegen, aber auch die Ansprüche an die Imker. Deshalb fällt in diese Zeit die Gründung vieler Bienenzüchtervereine, zum Beispiel 1861 derjenige der Schweizer Bienenwirthe, Vorgänger des Vereins deutschschweizerischer und rätoromanischer Bienenfreunde (VDRB). Die schon im späten 18. Jahrhundert von François Huber und später von Josef Jeker betriebene Bienenforschung (u.a. Zucht, Krankheiten, imkerliche Betriebsweisen) ist seit 1907 Aufgabe der Bienenfachstelle, einer Sektion der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Milchwirtschaft in Liebefeld bei Bern. Ende des 20. Jahrhunderts wurden in der Schweiz von 20'000 Imkern rund 300'000 Bienenvölker gehalten, die pro Jahr ca. 5000 t Honig lieferten. Während für die deutschsprachige Schweiz das Bienenhaus mit 8-20 Bienenvölkern (die v.a. der dunklen Mellifera- und der grauen Carnica-Rasse zugeordnet werden) in Bienenhäusern mit sogenannten Schweizer Hinterbehandlungskästen typisch ist, werden die Bienen in der Westschweiz (v.a. Carnica-Rasse) und im Tessin (gelbe Ligustica-Rasse) vorwiegend in freistehenden Magazinbeuten gehalten. Die Bienenhaltung wird fast ausschliesslich durch Liebhaber betrieben, die ideellen Werten mehr beimessen als dem ökonomischen Gewinn. Der VDRB, die Société romande d'apiculture und die Società Ticinese di apicoltura sind im Verband der Schweizerischen Bienenzüchtervereine (VSBV) zusammengeschlossen.

Quellen und Literatur

  • Der schweiz. Bienenvater, hg. von G. Casaulta et al., 1913 (171999)
  • Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana 1, 1965, 364-371
  • LexMA 2, 127-135; 5, 117 f.; 8, 1888-1891
  • «Förderer der Bienenzucht», in Schweiz. Bienenztg., Nr. 12, 1991, 710-716
  • D. Cherix et al., Bienen und Bienenzucht in der Schweiz, 1995
Weblinks

Zitiervorschlag

Erwin Mani; Alfred Zangger: "Bienenhaltung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.03.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013950/2011-03-09/, konsultiert am 28.03.2024.