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Forschung

Forschung ist die zielgerichtete, systematische Suche nach neuen Erkenntnissen in einem bestimmten Wissensgebiet oder Problembereich, die von einzelnen oder mehreren Personen betrieben wird. Sie lässt sich in Grundlagenforschung und angewandte Forschung unterteilen. Grundlagenforschung bezweckt die Erneuerung und Erweiterung der Erkenntnisgrundlagen sowie die Überprüfung von Theorien und Methoden einer Wissenschaft oder eines Wissenschaftverbunds. Bei der angewandten Forschung, die sich meist auf schon bekannte wissenschaftliche Methoden stützt, ist dagegen das Interesse an der Lösung konkreter gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, technischer oder medizinischer Probleme leitend. Die Grenzen von Grundlagenforschung und angewandter Forschung verschwimmen allerdings zunehmend. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Programmforschung als vom Staat finanzierte, koordinierte und anwendungsorientierte Forschung auf. Weiter wird zwischen der "orientierten" und der "freien Forschung" unterschieden; bei Ersterer werden die Themen durch politische Entscheide programmatisch vorgegeben, bei Letzterer bestimmen sie die Forschenden selbst.

Frühe Neuzeit

Forschung ist eine genuine Erscheinung der Neuzeit. Der früheste Forschungsplatz in der Schweiz war Basel – die Universität Basel war schon 1460 gegründet worden –, ein Zentrum des Buchdrucks und Verlagswesens. Mit Basel verbunden war in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die humanistischem Gedankengut verpflichtete geisteswissenschaftliche Forschung, vertreten zum Beispiel mit dem Humanisten Erasmus von Rotterdam, dem Musikforscher, Philologen und Geografen Glarean (Heinrich Loriti) und dem Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi. Mit der Reformation erfuhren sowohl die theologische (Johannes Oekolampad u.a.) als auch die philologische Forschung im Bereich des Griechischen und des Hebräischen einen Aufschwung.

Der Arzt und Alchimist Paracelsus. Kolorierter Holzschnitt, um 1550 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Der Arzt und Alchimist Paracelsus. Kolorierter Holzschnitt, um 1550 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).

Naturwissenschaftliche Forschung setzt ebenfalls schon im 16. Jahrhundert ein. Einzelne Ärzte traten als Naturforscher und Universalgelehrte mit bedeutenden Forschungsleistungen hervor, so Paracelsus oder Konrad Gessner, und im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert Johann Jakob Scheuchzer. Allerdings gab es lange Zeit nur sehr wenige besoldete Forschungsstellen, nämlich die Professur für Physik am Carolinum Zürich und die naturwissenschaftlichen und medizinischen Lehrstühle der Universität Basel; erst im 18. Jahrhundert kamen noch einzelne naturwissenschaftliche Professuren an den reformierten theologischen Akademien von Zürich, Bern, Lausanne und Genf hinzu. Viele übten ihre Forschungstätigkeit im Nebenamt aus und fanden ihren Lebensunterhalt als Ärzte, Geistliche, Magistraten oder Rentiers. Auch wenn man diese "Unprofessionellen" mitrechnet, war die Zahl der Forschenden im Vergleich zu heute äusserst klein. Für den gesamten Zeitraum zwischen 1500 und 1800 lassen sich knapp 190 naturwissenschaftlich orientierte Gelehrte nachweisen, von denen mehr als 70% im 18. Jahrhundert wirkten. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte die Forschung in Basel eine Blütezeit mit der Bernoulli-Schule. Deren prominentester Vertreter war der Mathematiker Leonhard Euler. Die aus der Westschweiz stammenden Rechtswissenschaftler Jean Barbeyrac, Jean-Jacques Burlamaqui und Emer de Vattel fanden im 18. Jahrhundert europäische Anerkennung, indem sie sowohl die Naturrechtslehre als auch das Völkerrecht erneuerten. Den Typus des universal gebildeten Wissenschaftlers und Naturforschers verkörperte im 18. Jahrhundert Albrecht von Haller. Jean-Jacques Rousseau sind grundlegende Einsichten und Denkanstösse in den Bereichen der politischen Philosophie und Pädagogik zu verdanken. In der historischen Forschung ragt Ende des 18. Jahrhunderts Johannes von Müller heraus. Nach 1750 verschob sich das Gewicht der naturwissenschaftlichen Forschung in die Westschweiz. Auf den ersten Rang rückte Genf, wo zu dieser Zeit nahezu die Hälfte aller schweizerischen Naturforscher Wohnsitz hatte, unter ihnen Charles Bonnet und Horace Bénédict de Saussure. Die Hinwendung zu praktisch-reformerischer Tätigkeit und erste Ansätze zu wirtschaftlich motivierter Forschung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte Projekte der angewandten Forschung hervor. Diese wurden von den sogenannten ökonomischen Gesellschaften getragen und waren vor allem auf agrarische Problemstellungen fokussiert.

Zur typischen Organisationsform gelehrter Gemeinschaftsarbeit wurden im 18. Jahrhundert jedoch die Sozietäten wie die Physikalische oder Naturforschende Gesellschaft in Zürich oder die Société de physique et d'histoire naturelle in Genf. Mit der fortschreitenden Auffächerung der wissenschaftlichen Disziplinen entstanden weitere auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisierte gelehrte Gesellschaften. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden einige nationale Dachgesellschaften gegründet, so 1815 die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft (Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften) sowie 1841 die Allgemeine Geschichtforschende Gesellschaft der Schweiz.

Neben den Städten traten Klöster und Orden als Zentren wissenschaftlicher Tätigkeit hervor und setzten damit die Tradition mittelalterlicher Gelehrsamkeit fort. Vor allem Jesuiten, Benediktiner und Zisterzienser, weniger die Bettelorden, entfalteten in den Bereichen Theologie und Geschichtsschreibung rege Forschungsaktivitäten. Beispiele für die Theologie waren Cölestin Sfondrati von St. Gallen und Augustin Reding von Einsiedeln, während Moritz Hohenbaum van der Meer von Rheinau und Ildefons von Arx von St. Gallen Wesentliches zur Entfaltung der historischen Hilfswissenschaften beitrugen. Die Jesuiten stellten mit Johann Baptist Cysat, Beat Amrhyn, Jean Magnin sowie Paul Guldin eine Reihe von Mathematikern, Kartografen und Astronomen. In Disentis lebte der Universalgelehrte Placidus Spescha, der die rätoromanische Sprachforschung begründete und als Alpenforscher, Chronist und Pädagoge wirkte.

19. Jahrhundert

Das Angebot an Forschungsstellen weitete sich erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts aus, als sich die heute noch bestehende Hochschullandschaft herauszubilden begann. Im Gegensatz zum 18. Jahrhundert, in dem zahlreiche Schweizer Naturforscher auswanderten, um eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, kam es sogar zu einem Angebotsüberhang. Ohne Zuzug ausländischer Wissenschaftler hätten die zahlreichen neuen Professuren nicht besetzt werden können. Ungeachtet dieses Wandels ist aber hinsichtlich der Qualität der schweizerischen Forschung eine erstaunliche Kontinuität festzustellen. Nimmt man die Anzahl Mitgliedschaften in den wichtigsten internationalen Gesellschaften (Royal Society London, Akademie der Wissenschaften Berlin, Académie des sciences Paris) unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl als Kriterium, dann stand die Schweiz sowohl im 18. Jahrhundert als auch im 19. Jahrhundert europaweit am besten da. Eine wichtige Ursache für diese Spitzenstellung war die traditionell starke Einbindung der schweizerischen in die internationale Scientific Community. Die strukturelle Knappheit der schweizerischen Forschergemeinde zwang – und zwingt – zu internationaler Offenheit.

Die alte Universität Basel, die ab der Jahrhundertmitte zu modernen Universitäten ausgebauten Akademien von Genf, Zürich, Bern, Lausanne und Neuenburg sowie die neu gegründete Universität Freiburg wurden zu Zentren von Lehre und Forschung, an denen bedeutende Naturwissenschaftler unterrichteten, wie zum Beispiel der zuerst in Neuenburg und später in den USA tätige Zoologe und Paläontologe Louis Agassiz. Das 1855 in Zürich gegründete Eidgenössische Polytechnikum (Eidgenössische Technische Hochschulen, ETH) gewann als Forschungs- und Ausbildungsstätte schnell internationalen Ruf. Die dort konsequent betriebene angewandte Forschung gab wesentliche Anstösse zu technischen Neuerungen, so im Maschinenbau und im Bauwesen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren aufgrund der Verbindung von hohem beruflich-fachlichem Ausbildungsniveau und industrieller Förderung technischer Durchbrüche wie die Erfindung der Zahnradbahn zu verzeichnen.

In den Geisteswissenschaften waren es nach wie vor Einzelpersonen, denen wichtige Erkenntnisfortschritte gelangen. So übten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowohl Johann Jakob Bachofen als auch Jacob Burckhardt grossen Einfluss auf die geschichts- und kulturwissenschaftliche Begriffsbildung aus. Eine lang anhaltende, über das Fachgebiet der Sprachwissenschaften hinausgehende Wirkung erzielte Ferdinand de Saussure mit seinem 1916 postum veröffentlichten "Cours de linguistique générale". Zum Teil in einer starken pädagogischen Tradition, zum Teil in der Medizin wurzelte die Forschungstätigkeit einer Reihe bedeutender Psychologen und Psychiater, welche im 20. Jahrhundert die Entwicklung ihrer Wissenschaft mitgestalteten. Zu nennen sind Eugen Bleuler, Erforscher der Schizophrenie, Carl Gustav Jung, Begründer der Analytischen Psychologie, und Jean Piaget, experimentell vorgehender Erziehungswissenschaftler sowie Theoretiker der Entwicklungsprozesse der Intelligenz. Naturwissenschaftliche und medizinische Spitzenleistungen wurden ab 1901 mit dem Nobelpreis honoriert. Als erster Schweizer Forscher erhielt 1909 der Chirurg Theodor Kocher diese Auszeichnung, gefolgt von mehreren Vertretern der Chemie und der Physik. 1921 wurde der bedeutendste Physiker des 20. Jahrhunderts, Albert Einstein (ab 1901 Schweizer Staatsbürger), mit dem Nobelpreis geehrt; er hatte die spezielle Relativitätstheorie in Bern entwickelt und lehrte 1912-1914 an der ETH Zürich. Bis Anfang des 21. Jahrhunderts hat die Schweiz etwa 20 naturwissenschaftliche Nobelpreise hervorgebracht, eine im internationalen Vergleich hohe Zahl.

Staatliche Forschungsförderung

Die Investitionen des Bundes in das Eidgenössische Polytechnikum bzw. die ETH und dort beispielsweise der institutionelle Ausbau im Fach Chemie können als Indiz für die Dreieckskonstellation Politik-Wissenschaft-Industrie aufgefasst werden, die sich allmählich herausbildete. Ohne die Forschungs- und Bildungsstätte Polytechnikum wäre die chemische Industrie möglicherweise in der kritischen Entwicklungsphase der 1870er und 1880er Jahre wieder verschwunden. Idealtypisch sah die Aufgabenteilung so aus, dass die Privatwirtschaft angewandte Forschung mit ökonomischer Zielsetzung durchführte, die Kantone die Hochschulforschung (Grundlagenforschung) zwecks Unterstützung der Lehrtätigkeit förderten und der Bund neben der Ressortforschung der einzelnen Departemente die ETH betrieb. In der Praxis kamen aber gerade in der Chemie sogenannte Hybridgemeinschaften zum Zuge, d.h. eng vernetzte Gruppen von Industrie- und Hochschulforschern, Unternehmensleitungen und politisch-administrativen Eliten. Trotzdem blieb die staatliche Unterstützung industrienaher Forschung lange ein Tabuthema und das Engagement des Bundes beschränkte sich neben kleineren Aktivitäten wie der Unterstützung wissenschaftlicher Vereinigungen (z.B. der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft seit 1860) sowie dem Marcel-Benoist-Preis (seit 1920) lange auf die Trägerschaft der ETH. Diese ablehnende Haltung entsprach der liberalen Grundkonzeption der schweizerischen Wirtschaftspolitik.

Die 1930er Jahre markierten den Beginn eines neuen Abschnitts in der Geschichte der Schweizer Forschung. Erstens erfolgte 50 Jahre nach den Anfängen der chemischen Industrieforschung auch ein Durchbruch der Forschung in der Metall- und Maschinenindustrie. Zweitens bildete sich an der ETH definitiv eine gegenüber der Lehre selbstständige Forschungstätigkeit heraus. Drittens betonte der öffentliche Diskurs, der seit dem Einbruch der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren über Massnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Stärkung der Exportindustrie geführt wurde, auch die strukturpolitische Bedeutung der Forschungsförderung und leitete ein Umdenken in Politik- und Wirtschaftskreisen ein, das sich in einer schrittweisen Entwicklung einer eigentlichen staatlichen Forschungsförderung niederschlug. An deren Ausgangspunkt stand der Bundesbeschluss über Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung von 1934, der die Möglichkeit von Staatsbeiträgen für industrienahe Forschung schuf. Die ersten Mittel im Umfang von 1 Mio. Franken wurden allerdings erst 1940 gesprochen, da frühere Versuche am Widerstand der Privatwirtschaft scheiterten. Neue Impulse gaben 1942 und 1943 zwei unter dem Vollmachtenregime verabschiedete Bundesratsbeschlüsse, welche Bundesmittel für Forschungsprojekte mit direkter oder indirekter arbeitsplatzschaffender Wirkung vorsahen. Zur Begutachtung der Gesuche konstituierte sich die aus Vertretern der Bundesverwaltung, der Privatwirtschaft und der Wissenschaft zusammengesetzte Kommission zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (KWF, heute Kommission für Technologie und Innovation). 1945 stellte der Bundesrat der KWF einen Mehrjahreskredit von 4 Mio. Franken zur Verfügung, was immerhin annähernd der Höhe des jährlichen ETH-Budgets entsprach. Mit dem Bundesgesetz über die Vorbereitung der Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung wurde 1954 die staatliche Forschungsförderung schliesslich ins ordentliche Recht überführt. Mit der Gründung des Schweizerischen Nationalfonds 1952 trat neben die praxisorientierte KWF eine Institution, die sich auf die universitäre Grundlagenforschung konzentrierte und wesentlich zur Ausbildung der heutigen Forschungslandschaft beitrug.

Anfang der 1950er Jahre wurde die internationale Forschungszusammenarbeit intensiviert, so 1953 mit dem Zusammenschluss von zwölf Ländern zum Bau des Europäischen Laboratoriums für Teilchenphysik in Genf (Europäische Organisation für Kernforschung). Auf die Gründungen des Schweizerischen Wissenschaftsrats (Schweizerischer Wissenschafts- und Technologierat) 1965 als Beratungsorgan des Bundesrates und der Abteilung für Wissenschaft und Forschung 1969 (1973 Amt für Wissenschaft und Forschung, 1979 Bundesamt für Bildung und Wissenschaft) als Exekutivorgan des Bundes folgten der 1973 in der Volksabstimmung angenommene Forschungsartikel und das auf dieser Verfassungsgrundlage stehende Forschungsgesetz von 1983, das den Bundesrat verpflichtet, periodisch übergeordnete Forschungsziele zu fixieren.

Mit der Forschungspolitik war nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Bundesaufgabe entstanden. Die Forschungsausgaben stiegen zwischen 1950 und 1975 von 27 Mio. Franken auf 1078 Mio. Franken an und stabilisierten sich dann ungefähr auf dieser Höhe. Aber erst mit der Einführung der Nationalen Forschungsprogramme 1975 und der Schwerpunktprogramme 1991 (seit 2000 Nationale Forschungsschwerpunkte) gelang es dem Bund, eine kohärente Forschungspolitik zu betreiben. Die Kantone nehmen über ihre Berufungspolitik von Professoren und Professorinnen an die Universitäten, an denen die Einheit von Lehre und Forschung hochgehalten wird, weiterhin massgeblich Einfluss auf die schweizerische Forschung.

In den 1970er Jahren wurde die europäische Forschungszusammenarbeit mit der Initiierung der Cost-Aktionen (European Cooperation in the Field of Scientific and Technical Research) und der Gründung der European Science Foundation zielstrebig ausgebaut. Weitere wichtige Etappen in der Kooperation mit den Staaten der Europäischen Union stellten ab 1992 die Teilnahme von Forschern aus der Schweiz an Projekten europäischer Forschungsrahmenprogramme und der Abschluss der bilateralen Verträge von 1999 dar.

Ziemlich konstant und auf vergleichsweise tiefem Niveau blieb dagegen seit den 1950er Jahren der staatliche Anteil am Forschungsvolumen. 2000 finanzierten die öffentlichen Haushalte ca. 25% aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Inland, die Privatwirtschaft dagegen 69%. Die für die Schweiz charakteristischen hohen Forschungsinvestitionen der Privatwirtschaft im Inland (2000 7,9 Mrd. Franken, rund 36'000 Personenjahre) wurden vor allem von der Chemie- und Pharmaindustrie, der Maschinen- und Metallindustrie sowie der Elektrobranche getragen. 9,8 Mrd. Franken flossen 2000 in Forschungsprojekte in anderen Ländern, womit die Aus- die Inlandausgaben deutlich übertrafen. Trotz der relativ tiefen Staatsquote war der Anteil des gesamten Forschungsvolumens am Bruttoinlandprodukt spätestens seit Anfang der 1960er Jahre aber immer vergleichsweise hoch. Eine Folge dieser Aufwendungen sind die guten Resultate, welche die forschende Schweiz im internationalen bibliometrischen Vergleich für die Zeit zwischen 1981-2000 verbuchen konnte. Bezogen auf die Bevölkerungsgrösse erreichten die schweizerische Produktion und Zitationshäufigkeit Spitzenwerte. Als besonders publikationsstark erwiesen sich unter den untersuchten Disziplinen die Immunologie, Physik, Molekularbiologie und Genetik.

2000 wurden im Inland insgesamt rund 10,7 Mrd. Franken für Forschung und Entwicklung ausgegeben (Privatwirtschaft 7,9 Mrd. Franken, Bund 1,7 Mrd. Franken, Kantone 0,7 Mrd. Franken). Mit einem jährlichen Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben von zeitweise gegen 3% des Bruttoinlandprodukts gehörte die Schweiz im ausgehenden 20. Jahrhundert zu den forschungsaktivsten Nationen; 2000 waren von 1000 Erwerbspersonen 13 in den Bereichen Forschung und Entwicklung tätig (Vollzeitäquivalente); die entsprechende Quote der EU-Länder lag mit 9,9 deutlich tiefer. Eine Reihe von Indizien machte allerdings im Lauf der 1990er Jahre deutlich, dass die starke Position der Schweiz bzw. deren wissenschaftliche Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit nicht ohne Weiteres gesichert sind. Analysen zeigten namentlich Mängel im Transfer zwischen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Innovation, Strukturdefizite und Finanzierungslücken bei der Hochschulforschung sowie Rückstände und mangelnde Kompetitivität beim wissenschaftlichen Nachwuchs im internationalen Vergleich auf. Die Kritik von verschiedener Seite unterstrich die zunehmende Verlagerung von privatwirtschaftlichen Forschungsaktivitäten ins Ausland und forderte auch von der Politik neue Anstrengungen – auch investive – zur Sicherung des Forschungsplatzes Schweiz.

Quellen und Literatur

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  • Forschungspolitik 1-, 1992-
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  • B. Lepori, La politique de la recherche en Suisse, 2007 (mit Bibl.)
Weblinks

Zitiervorschlag

Martin Stuber, Rudolf Bolzern; Martin Stuber; Rudolf Bolzern: "Forschung", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.05.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013848/2012-05-24/, konsultiert am 28.03.2024.