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Ausstellungen

Ausstellungen sind öffentliche Präsentationen von Gegenständen zur Veranschaulichung ihres wirtschaftlichen und ideellen Wertes und zur Information der Besucher. Im Unterschied zu Messen, Märkten und Auktionen dienen Ausstellungen nur teilweise kommerziellen Zwecken. Ökonomische Aspekte stehen vor allem bei Gewerbe- und Industrie-Ausstellungen sowie bei den landwirtschaftlichen Ausstellungen im Vordergrund, während bei wissenschaftlichen, kulturellen und politischen Ausstellungen eher ideelle, aufklärerische Motive betont werden. Wie schon die Entstehung des Ausstellungswesens zeigt, lässt sich aber eine solche Unterscheidung im konkreten Fall meist nicht eindeutig vornehmen.

Das Ausstellungswesen ging nicht aus den traditionellen Warenmessen hervor, sondern hatte seinen Ursprung vielmehr in den Kunstausstellungen, die im 18. Jahrhundert in Frankreich und England aus dem Bedürfnis heraus entstanden waren, das Schaffen zeitgenössischer Künstler einer sich auch in Kunstvereinen und Akademien konstituierenden Öffentlichkeit vorzuführen. 1789 fand in Genf die erste Kunstausstellung statt. Nach einer privaten Gemäldeausstellung 1790 erfolgte in Zürich 1799 die erste öffentliche Ausstellung.

Einen Grundstein für die Ausstellungsbewegung in ganz Europa legte 1798 die «Exposition des produits de l'industrie française», deren kunsthandwerkliche und gewerblich-industrielle Exponate primär als Leistungsschau und Selbstdarstellung der Republik dienten. Ähnliche Veranstaltungen wurden in den folgenden Jahrzehnten im nationalen, regionalen und lokalen Rahmen in ganz Europa durchgeführt.

Jakob Stämpfli eröffnet am 27. Juni 1857 die dritte Schweizerische Industrieausstellung in der Berner Heiliggeistkirche. Holzschnitt, erschienen in der Illustrirten Zeitung vom 1. August 1857 (Bernisches Historisches Museum; Fotografie Stefan Rebsamen).
Jakob Stämpfli eröffnet am 27. Juni 1857 die dritte Schweizerische Industrieausstellung in der Berner Heiliggeistkirche. Holzschnitt, erschienen in der Illustrirten Zeitung vom 1. August 1857 (Bernisches Historisches Museum; Fotografie Stefan Rebsamen). […]

In der Schweiz fand 1804 in Bern auf Anregung der Ökonomischen Gesellschaft eine erste Kunst- und Industrieausstellung mit 399 Ausstellern aus mehreren Kantonen statt. Der Versuch des Leiters Franz Sigmund Wagner, die anlässlich einer Tagsatzung eröffnete Ausstellung permanent zu gewährleisten, scheiterte. 1810, 1818, 1824 und 1830 wurden die Berner Ausstellungen wiederholt. In der Regenerationszeit entwickelte sich die Ausstellungstätigkeit auf industriell-gewerblichem Gebiet, parallel zur Gründungswelle von Gewerbevereinen, auch in anderen Kantonen (u.a. 1828 und 1833 in Genf, 1830 in Basel, 1833 und 1839 in Lausanne, 1845 in Aarau, 1846 in Zürich). 1843 fand in St. Gallen eine erste gesamtschweizerische Gewerbe- und Industrieausstellung statt, welcher 1848 und 1857 in Bern die 2. und 3. Schweizerische Industrieausstellung folgten.

Plakat für die kantonale Walliser Ausstellung von 1909 von Ludwig Werlen (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die kantonale Walliser Ausstellung von 1909 von Ludwig Werlen (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste). […]

Diese Ausstellungen dienten sowohl kommerziellen Zwecken wie auch als Medien der kantonalen und nationalen Selbstdarstellung. Gleichzeitig veranschaulichten sie als eine Art Fortschrittsbarometer die Abfolge von Invention, Innovation und Imitation in Technik und Wirtschaft. Sie waren damit über die unmittelbare Markterschliessung und Werbewirkung für Produkte und Produzenten hinaus auch ein geeignetes Medium zur Inszenierung und Propagierung der bürgerlichen Leitwerte des technischen Fortschritts, der Konkurrenz, des Arbeitsethos und der Konstruktion einer kollektiven Identität. Ihr Rendement blieb vorerst eher bescheiden und erreichte erst mit den Landesausstellungen (1883 Zürich, 1896 Genf, 1914 Bern, 1939 Zürich, 1964 Lausanne) grössere Kreise. Der internationalen Präsentation diente auch die Teilnahme von jeweils mehreren hundert schweizerischen Ausstellern an den seit 1851 periodisch stattfindenden Weltausstellungen.

Neben den allgemeinen kantonalen und regionalen Ausstellungen entstanden auch verschiedene Spezialausstellungen, unter anderem für Stickerei (Appenzell 1881), Uhren und Bijouterie (in Genf permanente Ausstellung, Neuenburg 1881), Gartenbau oder Schul- und Lehrmittel. Grosse Verbreitung fanden die seit den 1820er Jahren existierenden Ausstellungen von landwirtschaftlichen Geräten, Maschinen und Produkten sowie die Vieh-Ausstellungen, die 1873 in Weinfelden erstmals zu einer allgemeinen schweizerischen landwirtschaftlichen Ausstellung zusammengefasst wurden.

Plakat für die Muba 1917, von Burkhard Mangold (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die Muba 1917, von Burkhard Mangold (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für den Comptoir suisse 1923, von Percival Pernet (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für den Comptoir suisse 1923, von Percival Pernet (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die erste Fiera Svizzera in Lugano 1937, von Mario Pescini (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat für die erste Fiera Svizzera in Lugano 1937, von Mario Pescini (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Abgesehen von der Landwirtschaft entwickelten sich grössere und periodisch wiederkehrende Fachausstellungen erst im 20. Jahrhundert mit Ausstellungen für das Gastgewerbe (Bern 1910), für Elektrizität (Basel 1913), für Binnenschifffahrt und Wasserkraftnutzung (Basel 1926) sowie für Gartenbau (Zürich 1933). Die Ausweitung der Ausstellungstätigkeit nötigte auch zur Konzentration der Kräfte und führte 1917 zur Gründung der Schweizerischen Mustermesse in Basel (Muba), welcher der Charakter einer nationalen Industrie- und Handelsmesse zukam. Nationale und zum Teil internationale Ausstrahlung erreichten auch der Comptoir suisse in Lausanne (seit 1920), der Internationale Automobil-Salon in Genf (seit 1924), die Fiera Svizzera in Lugano (seit 1937), die Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft Olma in St. Gallen (seit 1943), die Ausstellung für Gewerbe, Landwirtschaft, Handel und Industrie BEA in Bern (seit 1949) und die Herbstschau für Haushalt, Wohnen, Sport und Mode Züspa in Zürich (seit 1946). Alle diese Messeplätze haben eine permanente organisatorische und bauliche Infrastruktur aufgebaut, die für verschiedene Ausstellungen zur Verfügung steht. So bietet die 1920 als Genossenschaft organisierte Mustermesse, seit 1995 unter dem Namen Messe Basel, auch verschiedenen Fachmessen Raum (u.a. Art, Worlddidac, Weltmesse für Uhren und Schmuck), und Palexpo in Genf beherbergt alljährlich auch den Salon du Livre. Daneben bestehen noch verschiedene andere Messen mit regionaler Reichweite sowie mehr oder weniger regelmässig stattfindende kantonale und lokale Gewerbeausstellungen.

Der Arbeiterfotobund Zürich präsentiert 1932 seine Werke (Gretlers Panoptikum zur Sozialgeschichte, Zürich).
Der Arbeiterfotobund Zürich präsentiert 1932 seine Werke (Gretlers Panoptikum zur Sozialgeschichte, Zürich). […]

Angesichts der Verbreitung und Diversifikation des Ausstellungswesens drängte sich eine Koordination und Institutionalisierung auf. So entstand 1912 eine erste, nicht in Kraft getretene, und 1928 eine zweite internationale Konvention, der sich auch die Schweiz anschloss. Seit 1907 wird auf eine Eingabe der wirtschaftlichen Spitzenverbände hin das permanente schweizerische Ausstellungskomitee (seit 1927 Schweizerische Zentrale für Handelsförderung) subventioniert, das die internationalen Beteiligungen koordiniert. Der internen Koordination dient die Vereinigung Messe Schweiz mit 19 Mitgliedern.

Plakat aus dem Jahr 1929 von Hans Arp und Walter Cyliax (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat aus dem Jahr 1929 von Hans Arp und Walter Cyliax (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste). […]

Neben den primär kommerziell ausgerichteten Fachausstellungen entstanden auch Ausstellungen mit aufklärerischem, politischem Zweck, wie die Heimarbeiter-Ausstellung in Zürich 1909 und die viel beachtete Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (Saffa 1928, 1958) oder die Luftschutzausstellungen ab 1936. Im Bereich der bildenden Kunst spielten im 19. Jahrhundert die jährlichen Ausstellungen im Rahmen des Turnus in verschiedenen Schweizer Städten eine zentrale Rolle. Daneben etablierten sich Museen und Galerien (Kunsthandel) mit ständigen und wechselnden Ausstellungen. Wachsender Beliebtheit erfreuten sich in jüngster Zeit thematische und insbesondere historische Sonderausstellungen von Museen und anderen Trägerschaften aus aktuellen oder Jubiläumsanlässen.

Quellen und Literatur

  • Expodata 1-, 1969-
  • ZAK 43, H. 4, 1986
  • F. Bächtiger, «Konturen schweiz. Selbstdarstellung im Ausstellungswesen des 19. Jh.», in Auf dem Weg zu einer schweiz. Identität, 1848-1914, hg. von F. de Capitani, G. Germann, 1987, 207-243
  • U. Beckmann, Gewerbeausstellungen in Westeuropa vor 1851, 1991
Weblinks

Zitiervorschlag

Ruedi Brassel-Moser: "Ausstellungen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.11.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013795/2015-11-24/, konsultiert am 28.03.2024.