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Münzstätten

Münzstätten sind Werkstätten bzw. industrielle Betriebe zur Herstellung von Münzen. Sie standen in der Regel unter der Leitung eines Münzmeisters, der mit Hilfe von Gesellen im Auftrag einer Münzherrschaft prägte (Münzprägung).

Die Münzstätten vor 1848
Die Münzstätten vor 1848 […]

Keltische Münzen wurden im Gebiet der Schweiz wahrscheinlich vom 2. Jahrhundert v.Chr. an geprägt. Für die keltische Zeit werden Münzstätten zum Beispiel in Altenburg-Rheinau, auf dem Üetliberg, auf dem Mont Vully und in Aventicum (?) vermutet. Die Zuweisung einzelner Münzen zu bestimmten Münzstätten ist jedoch problematisch. In römischer Zeit ist eine Falschmünzerwerkstatt in Augusta Raurica fassbar. Die frühesten mittelalterlichen Münzstätten waren in merowingischer Zeit tätig (Genf, Lausanne, Avenches, Saint-Maurice, Sitten, Basel, Windisch). Nach einer Lücke von mehr als hundert Jahren setzte eine Prägetätigkeit mit Karl dem Grossen wieder ein. Die wenigen karolingischen Emissionen stammen aus den königlichen Münzstätten Genf, Chur, Basel und Zürich, eventuell auch aus Saint-Maurice und Orbe. In ottonischer Zeit münzten die deutschen Könige in Chur sowie in Zürich, hier gemeinsam mit den Herzögen von Schwaben. Das Zweite Königreich Burgund prägte in Basel, Orbe und kurzzeitig auch in Zürich. Im Lauf des 11. Jahrhunderts gingen sämtliche Münzstätten an geistliche Herrschaften über. Münzstätten betrieben nun die Bischöfe von Genf, Lausanne, Chur und Basel sowie die Abteien Fraumünster in Zürich, St. Gallen, Allerheiligen in Schaffhausen und Saint-Maurice.

Im Spätmittelalter vermochten sich die Städte Basel, Zürich, St. Gallen und Schaffhausen im Münzwesen zunehmend gegen ihre geistliche Stadtherrschaft durchzusetzen. Als weitere Städte begannen im 13. Jahrhundert Bern und Solothurn, im 15. Jahrhundert Freiburg und Luzern zu prägen. Vom 13. Jahrhundert an eröffneten Adelsherrschaften eigene Münzstätten, so die Grafen von Kyburg (Diessenhofen) und Neu-Kyburg (Burgdorf, Wangen an der Aare), die Grafen von Toggenburg, die Grafen von Frohburg (Zofingen), die Grafen von Habsburg-Laufenburg (Laufenburg, Rheinau), die Grafen von Neuenburg und die Grafen bzw. Herzöge von Savoyen (Nyon, Saint-Maurice, später Cornavin-Genf). In Basel liessen die deutschen Könige 1429-1516 in einer eigenen Münzstätte Goldgulden herstellen.

Zwischen 1500 und 1798 unterhielten alle dreizehn eidgenössische Orte (ausser Appenzell Ausserrhoden) eigene Münzstätten. Einen Sonderfall stellt die von Uri, Schwyz und Nidwalden zuerst in Bellinzona, ab 1548 in Altdorf (UR) gemeinsam betriebene Münzstätte dar. Von den zugewandten Orten münzten der Fürstbischof von Basel (nacheinander in Saint-Ursanne, Delsberg und Pruntrut), der Bischof von Sitten und die Republik Wallis (in Sitten), die Stadt und die Fürstabtei St. Gallen, das Fürstentum Neuenburg und die Stadtrepublik Genf. Eine hohe Dichte an Münzstätten wies Graubünden auf. Hier prägten das Bistum und die Stadt Chur sowie der Gotteshausbund (alle drei in Chur), die Abtei Disentis (Disentis, später Bonaduz), die Grafschaft Misox (Roveredo GR), die Herrschaft Haldenstein und die Freiherrschaft Reichenau. Einzelne Prägungen stammen von lokalen Adelsherrschaften wie der Baronie Franquemont und der Grafschaft Greyerz. Die Emissionen der kleineren Münzherrschaften blieben oft nur Episoden. Als einzige Münzstätte war Basel ohne längere Unterbrechungen in Betrieb.

Im 18. Jahrhundert wurden zunehmend Aufträge an private Münzpächter vergeben, die in eigenen Werkstätten produzierten. So wurden Schwyzer Münzen in Bäch und Seewen geprägt, Zuger Münzen in Baar, Cham und Freiburg im Breisgau. Die Abteien Rheinau, Muri, Einsiedeln und Fischingen liessen im 18. Jahrhundert auswärts Goldmünzen für Repräsentationszwecke herstellen.

In der Helvetischen Republik wurde das Münzwesen zentralisiert und die Prägung auf die Münzstätten Basel, Solothurn und Bern beschränkt. Zwischen 1803 und 1848 gaben alle Kantone ausser dem Wallis und Appenzell Innerrhoden Münzen aus, wobei die Münzstätten der grösseren Kantone die Münzprägung der kleineren übernahmen. 1850 wurde das Münzwesen der Schweiz vereinheitlicht, 1853 die Eidgenössische Münzstätte in Bern eingerichtet. Zur Überbrückung von Engpässen wurden mehrmals Bundesmünzen im Ausland hergestellt, letztmals 1968 in London.

Quellen und Literatur

  • U. Friedländer, «Münzwesen der Schweiz bis 1850», in Hb. des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, 41987, 491-495
Weblinks

Zitiervorschlag

Daniel Schmutz: "Münzstätten", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 24.11.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013655/2009-11-24/, konsultiert am 19.03.2024.