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Benken (SG)

Plakat, gestaltet 1908 von Melchior Annen im Auftrag des Verkehrsbüros (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).
Plakat, gestaltet 1908 von Melchior Annen im Auftrag des Verkehrsbüros (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste).

Politische Gemeinde des Kantons St. Gallen, Bezirk Gaster, umfasst das Strassendorf Benken in der Linthebene am Fusse des Benkner Büchels, die Siedlungen Giessen, Sand, Rötli, Dorf, Räbli, Halden, Starrberg, Unterhalden, Schmittenäcker, Schmitten sowie Einzelhöfe in der Ebene und Streusiedlungen auf dem Büchel. 741 Babinchova. Das Gebiet erlebte einen tief greifenden Wandel der Topografie: Der Benkner Büchel erhob sich einst über einer Seenlandschaft, die im Mittelalter zusehends verlandete und in der Neuzeit durch die Linth-Korrektion (1807-1823) und Melioration (1941-1964) zu intensiv genutztem Kulturland umgestaltet wurde. 1770 730 Einwohner; 1850 1242; 1900 1341; 1950 1741; 2000 2228.

In Kastlet wurde eine Hallstatt-Anlage entdeckt, in Starrberg wurden römische Münzen gefunden. 741 und 744 wurden im Kloster Babinchova Urkunden für die Grundherrin, die Beata-Sippe, ausgestellt. Bis heute fehlen genaue Kenntnisse über das Kloster. Der Standort ist unbekannt, archäologische Untersuchungen der Pfarrkirche Benken 1983-1984 erbrachten nicht den erhofften Nachweis. Die Patrozinien und Bezeichnungen der Kirchen von Benken (St. Peter und Paul, «Unterkirch») und Kaltbrunn (St. Georg, «Oberkirch») deuten auf eine Reichenauer Niederlassung hin. Meinrad nahm als Reichenauer Mönch um 824 im Kloster Babinchova seine Lehrtätigkeit auf. Das Kloster ging wohl noch im 9. Jahrhundert ein. Im 11. Jahrhundert vergabten die Grafen von Lenzburg den Hof Benken samt Kirche dem Damenstift Schänis, wo er bis zur Helvetischen Revolution verblieb. Der Hof, in Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts überliefert, umfasste auch Maseltrangen, Kaltbrunn, Rieden und Gommiswald. Vom mutmasslichen Herrschaftszentrum, der Wandelburg (Wandelberg), sind keine Überreste vorhanden; sie wurde wohl 1316 oder um 1386 von den Schwyzern zerstört. Als Teil der Herrschaft Gaster (Windegg) stand Benken nach 1283 unter habsburgischer Landesherrschaft, 1438-1798 lag die hohe Gerichtsbarkeit bei Schwyz und Glarus. Zur Pfarrei Benken gehörten ursprünglich Kaltbrunn (Loslösung vermutlich im 10. Jh.), Gommiswald (bis 1500), Rieden (bis 1762) und Maseltrangen (bis 1789). Dem Bildersturm und Übertritt zur Reformation 1529 folgte nach dem Zweiten Kappelerkrieg unter Druck von Schwyz die Rückkehr zum alten Glauben. Der Wallfahrtsort Maria Bildstein («Gfrörer-Chappeli») auf dem Benkner Büchel geht auf einen 1519 errichteten Bildstock zurück, lockte aber erst im 18. und 19. Jahrhundert Pilger in grösserer Zahl an. 1848 wurde eine Kapelle, 1881-1883 ein Neubau und 1966 die heutige Kirche errichtet. Im 14. Jahrhundert ist die Genosssame Benken erstmals greifbar (1367 Einung). 1750 teilten Benken, Kaltbrunn, Gommiswald, Rieden und Maseltrangen die Allmende Hochwald auf. 1803 wurde Benken mit dem übrigen Gaster dem Kanton St. Gallen angegliedert, obwohl die Bevölkerung den Anschluss an Glarus wünschte.

In der Landwirtschaft standen seit dem Spätmittelalter Vieh- und Pferdezucht im Vordergrund. Daneben wurden Flachs- und Hanfanbau, Ziegeleien und Hafnereien betrieben. Die mit der zunehmenden Verlandung der Linthebene wachsenden Nutzflächen lösten unter den Nachbargemeinden Streitereien aus, die erst im Rahmen der eidgenössischen Tagsatzung von 1835 endgültig geschlichtet werden konnten. Infolge intensiver Abholzung der Bergwälder im Glarnerland verstopfte im 17. und 18. Jahrhundert vermehrt Geschiebe das Flussbett der Linth; es folgten verheerende Überschwemmungen. Die Versumpfung förderte die Ausbreitung des als «Gfrörer» bezeichneten Sumpffiebers. Die erste in die Ebene vorgeschobene Siedlung, Giessen, bezog ihre Bedeutung aus der Brücke und dem als «Reckdienst» bezeichneten Treideln (Pferde zogen bis zum Zweiten Weltkrieg Schiffe linthaufwärts). Einen wirtschaftlichen Entwicklungsschub löste 1859 die Eisenbahnlinie Rapperswil-Glarus mit der Station Starrberg aus. Die traditionelle Streuewirtschaft behauptete sich noch in der Zwischenkriegszeit. Die Melioration der Linthebene, im Rahmen der Anbauschlacht begonnen, brachte nicht den erhofften Aufschwung des Ackerbaus; die Milchwirtschaft dominiert weiterhin. Privathäuser mit hohen Parterreräumen erinnern an die im 19. Jahrhundert verbreitete Stickerei-Heimarbeit. Die Textilindustrie fasste nur vorübergehend (1885-1915) Fuss in vier Fabriken; die bedeutendste stand in Starrberg. Grösste Arbeitgeberin (2001 190 Mitarbeiter) ist die 1974 gegründete Firma Romer's Hausbäckerei AG, ein Unternehmen für tiefgekühlte Feinbackwaren. Seit dem Anschluss an die A3, der die Gemeinde 31 ha Kulturland kostete, haben Wohn- und Gewerbebauten stark zugenommen. Seit 1983 gelten vermehrte Anstrengungen der Pflege der Naturreservate und einer massvollen Ortsplanung.

Quellen und Literatur

  • A. Hafner et al., Gesch. der Pfarrei Benken, 1941
  • F. Elsener, Der Hof Benken, 1953
  • HS III/1, 239-247
  • S. Paradowski et al., Jubiläumsbuch Benken 741-1991, 1991
Von der Redaktion ergänzt
  • Anderes, Bernhard: Der Bezirk Gaster, 1970, S. 36-52 (Die Kunstdenkmäler des Kantons St. Gallen, 5).
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Stefan Paradowski: "Benken (SG)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.06.2004. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001361/2004-06-11/, konsultiert am 19.03.2024.